Öffentlicher Nahverkehr Bonner Stadtwerke schließen weitere Bahn-Pannen nicht aus

Bonn · Die Stadtwerke (SWB) Bus und Bahn wollen nach den Bahnausfällen auf der Linie 61 zwischen Dottendorf und Auerberg weitergehende Notfallpläne erarbeiten und ihren Inspektionsturnus auf den Prüfstand stellen.

Die Pläne sollen genaue Szenarien enthalten, wie der Linienverkehr bei vielen kaputten Bahnen möglichst gut weiterlaufen kann. Dabei wird es auch um die Einpflege von Daten für die Informationstafeln an Haltestellen gehen. Einige Tafeln zeigten an den Ausfalltagen fälschlicherweise Hinweise an, man solle sich an die Taxizentrale wenden. Damit kommt das Unternehmen Forderungen der Fraktionen von Sozialliberalen und SPD nach.

In der vergangenen Woche waren acht von insgesamt 24 Straßenbahnen ausgefallen. Die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Dottendorf konnte nur mit der Linie 62 und der restliche Abschnitt bis Auerberg nur mit Ersatzbussen bedient werden. „Das ist natürlich extrem ärgerlich“, sagte die Geschäftsführerin der SWB-Tochter, Anja Wenmakers, am Donnerstagabend im Planungsausschuss.

Vier der kaputten Bahnen standen schon länger reparaturbedürftig im Depot. In der Nacht zu Mittwoch war dann in der Werkstatt aufgefallen, dass weitere vier Wagen aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Die Radreifen wiesen ein, so Wenmakers, „interessantes Phänomen“ auf. Die Stahlnasen, die in die Schienen hineinragen, würden für gewöhnlich irgendwann länger aufgrund des hohen Bahngewichts.

Dieses Mal durften Bahnen nicht auf die Straße, weil diese Nasen zu kurz waren. Grund könnten laut SWB die schweren Baufahrzeuge sein, die am Hauptbahnhof zu den großen Baustellen fahren. „Bei uns geht Sicherheit vor“, betonte Wenmakers. Zugleich schloss sie aber nicht aus, dass sich eine derartige Situation wiederholen könne. Wie berichtet, stammen die Niederflurbahnen der Linien 61, 62 und 65 aus dem Jahr 1994 und benötigen mittlerweile einen hohen Wartungsaufwand. Sie stehen zwar vor dem Austausch. Allerdings treffen die ersten neuen Bahnen erst 2020 ein.

Kritik an Ratskoalition und Stadtwerke-Führung

Aus Sicht von SPD und Bürger Bund Bonn (BBB) hat die Ratskoalition den Beschluss zur Anschaffung von 26 neuen Bahnen mit Option auf neun weitere unnötig verzögert. Der frühere Geschäftsführer der SWB Verkehr, Heinz Jürgen Reining, habe schon 2014 im Planungsausschuss auf die dringend notwendige Neubeschaffung hingewiesen, so der BBB.

„Es bedurfte letztlich eines Tricks von Herrn Reining, über ein Tüv-Gutachten den schlechten Zustand der Bahnen nachzuweisen“, sagte Marcel Schmitt (BBB). Aus seiner Sicht trügen auch die Aufsichtsräte und die Gesamtgeschäftsführung Verantwortung für den Verzug. Letztlich beschloss der Rat 2017 den Kauf. Bert Moll (CDU) verteidigte die langwierige Entscheidung. „Bei einer Millionen-Investition wie dieser bedarf es ausführlicher Beratungen.“

Der Ankauf war mit 80 Millionen Euro veranschlagt. Nach Auskunft der SWB schätzen Gutachter, dass die 26 neuen Bahnen auf dem Markt derzeit für 65 Millionen Euro zu haben seien. Hansjörg Spielhoff, ebenfalls Geschäftsführer der SWB Bus und Bahn, sagte, die Neuanschaffung ab 2020 sei immer die Zielvorgabe des Unternehmens gewesen. Hintergrund sei ein Leasing-Vertrag für den Kauf der alten Bahnen mit der Bank of New York über eine Laufzeit von 27 Jahren, der erst im vergangenen Jahr ohne Verluste vorzeitig gekündigt werden konnte.

Ähnlich argumentiert auch Klaus-Peter Gilles (CDU), Aufsichtsrat des SWB Gesamtkonzerns. Eine Blockade sieht er nicht: „Im Gegenteil: Der Aufsichtsrat hat mit dem Beschluss zum vorzeitigen Beenden der US-Lease-Verträge in 2016 sogar erst die Voraussetzung geschaffen, die Neubeschaffung der Bahnen auf den Weg zu bringen.“

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