Weniger Besucher in Asia-Restaurants Bonner haben Angst und Vorurteile wegen des Coronavirus

Bonn · Bonner Asia-Restaurants haben derzeit weniger Kunden, weil sie offenbar Angst vor dem Coronavirus haben. Auch Apotheken spüren die Auswirkungen: Bei ihnen werden Mundschutze knapp.

 Tang Choong (links) vom China-Imbiss in Dransdorf hat derzeit weniger Kunden. Apothekerin Gertrude Mevissen aus Kessenich berichtet, dass vielerorts Mundschutz und Desinfektionsmittel knapp werden.

Tang Choong (links) vom China-Imbiss in Dransdorf hat derzeit weniger Kunden. Apothekerin Gertrude Mevissen aus Kessenich berichtet, dass vielerorts Mundschutz und Desinfektionsmittel knapp werden.

Foto: Sibylle Niemeyer

Knapp 32.000 Infizierte und rund 650 Tote weltweit, so ist die aktuelle Lage beim Coronavirus. Dass sich mittlerweile schon knapp 2000 Menschen wieder gänzlich vom Virus auskuriert haben, ist weniger Thema. Die Sorge vor einer Ansteckung mit der Infektionskrankheit ist für einige in Bonn deutlich zu spüren. Besonders Menschen mit asiatischem Aussehen werden derzeit häufiger mit Diskriminierungen konfrontiert.

„Der Postbote legt die Pakete neuerdings einfach vor die Tür und fragt nicht mehr nach meiner Unterschrift“, erzählt Pharmaziestudentin Mariel Zhou (22) aus Bonn, deren Vater aus China kommt. Sie ist nicht die einzige, ihre Cousine habe ähnliche Erfahrungen mit Lieferanten gemacht.

Auch Bonner China-Restaurants stellen einen Kundenrückgang fest. Tang Choong (41) vom China Imbiss in Bonn-Tannenbusch: „Wir bemerken auf jeden Fall weniger Gäste. Ob das jetzt am Coronavirus oder am Karneval liegt, kann ich nicht sagen.“ Im Peking Garden in Dransdorf stehen die Gäste oft Schlange, bis die Speisebehälter am Buffet wieder aufgefüllt werden. In letzter Zeit kämen jedoch kaum mehr Gäste. „Die Leute rufen an, und sagen aus Angst ihre reservierten Tische wieder ab“, sagt Besitzer Chen Xiahong (46). Seine Frau Kim erzählt, dass auch ihr Sohn in der Schule wegen seiner Herkunft gehänselt werde.

Typisches Zeichen für intuitives, irrationales Verhalten

Weniger Besucher in Asia-Restaurants: Bonner haben Angst und Vorurteile wegen des Coronavirus
Foto: Sibylle Niemeyer

Soziologie-Professor Remi Maier-Rigaud, der nachhaltige Sozialpolitik an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg unterrichtet, erkennt ein soziologisches Phänomen in diesem Verhalten. Solche Diskriminierungen seien ein typisches Beispiel für intuitives, irrationales Verhalten. Es handele sich um archaische Reflexe, denn „würde man das Ansteckungsrisiko in Deutschland sachlich beurteilen, würde man merken, dass es wahrscheinlicher ist, vom Blitz getroffen zu werden“, erklärt er. Aus Sicherheitsgründen verlangen Arbeitgeber dennoch häufig Negativ-Diagnosen von Mitarbeitern, die aus China zurückgekehrt sind.

Deutschlandweit sind mittlerweile 13 Corona-Fälle bekannt, in NRW bisher keiner. Alle Infizierten befinden sich in gutem Zustand, wie Behörden mitteilen. Beim neuartigen Coronavirus fühlten sich die Ärzte besser aufgeklärt und vorbereitet als bei der Sars-Epidemie (2002/2003). „Es gibt klare Handlungsempfehlungen vom nationalen Robert-Koch-Institut und den internationalen Gesundheitsorganisationen“, sagt Anna-Maria Eis-Hübinger vom virologischen Institut des Universitätsklinikums Bonn.

Symptome bleiben oft unerkannt

Bei Corona handelt es sich um die siebte Mutationsform der Coronaviren, erklärt die Virologin. Die ersten vier bekannten Formen von Corona liefen harmloser ab und kursierten überall auf der Welt. Oft bemerke man die Symptome nicht. Eis-Hübinger selbst sei in der Vergangenheit bereits auf zwei Formen von Corona positiv getestet worden. Diese gingen oft mit Erkältungssymptomen einher. Gefährlicher hingegen seien die Coronaviren Sars, Mers und auch das neuartige 2019-nCoV aus China. Eine akute Bedrohung sieht Eis-Hübinger allerdings nicht: „Ich glaube, die Bonner müssen sich keine Sorgen machen. Die Grippewelle durch Influenza-Viren können weitaus höhere Sterbezahlen hervorrufen.“

Trotzdem bleibt in Apotheken die Nachfrage nach Atemschutz und Desinfektionsmitteln hoch. Vielerorts seien Atemmasken bereits ausverkauft und nicht mehr lieferbar. „Asiatische Kunden haben zum Teil fünfzehn Packungen auf einmal gekauft, um diese nach China zu schicken“, erzählt Apothekerin Gertrude Mevissen (48) aus Kessenich. Die Mutter eines dreijährigen Jungen, der an Leukämie erkrankt ist, habe kürzlich ein Rezept für eine Kinder-Atemmaske einlösen wollen, die der Hersteller nicht mehr vorrätig hatte. „Atemmasken für kranke Kinder sollten immer vorrätig sein“, appelliert sie an Krankenhäuser.

Bei Bonner Ärzten bleibt es im Zusammenhang mit dem Coronavirus weitgehend ruhig. Johannes Just, Allgemeinmediziner aus Beuel, meint: „Die meisten Bonner bleiben ruhig.“ Nur bei bevorstehenden Auslandsreisen sei eine erhöhte Nachfrage nach Vorsorgemaßnahmen bemerkbar. Eine andere Bonner Allgemeinmedizinerin macht andere Erfahrungen. „Meine asiatischen Patienten haben öfter erwähnt, dass sie in der Öffentlichkeit komisch angesehen werden oder man sie in Straßenbahnen meidet. Chinarestaurant-Besucherin Eva Müller (60) nimmt es mit Humor: „Ich habe abgewägt: Schmeckt mir das Essen besser oder riskiere ich lieber Corona? Ich bevorzuge das Essen.“

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