Bundesgerichtshof untersuchte Bonner Urteil Drogenschmuggler muss nach Verurteilung weniger zahlen
Bonn · Zwei Männer hatten vor zwei Jahren Marihuana in Millionenwert aus Spanien eingeführt. Die Höhe des eingezogenen Tatertrags hat das Bonner Landgericht nun in einem Fall neu berechnet – zugunsten der Dealer.
Das Versteck war nicht schlecht gewählt, aber nachdem Encrochat, ein Anbieter vermeintlich abhörsicherer Mobiltelefone, im Sommer 2020 von der Polizei mehrerer europäischer Länder gehackt worden war, kamen die Ermittler den Drogenschmugglern trotzdem auf die Spur: Im Dezember 2021 konnte das Bonner Landgericht so zwei Männer verurteilen, die im selben Jahr kiloweise Marihuana in Teilen von Lüftungsanlagen versteckt und aus Spanien nach Deutschland transportiert hatten. Das Gericht ordnete seinerzeit auch die Einziehung von über einer Million Euro an Taterträgen von dem Hauptangeklagten. Sein Komplize sollte immerhin noch 35.000 Euro zahlen. Die zweite Rechnung hatte aber der Bundesgerichtshof als unzulässig verworfen, nachdem der Verurteilte Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt hatte.
Nun ist die 2. Große Strafkammer am Bonner Landgericht dieser Argumentation gefolgt und hat das Urteil dahin gehend abgeändert, dass der Mann nur noch 6000 Euro zahlen muss. Der 37-jährige Haupttäter war wegen Einfuhr und Handels von 290 Kilo zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden, sein 31-jähriger Komplize wegen Beihilfe zu zwei Jahren und zehn Monaten.
Komplize sitzt in der JVA
Mittlerweile sitzt der Komplize seine Freiheitsstrafe im offenen Vollzug der JVA Remscheid ab und so betrat er den Gerichtssaal ohne die Begleitung von Justizwachtmeistern. Lange dauerte die Verhandlung nicht, denn die Sachlage, die der BGH bemängelt hatte, entpuppte sich als bestechend einfach: Um die Drogen von der iberischen Halbinsel an den Rhein zu transportieren, hatte der Haupttäter eine Scheinfirma für Lüftungstechnik in Spanien gegründet. Die Drogen wurden dann in den tatsächlich beschafften Lüftungsanlagen versteckt und, in Deutschland angekommen, von dem 31-Jährigen aus einem Lager in Wuppertal abgeholt. Jeweils 500 Euro sollte er zunächst als Lohn für jede abgeholte Palette erhalten. Später, so hatte der Angeklagte seinerzeit ausgesagt, sei seine Vergütung dann erst auf 1000 und zuletzt auf 2000 Euro erhöht worden.
Allerdings hatte das Gericht in erster Instanz nur sechs Abholvorgänge mit insgesamt zwölf Paletten verurteilt – alle späteren Fälle waren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Die waren aber die Fälle, in denen der Verurteilte die höhere Vergütung erhalten hatte. Und da aus einem eingestellten Verfahren keine Taterträge eingezogen werden können, waren dem Verurteilten nurmehr 6000 Euro zuzuordnen: der Lohn von jeweils 500 Euro für die Abholung der zwölf Paletten. „Aus unserer Sicht stimmt, was der BGH da errechnet hat“, konstatierte die Vorsitzende Richterin nach Abschluss der kurzen Beweisaufnahme. Es sei wohl schlicht untergegangen, dass man bei der Einstellung die Beträge hätte herausrechnen müssen. Eine Ansicht, der auch Verteidigung und Staatsanwaltschaft folgten: „Er hat darüber hinaus verdient – das ist klar!“, so die Vertreterin der Anklage in ihrem Plädoyer. Da diese Fälle aber eingestellt worden seien, bliebe es beim Einzug der Taterträge aus der Abholung von zwölf Paletten. Der Schuld- und Strafausspruch des ursprünglichen Urteils blieb von der BGH-Entscheidung unberührt. Der Hauptangeklagte hatte auf Rechtsmittel verzichtet.