Gerichtsprozess in Bonn „Ein Wunder, dass das kleine Mädchen noch lebt“

Bonn · Eine Mutter misshandelt ihr kleines Baby schwer. Am zweiten Verhandlungstag fordert die Staatsanwältin vor dem Bonner Landgericht fünfeinhalb Jahre Haft. Ein Urteil wird am Freitag erwartet.

 Symbolbild.

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Foto: dpa/Oliver Berg

Einen Tag nach dem späten Geständnis im Bonner Prozess um einen  misshandelten Säugling hat die Staatsanwältin für die 27-jährige Mutter wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie Misshandlung eines Schutzbefohlenen fünfeinhalb Jahre Haft gefordert. In „letzter Minute“ hatte die Angeklagte eingeräumt, dass sie ihre Tochter – keine zwei Wochen alt – nicht nur bis zur Bewusstlosigkeit geschüttelt, sondern sie in den Tagen zuvor bereits zwei weiteren Gewalttaten ausgesetzt hat.

Zum einen hatte die Angeklagte ein metallenes Spielzeugauto des älteren Bruders, das 20 bis 30 Zentimeter groß gewesen ist, mit Wucht ins Gesicht des Kindes geschlagen. In einem weiteren Fall hatte sie den Kopf des Säuglings wiederholt gegen die Kante eines Türrahmens geschlagen. „Ich habe das ununterbrochene Schreien nicht mehr ausgehalten, ich hatte so eine Wut, da sind mir die Sicherungen durchgebrannt“, hatte die 27-Jährige ihre Ausraster erklärt. Als Alleinerziehende sei sie mit zwei kleinen Kindern, zwei Hunden und zwei Katzen komplett überfordert gewesen. „Das alles tut mir furchtbar leid.“

Verteidigerin forderte eine Haftstrafe von maximal viereinhalb Jahren

Die Verteidigerin hat in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe nicht über viereinhalb Jahre gefordert, dabei geht sie – im Gegensatz zum Gutachten – von einer eingeschränkten Schuldfähigkeit ihrer Mandantin aus. Der Sachverständige hatte der 27-Jährigen wegen ihrer traumatischen Kindheit eine dissoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert.

Bei den Gewalttaten hatte der Säugling zwei Schädelbrüche, zahlreiche Hämatome sowie weitere Brüche der Schienbeine und des linken Oberarms erlitten. Als die Mutter am 21. Februar 2019 schließlich zur Kinderärztin ging, bestand akute Lebensgefahr. Die Rechtsmedizinerin hatte es im Prozess als „den schwersten Fall eines überlebten Schütteltraumas“ beschrieben, den sie in den letzten 15 Jahren erlebt habe. Es sei  ein Wunder, dass das Kind überlebt habe. Das kleine Mädchen befindet sich heute in der Obhut einer Pflegemutter.

Nach der Anstiftung einer Freundin zur Falschaussage war die Angeklagte – wie berichtet – überraschend im laufenden Verfahren wegen Verdunklungs- und Fluchtgefahr verhaftet worden. Ein Urteil wird für Freitag erwartet.

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