Wenn der Teddy Daten sammelt Bonner Gespräche zu Big Data

Bonn · Über Big Data sprechen Experten bei den Bonner Gesprächen der Bundeszentrale für politische Bildung. Welche Auswirkungen das massenhafte Sammeln von Daten haben könnte, ist erschreckend.

 Digitaler Wandel im Kinderzimmer: Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, begutachtet Stofftiere mit Sprach- und Aufnahmefunktion.

Digitaler Wandel im Kinderzimmer: Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, begutachtet Stofftiere mit Sprach- und Aufnahmefunktion.

Foto: Martin Wein

Sprachassistenten, die nicht nur den Opa anrufen, sondern heimlich ihre Besitzer aushorchen. Fitness-Armbänder, die ihrem Träger beständig den Puls fühlen. Teddybären, die intimste Geheimnisse ihrer kleinen Spielgefährten nicht mehr für sich behalten. Das Internet der Dinge hält längst erschreckende Grenzverletzungen bereit. Und die Entwicklung überschlägt sich förmlich: Wearables, Blockchain, E-Health drücken auf den Markt und lassen einen Großteil der Gesellschaft ratlos zurück.

Das Ausbleiben wirksamer Proteste gegen die Daten-Sammelwut sei ein untrügliches Zeichen für den Nachholbedarf politischer Bildung, vermutet Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. Am Wochenende hat seine Behörde die digitale Gesellschaft deshalb zum Thema der Bonner Gespräche 2018 gemacht. Im Gustav-Stresemann-Institut diskutieren 300 Experten und interessierte Bürger bis zum Samstagnachmittag über die Folgen von Big Data und Künstlicher Intelligenz für Arbeit, Bildung, Gesundheit und Politik.

Für Krüger, der trotz eines Haushaltsunfalls am Freitagnachmittag zur Eröffnung kam, ist der Fall klar: „Eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr“, sagt er. Es sei deshalb von zentraler Bedeutung, die Grundrechte auf Privatheit auch in der virtuellen Welt besser durchzusetzen. Schließlich sei es keine Lösung, sich digitalen Angeboten wie sozialen Netzwerken komplett zu verweigern. Damit gehe auch ein Verlust sozialer Teilhabe einher.

Schulunterricht ist großes Problem

Wichtig findet Krüger, das Feld nicht allein der Privatwirtschaft zu überlassen, die mit ihren Angeboten stets auch eigene Interessen verbinde. So sei die Nutzung sozialer Netzwerke keineswegs kostenlos, sondern liefere den Betreibern Unmengen wertvoller persönlicher Daten.

Zudem seien die digitalen Angebote auch Einfallstore für manipulative Aktivitäten. Schon jetzt hätten diese Einfluss auf die reale Politik, betonte Krüger mit Blick etwa auf Internet-Trolle und automatisch generierte, häufig rechte Beiträge in sozialen Netzwerken.

Ein großes Problem macht Krüger im Schulunterricht aus. Der sei noch immer auf Vermittlung isolierter Lerninhalte konzentriert, die für Prüfungen gelernt und anschließend wieder vergessen würden. Mit dem enormen Wissenszuwachs seit den 1970er Jahren lasse sich so nicht Schritt halten. Die Folge: Die Gesellschaft trudelt ohne wirksamen Kompass in die beschleunigte Digitalisierung – mit unabsehbaren Folgen.

Die Juristin und Buchautorin Yvonne Hofstetter sieht gar das Ende der Demokratie gekommen. Analog zu ihrem aktuellen Buch berichtete sie darüber, wie Künstliche Intelligenz die Demokratie übernimmt und lieferte damit viel Anlass zur kritischen Debatte. Parallel zu Workshops über die Folgen von Big Data in Politik, Wirtschaft, Bildung und Gesundheitswesen können Teilnehmer und auch andere Interessierte am Samstag in einem Themenparcours erleben, in welchen Produkten schon Big Data verborgen ist. Flügel fürs Smartphone und petzende Teddybären warten dort.

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