Unterstützung für Kriegsopfer Bonner hilft den Ukrainern von Warschau aus

Bonn/Warschau · Stephan Montenarh, ein gebürtiger Bonner, hat in Polen die Hilfsorganisation „Wolna Ukraina“ gegründet. Mit einigen ihrer Aktionen bringen sich die Helfer selbst in Gefahr. Mehrere Helfer sind bereits im Einsatz getötet worden.

Stephan Montenarh beim Beladen eines Lastwagens.

Stephan Montenarh beim Beladen eines Lastwagens.

Foto: Gabriele Immenkeppel

Den 24. Februar 2022 wird Stephan Montenarh niemals vergessen. Mit den ersten Bildern über die sinnlose Zerstörung durch russische Truppen sowie den Berichten über das unermessliche Leid der Zivilbevölkerung in der Ukraine krempelte der gebürtige Bonner sein Leben komplett um. Noch am gleichen Tag gründete der 55-Jährige gemeinsam mit seiner ukrainischen Lebensgefährtin die Hilfsorganisation „Wolna Ukraina“. Von Warschau aus, wo der begeisterte Motorradfahrer seit 23 Jahren lebt, organisiert er seit Beginn des Krieges Hilfstransporte in die Ukraine.

Freunde und Spender in Bonn unterstützen die Aktion

Dabei wird er tatkräftig von seiner Familie und seinen Freunden in Bonn unterstützt. Nach Monaten ist Montenarh immer noch begeistert von der großen Solidarität der Menschen in einer Heimatstadt am Rhein. „Jugendfreunde, meine Familie, Geschäfte sowie Vereine und Firmen fördern unsere Hilfsaktion durch großzügige Spenden“, sagt der 55-Jährige. Aktuell leitet er wieder einen Konvoi von Polen aus in die ukrainischen Kriegsgebiete, um die Not der Menschen vor Ort wenigstens ein wenig zu lindern.

Bisher hat Stephan Montenarh rund 1362 Tonnen an Hilfsgütern in die besonders betroffenen Regionen gebracht. Vor allem Lebensmittel, Medikamente, Kleidung sowie Babyutensilien. Außerdem Rollstühle, Rollatoren, Schlafsäcke, Decken, Taschenlampen, Zelte, Stromgeneratoren und Tierfutter. Damit jedoch nicht genug. Nachdem er bereits seit 23 Jahren in Polen lebt, ist er auch dort gut vernetzt. So erhielt „Wolna Ukraina“ 47 Krankenwagen sowie rund 60 Autos, die ebenfalls in die Kriegsgebiete befördert wurden, wie er berichtet. Ziel der Transporte waren unter anderem das derzeit hart umkämpfte Bachmut, Butscha, Borodjanka, Cherson, Charkiv, Dnipro, Donzek, Kiew, Maripol sowie die Region Lemberg. Die Hilfsgüter gingen an Krankenhäuser, Behinderteneinrichtungen sowie Kinder- und Seniorenheime. Auch die Familien von getöteten Ukrainern wurden nach Montenarths Angaben durch Spenden unterstützt. Sechs ehrenamtliche Helfer in der Ukraine, sowie ein Pool von etwa 100 Freiwilligen in Polen und der Ukraine unterstützen die Arbeit der Organisation.

Zugute kommt dem gebürtigen Bonner, dass er sich in Polen bereits seit Jahrzehnten auskennt – lange bevor er sich in Warschau niederließ. In Bonn organisierte er zuvor für ein Reisebüro Gruppenfahrten in den osteuropäischen Raum. Schnell war ihm klar, dass er diese Reisen besser von Polen aus anbieten und managen kann. Daher packte er seine Koffer und ging nach Warschau.

Neben dem Transport von Hilfslieferungen kümmert sich „Wolna Ukraina“ um Flüchtlinge, die in Polen ankommen. So hat die Organisation bisher etwa 120 Geflüchteten geholfen, jenseits der Grenze eine Wohnung zu finden. Die Helfer unterstützen die Kriegsopfer außerdem bei Behördengängen, Arztbesuchen sowie der sozialen Integration.

„Die Hilfsorganisation zeichnet sich durch ein sehr hohes Maß an Kreativität aus“, sagt Udo Ganzer, ein Bonner Jugendfreund von Stephan Montenarh, der die Arbeit hier koordiniert. Ein gutes Beispiel sei das Projekt „Kinder malen für den Frieden“. „Dabei hat die Hilfsorganisation Kontakte zu Fachkräften aufgenommen, die mit Kindern aus Butscha arbeiten. Die Einwohner dort haben ein besonders hohes Maß an Leid erfahren, nicht zuletzt auch viele Kinder. Sie sind oftmals schwer traumatisiert und es kam die Idee auf, dass die Kinder ihre Erlebnisse mit Hilfe von Bildern verarbeiten sollen“, so der Bonner. „Wolna Ukraina“ hat diese Bilder zusammengetragen und will sie im März im Rahmen einer Ausstellung in Nürnberg zeigen.

Auch die humanitäre Hilfsaktion ist nicht von den unermesslich grausamen Kriegsschicksalen verschont geblieben. Bisher wurden acht Helfer bei der Arbeit getötet. Außerdem verloren drei Fahrer ihr Leben, einer wurde verwundet.

Weitere Informationen unter www.wolna-ukraina.eu.

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