65-Jähriger bestreitet die Anklage Bonner Arzt in Bayern wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht

Landshut/Bonn · Einem 65-jähriger Mediziner aus Bonn wird vorgeworfen, einen Jungen in seinem Flugzeug sexuell missbraucht zu haben. Der Arzt bestreitet die Anklage.

Es gibt ein Foto, auf dem der 14-Jährige auf einer Wiese strahlend neben einer JU 27 steht. Am Tag zuvor war der Schüler mit einem Bonner Arzt in dessen Flugzeug von einem Flugplatz in Nordrhein-Westfalen aufgebrochen. Ziel: ein Flugplatz in Niederbayern. Und in der Nacht soll der Arzt den Jungen im Flugzeug sexuell missbraucht haben. Nun muss sich der 65-jährige Mediziner vor dem Landgericht Landshut verantworten.

Der Bonner Mediziner bestritt zu Prozessbeginn alle Vorwürfe und legte zum Beweis seiner Unschuld auch das besagte Foto vor, das er am Morgen nach der ihm vorgeworfenen Tat selbst geschossen hat: „Sehen Sie doch selbst. Die Stimmung war super.“ Doch die Anklage wirft dem 65-Jährigen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Jugendlichen vor.

Es war der 10. September 2016, als der Arzt und der Schüler – Mitglieder desselben Sportflugvereins – nach Niederbayern flogen. Übernachtet werden sollte im Flugzeug. Er mache das seit 35 Jahren so, sagte der Arzt. Er könne nicht das Risiko eines Diebstahls eingehen, indem er die Militärmaschine allein lasse. „Das Flugzeug ist ein echter Hingucker.“ Dementsprechend groß sei auch das Interesse seines Umfelds gewesen, einmal bei ihm mitfliegen zu können. Und er sei diesen Wünschen mit Sonderflügen nachgekommen. Zeugenaussagen, denen zufolge er nur Jugendliche mitgenommen habe, tat der Mediziner als Verleumdungen ab.

Junge sollte die Hose ausziehen

Laut Anklage forderte er im Verlauf des Abends den 14-Jährigen dazu auf, seine Hose auszuziehen, als dieser das mit einer Schlafmatratze ausstaffierte Sportflugzug bestieg. „Widerwillig“, so die Anklage, sei der Schüler der Aufforderung nachgekommen. Als er sich hingelegt hatte, begannen laut Anklage die sexuellen Übergriffe – trotz der Abwehr des Jungen.

Schließlich gab der 14-Jährige laut Anklage vor, zur Toilette zu müssen, und verließ das Flugzeug. Doch der Arzt folgte ihm und fasste ihm ans Gesäß. Als der Schüler laut Anklage vortäuschte, Bauchschmerzen zu haben, sperrte der 65-Jährige ihm das Vereinsheim auf. Doch Hilfe fand der Junge dort nicht, so die Anklage: Das Gelände war menschenleer. Zurück im Flugzeug soll der Mediziner die Tür verriegelt und den Jungen oral vergewaltigt haben, indem er sich über ihn kniete und ihm die Beine einklemmte.

Vor Gericht aber erklärte der Arzt, er habe die behaupteten Szenarien im Flugzeug nachgestellt und fotografiert, um zu beweisen, dass sie unmöglich seien – aufgrund der Enge im Flugzeug und seiner Probleme im Schulter- und Armbereich. Als Motiv für die angeblich falsche Beschuldigung vermute er eine Persönlichkeitsstörung des Schülers. Wie der Mediziner erklärte, lebe er seit 2002 in einer eingetragenen Partnerschaft, und sein Lebensgefährte unterstütze ihn in diesem Verfahren. Zu seiner Neigung habe er stets gestanden.

Der heute 16-jährige Schüler, der sofort nach seiner Rückkehr nach Bonn mit seinem Vater zur Polizei ging und den Arzt anzeigte, wiederholte seine Vorwürfe unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Zwei Freunden aus der Segelschule berichtete er nach seiner Rückkehr, der Arzt „habe sich an ihn rangemacht“ und sich auf ihn „geschmissen“, wie ein 19-jähriger Freund im Zeugenstand erklärte. Diesem Zeugen zufolge soll der 16-Jährige nach dem Ausflug eine E-Mail von dem Arzt erhalten haben – mit einer Entschuldigung und dem Angebot, ihm den Flugschein zu bezahlen.

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