Ako-pro-Affäre Bonner Jugendamt macht Ernst

BONN · Die Stadt Bonn fordert Zuschüsse vom Ako-pro-Seminar in Bad Godesberg zurück. In einem ersten Anhörungsbescheid geht es um eine vierstellige Summe für eine Freizeitfahrt im Jahr 2010. Der Verein ist eng mit dem Aloisiuskolleg (Ako) verbunden. Das städtische Rechnungsprüfungsamt (RPA) wirft dem früheren Seminarleiter systematische Täuschungsmanöver beim Beantragen von Zuschüssen vor.

Das RPA hatte die Jahre 2008 bis 2010 überprüft, in denen insgesamt mehr als 800.000 Euro an Ako-pro geflossen seien. Wie hoch die beanstandeten Summen insgesamt sind, ist unklar. Seit einigen Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft. Parallel kontrolliert die Stadt die Zuschüsse rückwirkend bis zum Jahr 2000, und zwar durch Mitarbeiter, die bislang noch keine Berührungspunkte mit Ako-pro hatten.

Das RPA hatte auch darauf verwiesen, dass die Ämter dem bis Ende 2010 am Ako und bei Ako-pro tätigen Ex-Leiter die Gelder problemlos auszahlten.

Die erste Rückforderung betrifft eine Jugendreise innerhalb Deutschlands. Akribisch führt die Stadt auf, wie gezielt der Ex-Leiter die Teilnehmerbeiträge, die Fahrt- und Verpflegungskosten manipuliert haben soll. Sollten sich die RPA-Vorwürfe nicht nur bei einzelnen Fahrten, sondern auch beim Betrieb einer "Offenen Tür" (OT) bestätigen, dürften erhebliche Summen zurückgefordert werden.

Die Rechnungsprüfer konstatierten, ein tatsächlich offenes OT-Angebot habe am Ako-pro-Seminar nie existiert. Auch hier seien Fördervoraussetzungen fingiert worden. Der heute 53 Jahre alte Ex-Leiter habe Jugendliche instrumentalisiert, um städtische Kontrolleure zu täuschen und einen Jugendtreff zu simulieren. Jährlich zahlte die Stadt hier laut RPA-Bericht rund 35.000 Euro. Ako-pro hatte mindestens seit 2005 einen OT-Betrieb auf dem Ako-Gelände an der Elisabethstraße angemeldet.

Ako-Rektor Pater Johannes Siebner und der neue Ako-pro-Vorsitzende Dirk Stueber bestätigen den Eingang des Anhörungsschreibens. "Auf den ersten Blick scheinen uns die Rückforderungen seitens der Stadt gerechtfertigt, ohne damit die Frage nach der vermeintlich alleinigen Verantwortung von Ako-pro schon zu beantworten", betonen beide.

Eine genaue Prüfung könne der Verein erst vornehmen, wenn er wieder im Besitz seiner Unterlagen sei. Man habe diese im Dezember 2010 dem RPA zur Verfügung gestellt. Auch der Bericht der Prüfer sei Ako und Ako-pro noch nicht zugegangen. "Sollte die Prüfung die Rechtmäßigkeit dieser Forderung ergeben, wird der Verein ihr natürlich entsprechen."

Der Ako-pro-Vorstand habe vor vier Wochen beschlossen, zivilrechtliche Ansprüche gegen den ehemaligen Vereinsvorsitzenden juristisch beleuchten zu lassen. "Das beinhaltet auch die Prüfung der Möglichkeit eines dinglichen Arrests", so Siebner und Stueber. Hierbei handelt es sich um die Sicherung der Zwangsvollstreckung einer Geldforderung, mit der verhindert werden soll, dass ein Schuldner Vermögensgegenstände beiseite schafft.

Ohne Einsicht in die Akten komme man keinen Schritt weiter. "Deshalb haben wir vor drei Wochen bei der Staatsanwaltschaft und der Stadt die Rückgabe der betreffenden Unterlagen erbeten - bisher ohne Ergebnis."

Dem beschuldigten 53-Jährigen sei vom Anhörungsbescheid noch nichts bekannt, erklärte dessen Anwalt Winfried Seibert: "Ich vermute aber, dass es der Stadt um das notwendige rechtliche Gehör zu diesem Sachverhalt geht."

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