"Du darfst es niemandem erzählen" Bonner Pädagoge dreht Spot gegen Kindesmissbrauch

Bonn · Der Bonner Pädagoge Hendrik Dahlen will stärker auf das Thema Kindesmissbrauch aufmerksam machen. Dazu hat er einen Spot in Bonn gedreht - und der hat es in sich.

 Szene aus dem Spot gegen Kindesmissbrauch: Henrik Dahlen will damit ein Zeichen setzen.

Szene aus dem Spot gegen Kindesmissbrauch: Henrik Dahlen will damit ein Zeichen setzen.

Foto: Hendrik Dahlen

Der plüschige Teddy hängt wie erschlagen auf der Stuhllehne im Kinderzimmer. „Wunderschön siehst du aus, wie ein kleines Model“, sagt die zuckersüße Männerstimme. „Ob ich dir wohl ein Küsschen geben darf?“ Eine Neonbirne lässt das leere Kinderbett dunkel an der Wand erscheinen. Jetzt geht die Kamera langsam zurück. Der Schatten des Bettes wird immer monströser. „Stell dich nicht so an“, sagt die Stimme jetzt plötzlich mit drohendem Unterton. „Das ist ganz normal, aber du darfst es niemandem erzählen.“ Der Teddy hängt weiter gequält auf der Kante. „Das ist unser Geheimnis“, schwört die Männerstimme im ansonsten leeren Zimmer. Und dann wird diese Stimme bitterböse: „Hör auf, dich zu wehren“, faucht sie. „Sonst tue ich dir weh.“ Womit das Licht ausgeknipst wird und der Spot abrupt endet.

Hendrik Dahlen hat diesen erschütternden Spot gegen Kindesmissbrauch in Bonn gedreht. „Das ist ein Thema, das einen traurig und wütend macht“, sagt Dahlen, der im Hauptberuf seit 2015 das Familienzentrum „Am Stadion“ in Beuel leitet. „Oftmals sind es ja ausschließlich die Grausamkeiten, die den Weg in die Öffentlichkeit finden“, meint Dahlen. Das sei dem Thema aber nicht angemessen.

Mit dem Spot wolle sein Team ein Zeichen setzen. Mit einer Wagenladung Equipment habe er mit Kameramann Ruwan Löhr, Kameraassistent Marcel Meven sowie Techniker Marc ein kleines Filmset geschaffen. Auf Schauspieler hätten sie bewusst verzichtet. „Es sind nämlich nicht die kleinen, schmierigen Männer mit lichtem Haar, die einen Mantel anhaben und in der Hand ein Kuscheltier halten, so wie es in einem Spot mit anderem Kontext gezeigt wurde“, sagt Dahlen. Das seien doch nichts als Stereotypen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmten.

Stadt geht Verdachtsmomenten nach

Und sehe man in Kindertagesstätten, ob Kinder vielleicht Opfer geworden sein könnten? Missbrauch finde körperlich wie psychisch statt, antwortet Dahlen. Spuren dafür könnten körperlich sichtbare Merkmale wie Verletzungen sein, aber auch Verhaltensänderungen des Kindes wie plötzlicher Rückzug oder hohe Aggressivität. „Glücklicherweise ist das nicht Bestandteil der täglichen Arbeit“, seufzt der Pädagoge. Dennoch könnten generell auch in Kindertagesstätten Missbrauchsfälle auftreten. Die entsprechenden Erhebungen berücksichtigten ja oftmals nicht die Dunkelziffer, sondern nur die angezeigten Fälle. Und wer werde im Kindesalter Opfer? „Alter und Geschlecht spielen keine Rolle, ebenso wenig der familiäre Hintergrund“, sagt Dahlen. Denn solange der Täter Macht ausüben könne, ende der Missbrauch nicht.

Die Stadt Bonn habe ein standardisiertes System installiert, mit Verdachtsmomenten umzugehen. Dazu gehörten die Dokumentation und die Zusammenarbeit mit dem sozialen Dienst sowie der Einbezug des Jugendamts. Zudem könne man Hilfe bei ausgebildeten Kinderschutzfachkräften einholen. Die Verwaltung erstelle derzeit ein Kinderschutzkonzept für Kindertageseinrichtungen. In den Einrichtungen selbst gebe es klare Strukturen, die dafür sorgten, „dass solche Situationen gar nicht aufkommen können“. Sein Spot richte sich nun an diejenigen, denen das Thema wichtig sei. „Es ist mitunter schwer auszuhalten und unbequem“, weiß Dahlen. Umso mehr müsse man Menschen sensibel dafür machen, sich klar zu positionieren und nicht wegzuschauen. „Natürlich erhoffen wir uns, dass der Spot zu einer Ausstrahlung ins Fernsehen kommt.“

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