Rettungsdienst soll in Bonner Hände Stadt Bonn will Falck bei Ausschreibung ausschließen

Bonn · Die Stadt Bonn will die Bereichsausnahme im Rettungsdienst durchsetzen. Das würde bedeuten, dass die Rettungswagen wieder ausschließlich von den lokalen Hilfsorganisationen besetzt werden und das Unternehmen Falck bei der nächsten Ausschreibung ausgeschlossen wird.

 In er Beueler Maarstraße bezieht Falck ihre eigene Wache, in der die Krankentransportwagen und ein Ersatzrettungswagen parken. Ab dem 1. Juli stellt Falck die Notfallrettung für die Feuerwache 3 in Bad Godesberg

In er Beueler Maarstraße bezieht Falck ihre eigene Wache, in der die Krankentransportwagen und ein Ersatzrettungswagen parken. Ab dem 1. Juli stellt Falck die Notfallrettung für die Feuerwache 3 in Bad Godesberg

Foto: Nicolas Ottersbach

Die Stadt Bonn spricht sich dafür aus, den Rettungsdienst ab 2023 wieder ausschließlich mit den lokalen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Johanniter, Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und Malteser zu betreiben. Für das Unternehmen Falck, das sich in Bonn eingeklagt hatte und seit 2018 die Rettungswagen der Feuerwache 3 besetzt, wäre die Entscheidung, die der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag berät, ein herber Schlag. Obwohl es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gibt, ist das Auswahlverfahren noch nicht genau geklärt.

Der Streit um den Rettungsdienst in Deutschland dauert nun schon mehrere Jahre. Im Kern geht es darum, dass der internationale Konzern Falck den Hilfsorganisationen Konkurrenz macht. Das war auch 2017 in Bonn so. Damals liefen die Verträge mit dem DRK, den Maltesern, den Johannitern und dem ASB aus. Die Stadt Bonn als Träger der Notfallrettung wollte sie neu vergeben und Falck auf drängen der Politik ausschließen. Grundlage war die sogenannte Bereichsausnahme im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die erlaubt, bestimmte Aufträge ohne Ausschreibung direkt zu vergeben.

Zu diesem Zeitpunkt war aber unklar, ob die Ausnahme überhaupt für den Rettungsdienst gilt. Falck trieb einen Streitfall bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH), der aber erst Anfang 2019 entschied. Die Dänen schalteten zwischenzeitlich die Vergabekammer Rheinland ein, die das Verfahren in Bonn stoppte. Den Antrag der Stadt, das Zuschlagsverbot für die Hilfsorganisationen aufzuheben, schmetterten die Wettbewerbswächter ab. Daraufhin bewarb sich Falck in Bonn und erhielt 2018 den Zuschlag für die Feuerwache 3 in Bad Godesberg für fünf Jahre. Die drei anderen Lose für die Wachen Bonn, Hardtberg und Beuel bekamen ASB, Malteser und DRK. Die Johanniter gingen leer aus.

Das, was der EuGH nun entschieden hat, macht die Bereichsausnahme doch möglich, wichtiges Kriterium ist die Gemeinnützigkeit. „Kreise und kreisfreie Städte können demnach rettungsdienstliche Leistungen weiterhin unter bestimmten Bedingungen ohne europaweite Ausschreibung an gemeinnützige Hilfsorganisationen vergeben“, heißt es vom Innenminsterium NRW, das mit dem Urteil die eigene Rechtsauffassung bestätigt sieht und sogar in einem Erlass die Hilfsorganisationen protegiert.

Dem will die Stadt Bonn folgen. „Die Aufgabenwahrnehmung im Rettungsdienst durch Hilfsorganisationen ist aus Sicht der Stadt Bonn hierbei ein wichtiger Faktor zum Erhalt der Funktionsfähigkeit des Katastrophenschutzes, insbesondere mit Blick auf die Notwendigkeit aufbauender Strukturen bei Großeinsatzlagen und Katastrophen“, sagt Markus Schmitz vom Presseamt. Ob man mit dem Unternehmen Falck unzufrieden sei, wolle man nicht beantworten: „Eine öffentliche Bewertung der Vertragsausführung von einzelnen Leistungserbringern im Rettungsdienst erfolgt durch die Stadt Bonn nicht.“

Allerdings hatte es in der Vergangenheit mehrmals Probleme mit dem Unternehmen gegeben. Es gab Mängel bei der Kleidung der Retter, zudem war es schwierig, genug Mitarbeiter zu finden – was Falck mit der generell angespannten Personalsituation begründete. In Einzelfällen konnten Rettungswagen nicht besetzt werden, was aber durch die Feuerwehr aufgefangen wurde. Zuletzt hatte die Stadt den Leistungserbringern im Rettungsdienst strengere Auflagen gemacht. Nach GA-Informationen wurden Dienstpläne und einzelne Mitarbeiter stärker als bislang üblich überprüft.

„Für uns Hilfsorganisationen ist die Empfehlung ein sehr positives Signal“, sagt Dirk Lötschert vom ASB in Bonn. Wie auch die SPD-Ratsfraktion in ihrem Antrag pochen sie auf eine schnelle Entscheidung, wie die nächste Ausschreibung, die 2023 fällig wird, aussehen soll. „Wir brauchen eine frühzeitige Planung.“ Das senke die Kosten, weil man nicht kurzfristig Retter einarbeiten müsse. Rund 80 Prozent der Ausgaben im Rettungsdienst würden auf das Personal entfallen. „Aber es ist natürlich auch für die Mitarbeiter wichtig, langfristig planen zu können und einen sicheren Job zu haben.“ Letztlich würde das auch die Qualität verbessern. „Wenn man sich in Bonn auskennt und die Kollegen in den Krankenhäusern und bei der Feuerwehr kennt, geht vieles leichter von der Hand.“

Falck möchte die Stadt überzeugen, sich auch an einem erneuten Auswahlverfahren wieder als Anbieter beteiligen können. „Falck ist  gerne bereit, sich in der Stadt Bonn, wie auch in anderen Kommunen und Bundesländern, aktiv am Katastrophenschutz zu beteiligen, wenn dies von der Stadt Bonn gewünscht wird“, sagt Unternehmenssprecher Steffen Windelberg. Unabhängig davon müsse auch ein Verfahren nach Bereichsausnahme strenge formale Regeln erfüllen. „Zum Beispiel im Hinblick auf Chancengleichheit, Transparenz und Auswahlkriterien.“ Außerdem seien nicht nur die Anbieter einzubeziehen, die die formalen Voraussetzungen des EuGH wie die Gemeinnützigkeit erfüllten. „Vielmehr und insbesondere müssen auch alle aktuellen Bestandsleistungserbringer zwingend mit einbezogen werden.“

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