Gespräch mit Bürgerbeteiligung So will Bonn4Future die Bundesstadt bis 2035 klimaneutral machen

Bonn · „Bonn4Future“ hat Ideen entwickelt, um Bonn bis 2035 klimaneutral zu machen. Einige standen bereits auf der Tagesordnung im Stadtrat. Jetzt läuft das Projekt jedoch aus. Was hat die Bürgerbeteiligung in den letzten zwei Jahren ausgearbeitet?

 Gesa Maschkowski und Robert Janßen-Morof von „Bonn4Future“ im Gespräch beim GA.

Gesa Maschkowski und Robert Janßen-Morof von „Bonn4Future“ im Gespräch beim GA.

Foto: Benjamin Westhoff

Eines ist für Gesa Maschkowski klar: „Es muss einfach sein. Das haben uns ganz viele Bürgerinnen und Bürger gesagt.“ Damit meint sie unter anderem die Nutzung des ÖPNV in Bonn. „Im Stadtbereich muss es für die Menschen viel einfacher und günstiger werden, sich ohne Auto fortzubewegen. Und das ist noch nicht der Fall. Im Moment ist die einfachste und billigste Option immer noch das Auto. Und da ist doch bescheuert, wer das nicht nimmt“, sagt Maschkowski.

Sie ist Initiatorin von „Bonn4Future – Wir fürs Klima“, einer Bürgerbeteiligung, die der Stadt Empfehlungen für ein klimaneutrales und lebenswertes Bonn gibt. Dieses Verfahren flankiert den vom Stadtrat beschlossenen Klimaplan, dem städtischen Fahrplan für den Weg in die Klimaneutralität. Für dessen Umsetzung sind im Doppelhaushalt 2023/24 Investitionen von rund 50 Millionen Euro hinterlegt. Die Bürgerbeteiligung endete in diesem Jahr nach zwei Jahren Arbeit. Was haben die Bonnerinnen und Bonner in dieser Zeit erreicht?

Über 320 zufällig ausgewählte Bürger aus Bonn haben an dem Verfahren teilgenommen und in vier Klimaforen an Lösungen gearbeitet. Die Gruppe hat dabei immer wieder ein Bild vom Bonn der Zukunft gemalt und überlegt, was heute gemacht werden muss, um dieses Ziel zu erreichen.

Bonn4Future hat verschiedene Themenbereiche bearbeitet

Laut Maschkowski war das Mitwirkungsverfahren das bisher umfangreichste in Bonn. Die Stadt hat das Projekt, an dem auch das Kommunikationsunternehmen Promediare und das Geografische Institut der Uni Bonn mitgewirkt haben, mit 719.000 Euro gefördert. „Das Ziel der Klimaneutralität 2035 wird die Stadt nicht alleine schaffen. Deshalb gab es diese Bürgerbeteiligung“, erklärt Maschkowski. Dabei sind etwa 200 Vorschläge aus verschiedenen Themenbereichen zusammengekommen. Ein Überblick:

  • Wohnen: Die Wärme sollte aus Sicht der Zukunft aus erneuerbaren Energien kommen. „Die grüne Energie reicht aber nur für alle, wenn wir 40 Prozent weniger verbrauchen“, ist in dem Handbuch mit den Ergebnissen zu lesen. Deshalb sei es wichtig, Häuser zu sanieren sowie die Wärmeversorgung zu verbessern und den Ausbau von Photovoltaikanlagen zu erleichtern. Für diese Vorhaben brauche es Menschen, die die Bürger informierten und Mieter Tipps zur Sanierung ihrer Wohnungen geben. Worüber sich die Menschen bei der Wärmeversorgung im Klaren sein müssen, sei laut Robert Janßen-Morof, dass die Umstellung vorübergehend mit großen Baustellen verbunden sein wird. „In Bonn wird in den nächsten Jahren praktisch jede Straße einmal aufgerissen werden müssen“, erläutert einer der Projektkoordinatoren bei Bonn4Future. Um die Ziele zu erreichen, sei es außerdem nötig, große und kleine Wohnungen einfacher tauschen zu können. Die Bonner Stadtwerke haben angekündigt, dass sie in den nächsten Jahren nicht nur das Fernwärmenetz erheblich ausbauen wollen. Auch die Stromleitungen müssten verstärkt werden, um der größeren Nachfrage zu genügen.
  • Mobilität: Das klare Ziel: „Wir müssen in Zukunft von A nach B kommen, ohne Benzin oder Diesel zu verbrennen.“ Maschkowski erklärt, dass dafür nur noch halb so viele Autos wie bisher unterwegs sein können. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche es von Autos getrennte Radwege, sicherere Fußwege sowie Leihautos, - fahrräder und -roller in jedem Stadtviertel. Bonn4Future fordert einen „Mobilitätsrat“, der Planer beraten soll. Um für dieses Vorhaben genug Platz zu haben, sollen laut Bonn4Future bereits jetzt Parkplätze gestrichen werden. Von Bus und Bahn fordert die Bürgerbeteiligung, dass sie schneller werden, bezahlbar sind und häufiger kommen.
  • Ernährung und Landwirtschaft: Bonn4Future fordert klimafreundliches Essen in allen städtischen Einrichtungen. Es brauche zudem Bildungsangebote in Schulen, Quartieren und Altersheimen.
  • Natur und natürliche CO2-Speicher: Die Bürgerbeteiligung fordert die Stadt dazu auf, herauszufinden, ob aus Grünschnitt von Bäumen und Hecken durch Verkohlung Wärme und Biokohle gewonnen werden könnte. Die Stadt soll zudem analysieren, wie viele versiegelte Flächen geöffnet und begrünt werden können. Es müsse messbar mehr Grün an den Wänden und Dächern der Stadt sowie mehr Bäume geben.
  • Wirtschaft: Um die Ziele zu erreichen, müsse die Wirtschaft klimaneutral produzieren und wiederverwendbares Material nutzen. Der Konsum müsse reduziert werden. Dafür sei es wichtig, ein Forum zu etablieren, in dem Verbraucher nachhaltige Produkte aus Bonn und der Region bekommen sowie tauschen und teilen können. Die Stadt Bonn solle Unternehmen fördern, die Solarenergie nutzen und öffentliche Stromspeicher einrichten. Eine weitere Maßnahme wäre laut Bonn4Future, dass innovative Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, sich zwei bis fünf Stunden pro Woche für das Klima zu engagieren.
  • Informationen: Maschkowski betont, dass die Teilnehmer der Bürgerbeteiligung den Wunsch geäußert hätten, gut darüber informiert zu werden, was in ihrem eigenen Quartier nötig und möglich sei, um Klimaneutralität zu erreichen. Bestandteil des vom Stadtrat beschlossenen Klimaplans sind sogenannte Quartiersbüros. Dort sollen sich die Bonnerinnen und Bonner auch über mögliche Förderungen beispielsweise von Photovoltaikanlagen informieren können. Die genauen Standorte stehen noch nicht fest.
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