Städtische Förderung wird sukzessive gestrichen Bonner Familienbildungsstätten kämpfen ums Überleben

Bonn · Die drei Bonner Familienbildungsstätten hoffen auch in Zukunft auf städtische Zuschüsse. Stand jetzt soll diese bis 2024 immer weiter gekürzt und dann gestrichen werden.

 Vereint in der Sorge um das Aus (von links): Katharina Bete (Haus der Familie) Martina Deutsch (Katholische Familienbildungsstätte) und Evelyn Fischer (Werkstatt Friedenserziehung e.V.)

Vereint in der Sorge um das Aus (von links): Katharina Bete (Haus der Familie) Martina Deutsch (Katholische Familienbildungsstätte) und Evelyn Fischer (Werkstatt Friedenserziehung e.V.)

Foto: Meike Böschemeyer

Die drei Bonner Familienbildungsstätten kämpfen für den Verbleib ihrer Arbeit in der Jugendhilfeplanung. Vor dem Hintergrund laufender Haushaltsverhandlungen appellieren Martina Deutsch von der Katholischen Familienbildungsstätte in der Lennéstraße, Evelyn Fischer von der Werkstatt Friedenserziehung am Hofgarten und Katharina Bete vom Godesberger Haus der Familie an die Politik: „Bitte führen Sie die freiwillige kommunale Förderung unserer drei Familienbildungseinrichtungen auf dem Niveau von 2020 fort.“ Es geht um insgesamt 127.000 Euro pro Jahr. Einen entsprechenden Antrag für 2022 hat nun die FDP für den Jugendhilfeausschuss am Dienstag, 8. Juni, eingereicht.  Man habe die wichtige familienunterstützende Arbeit angesichts sinkender Zuschüsse schon durch Stellenabbau und Kostenreduzierung umgestellt, sagt Deutsch. Das sehe man als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung der Stadt an. Eine Weiterarbeit mit dem im Vergleich zu Vorjahren deutlich reduzierten Zuschussniveau von 2020 sei möglich. „Eine weitere Reduzierung aber gefährdet unsere Einrichtungen“, so Deutsch.

Wie berichtet, hatte der Stadtrat schon 2015 beschlossen, die Förderung der drei Stätten sukzessive zu kürzen und sie bis 2024 komplett zu streichen. Das Presseamt begründete das auf GA-Anfrage im Februar damit, dass sich das Angebot der drei Häuser nicht ausdrücklich an den Personenkreis nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz richte und auch von Interessenten aus der Umgebung genutzt werden könne. Die Stadt wolle nur noch Kursbausteine der Kinder- und Jugendhilfe sowie vordringliche Angebote zur Erziehungs-, Familien- und Nachbarschaftshilfe und der Gesundheitskompetenz fördern. Die Einrichtungen mögen sich neue Kooperationsmöglichkeiten suchen und neue Ideen für ihr Angebot entwickeln, die genau den Bedarf in der Kinder- und Jugendhilfe decken mögen, riet die Stadt.

Familienbildung wegen Corona-Panddemie besonders wichtig

Diese Ausrichtung sei für Familienbildungsstätten, die nach dem Weiterbildungsgesetz konzipiert sind, jedoch nicht möglich, erinnert Fischer von der Werkstatt Friedenserziehung. Der soziale und kulturübergreifende Einsatz für Familien übergreife reine Kinder- und Jugendarbeit. Er bilde einen Grundstein für das Wohlergehen und die Chancengleichheit, für Gemeinschaftsbildung, Teilhabe und gesellschaftliche Stabilität. Man leiste also im Vorfeld wichtige Hilfen zur Erziehung junger Menschen. „Dies gilt insbesondere für die Zeit nach Corona. Familienbildung erreicht Familien unmittelbar“, so Fischer. Als bewusst niedrigschwelliger Grundversorger spreche man alle Familienkonstellationen an, und da insbesondere Nutzer, die die übliche Kursgebühren nicht bezahlen können, ergänzt Bete für das Haus der Familie. Man arbeite gut vernetzt mit dem Hilfesystem der Stadt zusammen. Kommunen wie Köln, Düsseldorf oder Essen förderten das mit einer auskömmlichen Finanzierung. Nutzer aus dem Rhein-Sieg-Kreis seien übrigens die Ausnahme.

Private Anbieter von Spielgruppen oder Elternbildung erschienen oft billiger, seien aber nicht zertifiziert und orientierten sich meist wirtschaftsorientiert, so Bete. „Wir erreichen zirka 16.000 Erwachsene und 4500 Kinder in unseren Häusern, in Familienzentren und bei weiteren Kooperationspartnern,“ rechnet Deutsch von der Katholischen Familienbildungsstätte für alle vor. Man sei Arbeitgeber für 400 Honorarkräfte und ermögliche das bürgerschaftliche Engagement für 120 Ehrenamtliche. „Auch letzteres würde entfallen, da gutes Ehrenamt finanziell gesichertes, fachlich hochwertiges Hauptamt benötigt.“ Die drei Leiterinnen haben nun zahlreiche Gespräche mit den Fraktionen geführt. Alle Parteien hätten die angespannte Haushaltslage betont und bisher keine Bereitschaft gezeigt, in die Familienbildung zu investieren, bedauern Deutsch, Fischer und Bete einhellig. Nun setze man große Hoffnungen in ein Gespräch mit Jugendamtsleiterin Gitte Sturm. Am 8. Juni tagt der Jugendhilfeausschuss.

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