Inzidenzwert über 200 Bonn will keine Ausgangssperren, prüft aber Böller- und Alkoholverbot

Bonn · Wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen prüft der Krisenstab der Stadt Bonn neue Maßnahmen wie ein Böller- und ein Alkoholverbot. Ausgangsbeschränkungen soll es aber vorerst nicht geben.

 Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner spricht am Montag über die verschärften Maßnahmen, nachdem der Krisenstab getagt hat.

Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner spricht am Montag über die verschärften Maßnahmen, nachdem der Krisenstab getagt hat.

Foto: Nicolas Ottersbach

Die Stadt Bonn reagiert mit einem möglichen Alkohol- und Böllerverbot sowie dem Appell an die Bürger, ihre Kontakte drastisch einzuschränken, auf die steigenden Coronavirus-Infektionszahlen. Das verkündeten OB Katja Dörner und Stadtdirektor Wolfgang Fuchs am Montag, nachdem der städtische Krisenstab zusammengetreten war. Weitere Verschärfungen seien zunächst nicht geplant, man habe sich bewusst gegen eine Ausgangssperre entschieden. „Aus unserer Sicht reichen die jetzigen Maßnahmen aus, um die Inzidenz einigermaßen in den Griff zu bekommen“, sagte Fuchs.

Dass sich der Krisenstab auch außerhalb seiner regelmäßigen Treffen beriet, ist der Sieben-Tage-Inzidenz geschuldet. Während sie laut Stadt derzeit knapp unter dem Wert 200 liegt, weist das Landesgesundheitszentrum einen Wert knapp darüber aus. Mit dem Überschreiten dieser Schwelle sind laut Fuchs nicht automatisch neue Regelungen für die Bevölkerung verbunden: „Die Inzidenz von 200 löst nur bestimmte Informationspflichten dem Land gegenüber aus.“ Wie Dörner erläuterte, werde sich die Stadt bei ihrem Handeln an die Vorgaben des Landes halten, die jetzt in eine neue Corona-Schutzverordnung gefasst werden. Sollte das Land generelle Verbote für Feuerwerke aller Art sowie Alkohol im öffentlichen Raum nicht festschreiben, will die Stadt sie mit einer Allgemeinverfügung umsetzen.

Was feststeht: Alle Verwaltungsgebäude sind ab Mittwoch bis zum 10. Januar nur noch nach vorheriger Terminvereinbarung geöffnet. Zudem schließen viele Einrichtungen wie das Stadtarchiv, die Stadthistorische Bibliothek, die Musikschule und die VHS. „Eine Ausgangsbeschränkung sehen wir derzeit nicht als sinnvoll an, weil wir nicht erkennen können, welche positive Auswirkung auf das Infektionsgeschehen damit verbunden sein könnte“, sagte Dörner. Die Maßnahmen müssten klar erkennen lassen, dass sie die Situation verbesserten. „Wir haben abends keine Zusammenrottung von Gruppen, ich sehe diese Problemlage nicht.“

Elternbeiträge für Kitas sollen ausgesetzt werden

Eltern sollten selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder in die Kitas bringen – mit dem Appell, es nicht zu tun. Dennoch kamen am Montag laut Stadt deutlich mehr als die Hälfte der Kinder. Die Leiterin einer städtischen Kita, die namentlich nicht genannt werden möchte, zeigt dafür Verständnis: „Der Appell der Landesregierung ist ja gut und schön. Aber viele Eltern haben keinen Urlaub mehr und es sind noch einige Tage bis Weihnachten, die überbrückt werden müssen.“ Dass Eltern vor einer großen Herausforderung stehen, erkennt auch Dörner: „Für die Zeit der Notbetreuung in den Kindertageseinrichtungen werden wir wieder die Elternbeiträge aussetzen.“ Gleichzeitig forderte sie die Arbeitgeber auf, „ebenfalls Verständnis für die Nöte der Eltern zu haben und ihre Spielräume zu nutzen, wo irgend möglich die Arbeit von zu Hause zu ermöglichen.“

In der evangelischen Kita in Endenich musste Leiterin Elke Kirschner den Eltern am Montagmorgen immer wieder erklären, dass sie die Kinder bringen dürfen, es aber nach Möglichkeit nicht sollen. „Ich habe den Eltern bereits am Freitagnachmittag eine Mail geschickt, einige haben sich auch umgehend zurückgemeldet.“ Gut zwei Drittel der 64 Kinder waren es dann doch geworden, die in der Einrichtung betreut werden mussten. „Der überwiegende Teil meiner Eltern zeigt Verständnis und hat zugesagt, sie werden sich bemühen, für die restlichen Tage andere Lösungen zu finden.“ Silvia Franken, Fachberaterin für die evangelischen Kitas in Bonn und im Kreis, findet es äußerst schwierig, dass Eltern mit Kitaleitungen nun vor Ort aushandeln müssten, ob die Kinder kommen können oder nicht. „Ich verstehe, dass die Eltern am Limit sind“, sagte sie. Aber auch bei den Erzieherkräften sei der Druck und die Sorge vor Ansteckung groß.

Die steigenden Infektionszahlen in Bonn führt Wolfgang Fuchs auch darauf zurück, dass wieder mehr getestet werde – nicht nur in den Laboren, sondern auch mit Schnelltests, die es nun in Krankenhäusern und Pflegeheimen gibt. Dort überprüft das Personal nicht nur sich selbst und die Bewohner, sondern auch die Besucher. „Dadurch entdecken wir mehr Infektionen, die aus diesen Bereichen stammen.“ Hotspots, bei denen sich viele Menschen infizierten, gebe es nicht. „Ansteckungen erfolgen im privaten und familiären Bereich sowie im beruflichen Umfeld.“ Und auch von den Schulen aus würden die Infektionen in die Gesellschaft getragen. Das Geschehen sei diffus und deshalb auch für das Gesundheitsamt schwer zu bewältigen. Zwar habe man das Personal bei der Kontaktnachverfolgung verdoppelt und die städtischen Mitarbeiter würden auch weiterhin von Soldaten unterstützt. „Aber es ist in der Zwischenzeit sehr schwer geworden geworden, die Kontaktpersonen zu identifizieren“, so Fuchs, der auch Leiter des Krisenstabs ist. Wenn jemand Symptome entwickle, lägen die Kontakte schon einige Tage zurück. Hoffnung setzt er in den Lockdown und Kontaktbeschränkungen. „Wenn die Betroffenen nur noch zwei Kontakte haben, ist es natürlich einfacher, diese zu finden.“

Die Situation in den Bonner Krankenhäusern ist laut Fuchs nicht kritisch. „Die Infektionszahlen schlagen sich nicht in gleicher Weise nieder.“ In Kliniken liegen zurzeit 162 Menschen aus Bonn und dem Umland, die an Covid-19 erkrankt sind. 120 Patienten werden auf Normalstationen betreut, 42 Personen liegen auf Intensivstationen, 31 von ihnen müssen beatmet werden. „Die Auslastung ist normal. Patienten werden auch nach Operationen teilweise nur kurzzeitig auf einer Intensivstation kontrolliert“, so Michael Forst, Sprecher des Johanniter- und des Waldkrankenhauses. Es gebe 21 Covid-Erkrankte sowie vier Patienten, die auf der Intensivstation beatmet werden. Maximal ließen sich dort zehn Covid-19-Patienten behandeln und davon sieben beatmen. Die Bonner Uniklinik hat größere Kapazitäten. „Wir haben 65 Patienten mit Sars-Cov-2-Infektion im UKB und 16 auf den Intensivstationen“, sagte der Ärztliche Direktor Wolfgang Holzgreve. Von anderen Krankenhäusern habe man vor allem Patienten zur Extracorporalen Membran-Oxygenierung (ECMO), also zur speziellen Beatmung, übernommen.

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