In Deutschland einzigartig Bonner Schlichtungsstelle vermittelt zwischen Bürgern und Stadt

Bonn · Die Bonner Ombudsstelle hilft Bürgern, wenn sie mit einem Bescheid der Stadt nicht einverstanden sind. Solch eine Einrichtung ist in Deutschland einmalig.

 Der Ombuds-Geschäftsstellenleiter Fokko Kruse vermittelt zusammen mit vier ehrenamtlichen Ombudsleuten zwischen Bürgern und Stadtverwaltung.

Der Ombuds-Geschäftsstellenleiter Fokko Kruse vermittelt zusammen mit vier ehrenamtlichen Ombudsleuten zwischen Bürgern und Stadtverwaltung.

Foto: Stefan Hermes

„Dass es eine Schlichtungsstelle zwischen Bürgern und Verwaltung gibt, ist meines Wissens nach einzigartig in Deutschland“, sagte Fokko Kruse, der Leiter der Bonner Ombuds-Geschäftsstelle, Bonner Bürger haben bereits seit 2013 die Möglichkeit, sich an die auf Antrag von CDU und Bündnis90/Die Grünen eingerichtete Ombudsstelle im Alten Rathaus zu wenden, wenn sie mit einem Verwaltungsbescheid nicht einverstanden sind. Kruse prüft daraufhin den Sachverhalt eines beabsichtigten Widerspruchs, ob Aussicht auf Klärung besteht und legt den vier ehrenamtlich tätigen Ombudsleuten auf einer gemeinsamen Internetplattform die Fakten dar, wonach sie sich für eine Vermittlung entscheiden können.

Die vier Ombudsleute haben allesamt Verwaltungserfahrung und sind Anwälte oder ausgebildete Mediatoren, vor deren Engagement „ich meinen Hut ziehe“, so Kruse. Eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 26 Euro ist neben einem Dank für ihre Vermittlungstätigkeit der einzige Lohn für ihren Bürgerbeistand, der jedem, der mit einer Bonner Verwaltungsentscheidung unzufrieden ist, kostenlos zur Verfügung steht.

Bis zu 400 Anfragen erhält der Geschäftsstellenleiter pro Jahr, wovon jedoch nur etwa 60 bis 80 Fälle eine berechtigte Aussicht auf einen Schlichtungserfolg haben. Oft lässt sich bereits im ersten Telefonat klären, dass für den Widerspruch zu einem Bescheid nicht die Stadtverwaltung, sondern zum Beispiel Finanzamt oder Jobcenter zuständig sind. Wobei im Falle des Bonner Jobcenters an deren eigene Ombudsstelle verwiesen werden kann.

Übersetzen von "Beamtendeutsch"

Oftmals sind die Bonner Ombudsfrau und ihre drei männlichen Kollegen damit beschäftigt, das „Beamtendeutsch“, das manchmal sehr kompliziert klingen kann, da es sich um rechtlich haltbare Formulierungen handeln muss, verständlich zu vermitteln. Ein zu hoch erscheinender Abwasser- oder Straßenreinigungsbescheid kann dabei häufig ebenso einvernehmlich geklärt werden, wie ein zu hoch erscheinender Grundsteuerbetrag, von dessen Erhöhung viele verärgerte Bürger vor zwei Jahren erst nach einem Anruf bei der Ombudsstelle erfahren hatten. So kann es in vielen Fällen von Vorteil sein, sich erst einmal an die Ombudsstelle zu wenden, die nicht als Richter zwischen den Parteien auftritt, sondern auf der Suche nach einer Lösung für den Konflikt ist. Oft ist es nach Kruses Erfahrung so, dass man sich an die Ombudsstelle wendet, bevor offiziell eine Klage eingereicht wird.

Da die Ombudsleute mit Einwilligung ihrer Auftraggeber zur Akteneinsicht berechtigt sind und kurzfristig auch zu einem klärenden Gespräch mit den zuständigen Verwaltungsangehörigen kommen können, lässt sich nicht nur die Wahrscheinlichkeit auf den Erfolg einer Klage ermitteln, sondern auch für beide Seiten Kosten und Mühen sparen. „Viele haben durch unser Schlichtungsverfahren vielleicht nicht recht behalten, aber die Sachlage besser verstanden“, freut sich Kruse über den Erfolg seiner Ombudsstelle.

So konnte Bürgern geholfen werden

So konnte zum Beispiel Eltern geholfen werden, deren Antrag auf Schülerspezialverkehr für ihr entwicklungsgestörtes Kind abgelehnt worden war. Bis dahin wurde das Kind vor der Haustür abgeholt und zur Schule gebracht. Es hieß, den nicht berufstätigen Eltern sei zuzumuten, ihr Kind selber auf dem Schulweg zu begleiten. Erst als sich herausstellte, dass sie nicht über die Mittel verfügten, sich ein Monatsticket für den Öffentlichen Nahverkehr zu kaufen, war die Lösung in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt schnell gefunden: Ein dafür rechtlich vorgesehener finanzieller Zuschuss ermöglicht seitdem die Begleitkosten der Eltern.

In einem anderen Fall war einem zu 80 Prozent Schwerbehinderten der Behindertenparkausweis verwehrt worden. Kruse erkannte schon beim ersten Treffen, dass der Mann tatsächlich schwer gehbehindert war. Sein Ausweis bezog sich jedoch auf eine Gesamtbehinderung, wobei der darin enthaltene Anteil der Gehbehinderung nicht für einen Parkausweis ausreichte. Die Empfehlung, sich erneut von einem Arzt begutachten zu lassen, führte dann schnell zu dem notwendigen Ausweis.

„Aufklärende Maßnahmen und Beratungen sind eine wichtige Aufgabe unserer Ombudsstelle. Wir können uns den Luxus leisten, uns viel Zeit für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zu nehmen, wozu eine Verwaltung sonst nicht immer in der Lage ist“, sagt Kruse. Der Geschäftsstellenleiter nehme dabei gerne in Kauf, „lieber ein Gespräch mehr als eins weniger zu führen, da ich nicht nur auf dem Papier bürgerfreundlich sein möchte“.

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