Kameras für heikle Situationen Bonner Ordnungsamt geht jetzt mit Bodycams auf Streife

Bonn · Der Bonner Stadtordnungsdienst trägt ab jetzt Bodycams bei Einsätzen. In heiklen und gefährlichen Situationen sollen mit den Aufzeichnungen der kleinen Kameras vor allem Beweise gesichert werden. Das soll für mehr Sicherheit und Deeskalation sorgen – für alle Beteiligten.

 Einsatzleiter Ullrich Forkert präsentiert vor der neuen mobilen Einsatzzentrale die Bodycams des Stadtordnungsdienstes.

Einsatzleiter Ullrich Forkert präsentiert vor der neuen mobilen Einsatzzentrale die Bodycams des Stadtordnungsdienstes.

Foto: Benjamin Westhoff

An einer ohnehin schon ordentlich behangenen schwarzen Weste fällt der kleine dunkle Kasten zunächst nicht weiter auf. Die Mitarbeiter des Bonner Stadtordnungsdienstes und der Gemeinsamen Anlaufstelle Bonner Innenstadt (Wache Gabi) haben auf ihren Streifengängen und bei Einsätzen einiges dabei, ab sofort kommt ein moderner technischer Helfer dazu. Sogenannte Bodycams, wie sie bei der Polizei in NRW bereits seit Längerem gängig sind, sollen das Geschehen im Ernstfall dokumentieren – um die Sicherheit der Ordnungskräfte zu verbessern und vor körperlichen Attacken zu bewahren.

40 Geräte, in den Maßen etwa vergleichbar mit den beliebten GoPro-Kameras, stehen dem Team von Ullrich Forkert zur Verfügung. „Wir können Beweise sichern, wenn unsere Leute bedroht, angegriffen und im schlimmsten Fall sogar verletzt werden“, nennt Forkert, als Sachgebietsleiter verantwortlich für den Stadtordnungsdienst, den erhofften zentralen Effekt. Die Anschaffung tritt ziemlich genau ein Jahr, nachdem der Rat der Stadt Bonn die entsprechenden Mittel bereitgestellt hat, in den Dienstalltag. Für den Chef des Ordnungsdienstes eine verhältnismäßig zügig realisierte Bestellung: „Wir sind froh und dankbar, dass es so schnell ging. Denn wir können dieses Instrument gut brauchen“, sagt Forkert und schiebt eine mutmaßliche Pionierposition nach: „Meines Wissens sind wir in Bonn die ersten in NRW, die Bodycams beim Ordnungsamt einsetzen.“

Mögliche Angreifer sehen sich selbst im Display

Das Kamera-Modell ist eine Wunschbestellung, „hier hatten wir freie Hand“, betont Forkert. Angeschafft wurde ein Gerät, das neben der Aufzeichnung auch eine Art beruhigende Wirkung auf mögliche Aggressoren ausüben soll: Auf einem kleinen Display sieht sich der potenzielle Angreifer selbst, die Bonner Ordnungsbehörde setzt auf einen Effekt von „Selbstabschreckung“. Nach dem Motto: Wer sich dabei beobachtet, wie er zum Angriff ansetzt, hinterfragt sein Handeln womöglich noch und lässt es im besten Fall gut sein.

Wird es dennoch ernst, können die Sicherheitsleute mit einem einzigen Fingerdruck die Aufzeichnung starten. Dies solle passieren, wenn eine Situation die Annahme rechtfertigt, dass eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Einsatzkräfte oder für Dritte vorsieht – so steht es sinngemäß und gültig seit Juli 2021 im Ordnungsbehördengesetz des Landes. In der Regel muss die Aufzeichnung angekündigt werden. Auf mögliche Ausnahmen hat man sich vorbereitet: „Wenn eine Situation von jetzt auf gleich eskaliert, bleibt naturgemäß keine Zeit dazu“, skizziert der Einsatzleiter ein nachvollziehbares Szenario und wirbt vorab für Verständnis, dass dann auf ein „Kamera läuft“ verzichtet werden muss.

Auswertung für Strafverfolgung, ansonsten wird gelöscht

Das Tragen der Bodycams ist übrigens keine Verpflichtung: „Wer will, nimmt sie mit“, sagt Forkert knapp. „Ich werde sicher keinen Druck ausüben“. Die positiven Rückmeldungen aus der Belegschaft lassen ihn allerdings glauben, dass die meisten davon Gebrauch machen werden: „Viele Mitarbeitende haben schon bedrohliche Szenarien erlebt, manche offene Gewalt erfahren, sind sogar verletzt worden. Ich habe vor der Einführung der Kameras oft gehört, dass sie dieses zusätzliche Sicherheitsinstrument als Bereicherung ansehen.“

Das Einschalten der Kameras bleibt ebenso Ermessenssache des Trägers. „Bei Einsätzen in Wohnungen ist eine Aufzeichnung nur bei offensichtlicher Gefahr zulässig, bei öffentlichen Versammlungen ist sie ausgeschlossen.“ Sollten die Aufnahmen zur Verfolgung von Straftaten taugen oder sollten die Gefilmten sie anfordern, werden sie entsprechend ausgewertet, ansonsten wird nach zwei Wochen gelöscht. Der Verantwortliche versichert, dass dies keine einseitige Angelegenheit sei: „Sollte ein Fehlverhalten oder übertriebenes Vorgehen auf unserer Seite liegen, werden wir die Bilder auch in so einem Fall nutzen, um dies zu ahnden.“

Einsatz an bekannten Hotspots mit Konfliktpotenzial

Mit der Überlegung, dass die Präsenz der Kameras im brenzligen Fall auch die Gemüter des städtischen Personals herunterkühlen könnten, mag sich Forkert durchaus anfreunden: „Natürlich soll das Gerät auch das Bewusstsein unserer Streifenteams steigern, sich jederzeit im Rahmen der rund 30.000 Einsätze pro Jahr an die vorgegebenen Verhaltensweisen des Jobs zu halten. Dazu gehört natürlich ein kühler Kopf auch in bedrohlichen Situationen.“

Bei einem routinemäßigen Streifengang an diesem Mittwoch in der Godesberger Fußgängerzone ist von einem derartigen Szenario zunächst einmal nichts zu spüren, die Kameras bleiben entsprechend aus. Stattdessen sind die Ordnungshüter, die immer mindestens zu zweit unterwegs sind, eher mit gefahrlosen Hilfeleistungen der Marke Alltagsprobleme beschäftigt. Anders sieht es mit Blick auf die gerade angelaufenen warmen Monate aus. Wenn es die Menschen nach draußen zieht und bekannte Hotspots wie Hofgarten, Poppelsdorfer Allee oder das Rheinufer zu vielfrequentierten Orten samt bekanntem Konfliktpotenzial werden, dürften die Bodycams spätestens ihre Premiere erleben, glaubt auch Forkert.

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Von GA-Volontärin

Jill Mylonas
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