Munterer Schlagabtausch Bonner OB-Kandidaten diskutieren in der Wahlarena

Bonn · In der Wahlkampfarena von Industrie- und Handelskammer und General-Anzeiger lieferten sich die Oberbürgermeisterkandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linken und Bürger Bund am Mittwochabend zwei Stunden lang einen munteren Schlagabtausch.

„It’s the economy, stupid!“ Vor fast 30 Jahren konnte man mit der zur Schau getragenen Wertschätzung für die Wirtschaftspolitik eines Bill Clinton immerhin noch Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden. Wo sich denn das Thema Wirtschaft in ihren Wahlprogrammen finde, wollte Moderator Helge Matthiesen am Mittwochabend von seinen sechs Gesprächspartnern wissen, für die der große Konferenzsaal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zum Wahlstudio umgebaut worden war. Der gut zweistündige Schlagabtausch zwischen sechs der insgesamt acht Oberbürgermeisterkandidaten auf Einladung von IHK und General-Anzeiger wurde direkt im Internet übertragen.

Kaum war die Sprache auf die Milliardenschulden der Stadt Bonn gekommen, da dröhnte auch schon der erste mächtige Donner über der IHK-Zentrale. Das Zeug zum Menetekel für den weiteren Verlauf des Abends hatte das Unwetter gleichwohl nicht. Derweil erwiesen sich zwei Themen als inhaltliche Schnittstellen, an denen die muntere Debatte immer wieder vorbeikam: Die Infrastruktur und der Verkehr.

Als Amtsinhaber stellte Oberbürgermeister Ashok Sridharan gleich zu Beginn fest, in seiner Amtszeit seien Steuererhöhungen vermieden worden, und dies bleibe sein Ziel. Der „Titelverteidiger“, wie GA-Chefredakteur Matthiesen den OB begrüßte, war nicht ohne weitere Versprechen erschienen: Bis 2025, so Sridharan, sollen demnach alle Dienstleistungen der Verwaltung auch online angeboten werden; zudem werde er sich für ein 365-Euro-Ticket für Busse und Bahnen im regionalen Verbund einsetzen.

Druck auf Sridharan entwickelte vor allem Linken-Kandidat Michael Faber – sei es nun mit dem Hinweis auf eine hohe Ausfallquote bei Bussen und Bahnen, mit dem Ruf nach einer höheren Gewerbesteuer und einer autofreien Innenstadt, der Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes („phantasie- und ideenlose Investorenklötze“) oder mit der Verantwortung für die schmelzenden Erlöse für die Vermarktung der Urban-Soul-Fläche am Bahnhof.

Eher auf konsensuale Lösungen schienen am Mittwoch die Vertreter der vier anderen Parteien zu setzen. Und das, obwohl der Oberbürgermeister soeben seine Redezeit für eine ungewöhnliche Kritik am Bonner Stadtrat genutzt hatte, die er als „Appell“ verpackte: Im Rat nämlich, so Sridharan, würden Projekte gern „von einem Ausschuss in den anderen geschoben“.

Anlass hatte – wieder einmal – die Verkehrspolitik geboten. Deren Probleme, so Lissi von Bülow (SPD), könnten nur regional gelöst werden. Anhand der Beispiele Seilbahn und Melbbadbebauung skizzierte sie ein „Bonner Dilemma“: Viel zu oft laufe man mit ungeklärter Faktenlage in Projekte und wundere sich dann, dass zwischen unterschiedlichen Interessengruppen plötzlich eine „Kriegsstimmung“ entstanden sei. Ein „Umsetzungsproblem“ identifizierte indessen Katja Dörner, Kandidatin der Grünen. Ihr Credo: Diejenigen Verkehrsmittel schützen, die keinen Schmutz machen, den Radverkehr bevorzugen und bei alledem auch die „kleinteilige“ Infrastruktur mit einladenden Sitzbänken und öffentlichen Toiletten nicht vergessen. Auch Christoph Manka (Bürger Bund) sehnt sich nach dem großen Wurf: Die ganze Stadt, sagte er mit Blick auf Wohnen und Handel in der City, müsse „neu gedacht werden“. Gescheite Konzepte von einst, etwa U-Bahn-Bau und Tiefgaragen, schienen in Bonn planerisch heute keine Rolle mehr zu spielen. „Wir müssen uns alle zusammensetzen“, so der Mediziner. Ähnlich sah es Werner Hümmrich (FDP): Man könne die Probleme Bonns nicht gegeneinander, sondern nur miteinander lösen. Leider sei in der Vergangenheit viel Zeit verloren gegangen. Und die Stadt müsse nicht nur für Fahrräder, sondern auch für Autofahrer erreichbar bleiben.

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