Wo Mönche einst die Haare schnitten Kreuzgang am Bonner Münster verlängert die Öffnungszeiten

Bonn · Der Kreuzgang des Bonner Münsters ist nicht immer ein Ort der Stille gewesen. An den nächsten Freitagen kann man ihn bis 22 Uhr besichtigen und sich mit seiner Geschichte beschäftigen.

Der Kreuzgang im Bonner Münster kann an den nächsten Freitagen bis 22 Uhr besucht werden. Zu später Stunde entwickelt sich eine ganz neue Stimmung.

Foto: Abir Kassis

Hinter dicken Kirchenmauern zählt der Kreuzgang des Münsters zu den wertvollsten Schätzen Bonns. Das romanische Atrium, ein Relikt aus dem Mittelalter, gilt als das am besten erhaltene nördlich der Alpen. Es wurde ab dem Jahr 1140 in mehreren Etappen von Propst Gerhard von Are, dem Vorsteher des Bonner Cassius-Stifts, errichtet. Nach einer Generalsanierung und einer kunstvollen Neugestaltung im Jahr 2021 hat dieser verborgene Ort der Stille mitten in der Innenstadt eine eindrucksvolle Wiederbelebung erfahren.

„Immer wieder rufen uns Besucher an, die beeindruckt sind vom Kreuzgang“, erzählt Stefan Schultz, Sprecher des katholischen Stadtdekanats Bonn. Auch aus diesem Grund werden die Öffnungszeiten in diesem Sommer an einzelnen Tagen verlängert. „Wir möchten im Spätsommer die Gelegenheit bieten, auch in den Abendstunden in diesem besonderen Ambiente zu verweilen“, sagt Schulz. Bis zum 22. September bleiben die Pforten des Kreuzgangs jeden Freitag bis 22 Uhr geöffnet, statt nur bis 17 Uhr. Der Zugang erfolgt über die Gerhard-von-Are-Straße.

Wenige Besucher am ersten Abend

Am ersten Freitagabend mit verlängerter Öffnungszeit blieb der Besucherandrang angesichts des Weinfests auf dem Münsterplatz und einem abendlichen Regenschauer aus. Einer der wenigen Besucher an diesem Abend brachte seine Faszination für den Kreuzgang zum Ausdruck: „Obwohl ich in der Nähe wohne, kannte ich diesen Ort bisher nicht“, sagte Niklas Reder. Er zeigte sich beeindruckt von der malerischen Gartenanlage und der stimmungsvollen Beleuchtung des Kreuzgangs. „Es ist bestimmt schön, sich hier ab und zu mit einem Buch hinzusetzen und zur Ruhe zu kommen“, fügte er hinzu.

Der Kreuzgang gilt nicht nur als Ort der Stille und des Gebets, sondern ist auch Zeitzeuge der menschlichen Baukunst. Seine Arkaden bestehen aus einer Reihe von Säulen, die die Bögen tragen. Die Kapitelle zieren Blumen sowie diverse Tierdarstellungen, die einst Unheil fernhalten sollten. Eine Besonderheit ist die Zwerggalerie – ein Zierelement der romanischen Baukunst – im Obergeschoss des Südflügels.

Biblische Pflanzen im Atrium

Während der umfassenden Sanierung erfuhr auch die Gartenfläche des Atriums eine Neugestaltung. Besonders die biblischen Pflanzen fallen hier ins Auge. Lavendel umgibt den Springbrunnen, Schwertlilien, Kräuter und Hirse schmücken die Wiese. Oleander und Granatapfel wurden in Kübel gepflanzt, um in den Wintermonaten geschützt zu überdauern.

Im Hof des Kreuzgangs finden die verstorbenen Pfarrer der Münsterbasilika ihre letzte Ruhe. Eine Bronzeplatte im Innenhof versiegelt die Gruft. Noch heute zeugen Grabplatten am Boden und an den Wänden von einer reichen Geschichte. Die Bezeichnung "Kreuzgang" rührt wohl von den Kreuzprozessionen her. Auch in Bonn versammelten sich einst Kanoniker und Vikare vor den Gottesdiensten im Kreuzgang, bevor sie in einer feierlichen Prozession die Kirche betraten.

Wer den Kreuzgang betritt, sollte daran erinnert werden, dass Kreuzgänge in der Vergangenheit keineswegs Orte der Stille waren. So nutzten die Mönche und auch die Stiftsherrn im Mittelalter Gang und Hof zur Verrichtung täglicher Arbeiten wie dem Haareschneiden oder dem Flicken von Kleidung und Schuhen.