Seniorin eingeklemmt Bonner Busfahrer nach Türunfall angeklagt

Bonn · Wegen fahrlässiger Körperverletzung muss sich ein Busfahrer der Bonner Stadtwerke vor Gericht verantworten. Einen technischen Defekt schließt ein Gutachter aus. Auf ein Wort des Bedauerns wartet die 87-Jährige bisher vergeblich.

Immer wieder kommt es in Bussen zu Stürzen, aber was der damals 86-jährigen Anna Jung am 2. Juli 2017 passiert, war besonders schwerwiegend – und bringt den Busfahrer demnächst vor Gericht: Weil der 45-Jährige einem Gutachten zufolge die Tür zu früh schloss, wurde die Seniorin beim Aussteigen eingeklemmt, stürzte und erlitt einen Oberschenkelhalsbruch. Nun wirft die Staatsanwaltschaft dem Fahrer der Stadtwerke Bonn (SWB) fahrlässige Körperverletzung vor.

Wie Amtsgerichtsdirektorin Birgit Niepmann am Donnerstag mitteilte, hatte ein Strafrichter am 2. Juli auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen en 45-jährigen Busfahrer erlassen, in dem er auf schriftlichem Weg zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 40 Euro, also 1600 Euro verurteilt wurde. Weil der Angeklagte dagegen jedoch Einspruch einlegte, wird der Fall im November öffentlich vor Gericht verhandelt.

Denn der Fahrer hat direkt nach dem Unfall gegenüber der Polizei erklärt: Dass sich die Tür plötzlich geschlossen habe, müsse an einem technischen Defekt gelegen haben, denn er habe den Schalter zum Schließen der Tür nicht gedrückt. Das aber nimmt ihm die Staatsanwaltschaft nicht ab, nachdem ein Sachverständiger technisches Versagen ausgeschlossen hat.

Schwerer Sturz mit massiven Folgen

Es war ein schwerer Sturz mit massiven Folgen, unter dem die inzwischen 87-Jährige noch immer sehr leidet. Die damals noch rüstige Anna Jung wollte an jenem Nachmittag mit ihrer Nachbarin einen kleinen Ausflug machen, doch als sie nach der Bekannten an der Haltestelle Lannesdorf-Mitte aus dem Bus steigen wollte, passierte es: Die Schwenktüren schlossen sich und klemmten ihr Bein ein. Zeugen zufolge wurde sie „regelrecht mitgerissen“ und stürzte rücklings auf den Bordstein. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und operiert. Und seitdem ist für sie nichts mehr wie vorher, berichtete ihr Sohn Walter Jung anschließend dem GA.

Die vor dem Unfall noch recht selbstbestimmt lebende Seniorin ist inzwischen auf ständige Hilfe angewiesen, sehr unsicher auf den Beinen und hat wegen gesundheitlicher Probleme infolge der Operation Angst, das Haus zu verlassen, wie ihr Sohn am Donnerstag erklärte. Er kümmert sich inzwischen ständig um die Mutter und versorgt sie, wie er erklärt.

Aber was den 62-Jährigen seit dem Unfall zusätzlich belastet, ist das Verhalten der Stadtwerke: Die haben zwar inzwischen nach anfänglicher Weigerung 10 000 Euro Schmerzensgeld gezahlt, waren aber Jung zufolge bisher nicht bereit, für die überdies entstandenen Kosten von knapp 7000 Euro aufzukommen. Und auch um die Übernahme der Unfallfolgekosten für den Mehraufwand an Betreuung muss der Sohn mit Hilfe seines Anwalts kämpfen. Auf ein Wort des Bedauerns, so Jung, habe man bisher vergeblich gewartet: Weder die SWB noch der Busfahrer haben sich bei Anna Jung gemeldet. Bleibt abzuwarten, was der 45-jährige Fahrer im Prozess zu sagen hat.

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