Schulbeginn in Zeiten von Corona Bonner Schüler lernen mit Maske für das Abitur

Bonn · Die Schulen in Bonn sind wieder für Abschlussklassen geöffnet. Wie der erste Schultag für Schüler am Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium und an der Karl-Simrock-Hauptschule in Endenich war, hat der General-Anzeiger beobachtet.

 Auch EMA-Lehrer Stefan Altrock zieht wie einige seiner Schüler eine Maske über Mund und Nase.

Auch EMA-Lehrer Stefan Altrock zieht wie einige seiner Schüler eine Maske über Mund und Nase.

Foto: Benjamin Westhoff

Es ist kurz nach 8 Uhr morgens, als Kilian Minkwitz das Foyer des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums (EMA) betritt. Der 17-Jährige ist einer der ersten Schüler, die am Donnerstagmorgen nach fast sechs Wochen Abstinenz das Schulgebäude wieder betreten dürfen. In den Gymnasien sind das vorerst nur die Abiturienten. Der Schulbesuch ist ihnen – anders als bei den Schülern der Abschlussklassen an Haupt- und Realschulen – freigestellt. Mit unsicherem Blick schaut Kilian sich um. Schulleiterin Simone Bröcker ist sofort bei ihm und zeigt ihm, wie er sich die Hände am Eingang zum Schultrakt, in dem sich sein Klassenraum befindet, desinfizieren muss.

Ein wahrlich ungewohnter Anblick in einer Schule: Hausmeister Gregor Baur hat die Flasche mit dem Desinfektionsmittel, das die Stadt Bonn allen Schulen bereitgestellt hat, auf einen kleinen Tisch vor dem Eingang zum Schultrakt deponiert. Davor hat er auf dem Boden mit Klebeband den Abstand markiert, den die Schüler zueinander einhalten müssen, wenn sie sich die Hände desinfizieren. Noch steht Kilian allein vor dem Tisch. Vorsichtig nimmt er wie vorgeschrieben mit nur einer Hand die Flasche hoch, spritzt einige Tropfen auf die andere Hand und verreibt sie anschließend sorgfältig. „Ja, ich bin froh, wieder herkommen zu dürfen.

In der Schule lernt es sich besser als zu Hause. Dafür zahle ich gerne diesen Preis“, sagt er und zeigt lachend auf die Flasche mit dem stark riechenden Desinfektionsmittel. Eine Schutzmaske wie viele andere seiner Altersgenossen trägt er nicht. Noch nicht. „Wenn es sein muss, mache ich das natürlich auch“, sagt er. Simone Bröcker und ihre Stellvertreterin Vera Wethkamp haben dagegen selbstgenähte Masken über Mund und Nase gezogen. „Wir müssen Vorbild sein“, erklärt Bröcker.

Inzwischen trudeln weitere Schüler ein. Wie in einer E-Mail vorgeschrieben, die die Schulleiterin Anfang der Woche allen Abiturienten zugeleitet hat, betreten sie das Gebäude einzeln. Es geht diszipliniert zu. Charlotte Irmler (19) wartet brav am Eingang, bis sie an den Tisch kann. Die 19-Jährige leidet unter Asthma und war schon vor der Schulschließung längere Zeit krank zu Hause geblieben. Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus hat sie nicht. Sie hat sich einen dicken Schal umgebunden, den sie notfalls auch über Mund und Nase ziehen kann, erklärt sie. „Endlich kann ich wieder persönlich mit meinen Lehrern reden, das habe ich schon vermisst.“ Im benachbarten Schultrakt beginnt in wenigen Minuten für einen Teil der Schüler des Englisch-Leistungskurses bereits der Unterricht mit Kursleiter Stefan Altrock.

Der Lehrer ist noch mit dem Laptop zugange. Per Videokonferenz sollen einige Schüler, die nicht anwesend sein können, zugeschaltet werden. Gerade einmal 20 Laptops, die über eine Kamera verfügen, stehen dem EMA zur Verfügung. „Kreatives Sparmodell“ nennt Bröcker das Unterrichten in Coronazeiten unter besonderer Beachtung der Hygienevorschriften. Bröcker und ihr Team haben einen beinahe generalstabsmäßigen Plan für den „ersten Schultag“ seit Beginn der Coronakrise erarbeitet, bei dem aber trotzdem vieles wie handgestrickt erscheint. Bröcker ist aber nachsichtig mit Stadt und Land: „Wir stehen doch alle in dieser Krise vor einer großen Herausforderung.“ Wie es weitergeht, welche weiteren Schüler kommen dürfen, ist noch unklar. Ihr großer Wunsch. „Ich hoffe, dass wir wenigstens die Zeugnisse persönlich unseren 135 Abiturienten überreichen dürfen.“

Szenenwechsel: In der Karl-Simrock-Hauptschule in Endenich haben Schulleiter Arndt Hilse und seine Kollegen ebenfalls in der Kürze der Zeit alles dafür getan, dass die Schüler die Hygienevorschriften und die Abstandsregeln einhalten können. Rund 30 Schüler der Abschlussklassen müssen seit Donnerstag in der Endenicher Hauptschule wieder büffeln. Noch reicht der Platz in den Schulgebäuden am Burggraben dicke aus, sie in kleinen Gruppen zu unterrichten. Doch was ist, wenn nach und nach mehr Schüler kommen werden? Hilse gibt sich gelassen: „Wir werden sehen“, sagt er. Probleme sieht er allerdings, wenn die Schüler in den provisorischen Containerklassen unterrichtet werden müssen, die wegen der laufenden Sanierung des Altbaus gegenüber der Josef-Strunck-Halle als Ersatzräume errichtet wurden. „Dort haben wir kein Wasser, um uns die Hände waschen zu können.“ Dass Not oftmals erfinderisch macht, beweisen sein Techniklehrer Mümin Dayi und Werkmeister Manfred Moll: Sie haben aus alten Bettenlattenrosten und Plexiglasscheiben Spuckschutzvorrichtungen gebaut, die an den sogenannten Hilfstischen zum Einsatz kommen sollen, wo Lehrer und Schüler sich aus Gründen des Lernens gegenüber sitzen müssen.

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