Streit um Position zu Ukraine-Krieg Bonner Studenten kritisieren Guérot für Ukraine-Aussagen

Bonn · Das Bonner Studierendenparlament missbilligt die Äußerungen von Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot zum Ukraine-Krieg. Sie spreche dem Land ihr Selbstbestimmungsrecht ab und schade damit dem Ruf der Bonner Universität.

 Ulrike Guérots steht für Aussagen zum Ukraine-Krieg in der Kritik.

Ulrike Guérots steht für Aussagen zum Ukraine-Krieg in der Kritik.

Foto: Uni Bonn

Das Studierendenparlament der Bonner Universität will die Bonner Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot dazu anhalten, sich nicht mehr so zum Ukraine-Krieg zu äußern, wie sie es am 3. Mai in der Sendung „Viertel vor Acht“ von Bild TV getan hat. Wie der Sprecher der Juso-Hochschulgruppe, Fabian Albrecht, dem GA mitteilte, habe das Parlament, das aus sieben Fraktionen besteht, einen entsprechenden Antrag auf Albrechts Initiative hin einstimmig beschlossen.

In der Begründung heißt es, Guérot habe Cicero mit den Worten zitiert, der ungerechteste Frieden sei besser als der gerechteste Krieg. „Mit dieser Aussage streitet sie der Ukraine ihr völkerrechtliches Selbstbestimmungsrecht ab und impliziert, die Ukraine müsse sich ergeben.“ Zudem habe Guérot behauptet, es sei völkerrechtlich strittig, ob die Lieferung schwerer Waffen Deutschland zur Kriegspartei mache. Völkerrechtler der Universität Bonn hätten das widerlegt. Die „unfundierten“ Aussagen der Professorin seien zwar von der Meinungsfreiheit geschützt, aber einer Inhaberin des Lehrstuhl Europapolitik nicht angemessen. Sie schadeten dem Ruf der Uni. Der Antrag enthält deshalb die Aufforderung an Guérot, solche Aussagen künftig zu unterlassen.

Guérot nicht das erste Mal in der Kritik

An der moderierten, knapp eine Stunde dauernden Sendung nahmen außer Guérot der Journalist Hendryk M. Broder, die ehemalige Sprecherin der AfD, Frauke Petry, und der Berlin-Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, Alexander Kissler, teil. In der Runde sagte Guérot, sie habe den offenen Brief an den Bundeskanzler unterzeichnet, in dem unter anderem Alice Schwarzer vor einer Eskalation und einem atomaren Weltkrieg warnen. In der Runde ist zu hören, dass die Professorin zwar Cicero zitiert, aber nicht explizit das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine infrage stellt, sondern bemerkt: „Jede Eskalation ist unvertretbar.“ Auch bezieht sie ihre Aussage, dass möglicherweise Völkerrecht gebrochen werde, nicht auf die Lieferung schwerer Waffen durch Deutschland. Völkerrechtlich strittig sei aus ihrer Sicht, ob Deutschland ukrainische Soldaten ausbilden dürfe. Sie frage sich auch, welches strategische Ziel Deutschland verfolge. Ein Beitritt der Nato oder ein Eintritt in die EU, den die Hälfte der Ukrainer vor acht Jahren ablehnten, sei unrealistisch. „Es wird zu viel gesprochen über den Krieg und zu wenig über den Frieden.“

Für Guérot ist es nicht das erste Mal, dass sie in die Kritik gerät. Wie berichtet, haben ihr nicht nur Studenten in den sozialen Netzwerken heftige Vorhaltungen gemacht, weil sie die Verhältnismäßigkeit der Corona-Politik in vielen Punkten infrage stellte. Was den nun beschlossenen Antrag des Studierendenparlaments anbelangt, zeigte sich Guérot auf Nachfrage „wirklich irritiert“. Zu ihren Aussagen in der Sendung stehe sie nach wie vor. „Für Gespräche stehe ich immer zur Verfügung, aber diesen Versuch der Wortkontrolle ist inakzeptabel.“

Die Universität antwortete auf die Frage, wie sie zu den Aussagen Guérots steht, allgemein: „Wissenschaftler*innen äußern sich im Rahmen der im Grundgesetz garantierten Wissenschaftsfreiheit. Individuelle Aussagen spiegeln keine Positionen der Universität Bonn wider.“ Beschwerden von Studenten im Zusammenhang mit Meinungsäußerungen der Professorin seien dem Rektorat vor allem aus den sozialen Medien und aus E-Mails bekannt. Der Beschluss des Studierendenparlamentas artikuliere, so Uni-Sprecher Andreas Archut, die Haltung des höchsten Repräsentationsorgans der Studierendenschaft. Er habe keine unmittelbaren Folgen für Guérot.

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