Ohne Worte Bonner Stummfilmfestival endet diesen Sonntag

Bonn · Das Bonner Stummfilmfestival gilt bei Cineasten, Musikern und Publikum als magisch. Diesen Sonntag, 25. August, endet das elftägige Festival.

 Harfenistin Elizabeth-Jane Baldry wartet auf ihren Einsatz beim Internationalen Stummfilmfestival in Bonn. Baldry ist wahrscheinlich die einzige ihres Fachs, die frühe Filme solistisch und improvisatorisch begleitet.

Harfenistin Elizabeth-Jane Baldry wartet auf ihren Einsatz beim Internationalen Stummfilmfestival in Bonn. Baldry ist wahrscheinlich die einzige ihres Fachs, die frühe Filme solistisch und improvisatorisch begleitet.

Foto: Thomas Kölsch

Langsam breitet sich der Schleier der Nacht über Bonn und der Universität aus. Nach und nach verblassen die Lichter, bis nur noch ein immer dunkler werdendes Blau zwischen den Türmen des ehemaligen Kurfürstlichen Schlosses hindurch schimmert, und selbst das wechselt irgendwann zu Schwarz. Inmitten der Dämmerung scheint eine andere Art von Licht durch den Arkadenhof des Hauptgebäudes und erweckt unhörbare Protagonisten zum Leben, begleitet von perlenden Harfentönen.

Ein typischer Abend bei den internationalen Stummfilmtagen, die zum 35. Mal Klassiker des Kinos auf die Leinwand bringen. Heimlich, still und leise hat sich das vom Förderverein Filmkultur Bonn organisierte Festival zur größten und wichtigsten Veranstaltung seiner Art in Deutschland entwickelt, mit einer Strahlkraft weit über die Landesgrenzen hinaus.

An diesem wie auch an jedem anderen Abend seit dem Start am 15. August ist die Stimmung gelöst. Bis zu 1500 Besucher können im Innenhof Platz nehmen, in der Regel ist es zumindest gut gefüllt. Selbst als es an einem Tag durchgehend regnete, kamen etliche treue Seelen. „Wir hatten etwa 600 Menschen hier – das toppt alles, was man sich als Veranstalter vorstellen kann“, schwärmt Sigrid Limprecht vom Förderverein.

Kulisse der Vorführungen macht es speziell

Das Wetter spielte natürlich noch eine Rolle, sei aber nur eines von vier Beinen, auf denen das Festival steht. „Die Filme, die Musik und die besondere Kulisse sind für das Publikum inzwischen mindestens genau so wichtig“, sagt Limprecht. Das bestätigen Sylvia Dachsel und Annette Hübbers, die seit einigen Jahren regelmäßig zu den Vorführungen kommen. „Wir gehörten zu jenen, die dem Regen getrotzt haben, und es war einfach toll“, sagen sie stolz. „Man sollte halt für alle Fälle eine Jacke dabei haben, dann kann nicht viel passieren.“

Das Angebot sei es auf jeden Fall wert. „Und die Musiker sind fantastisch“, lobt Dachsel. „Ich finde es unglaublich, dass wir all das kostenlos erleben können – ich hoffe, das wenigstens viele Spenden zusammenkommen. Immerhin würden wir ansonsten ja auch etwas bezahlen.“ Tatsächlich gilt der freie Eintritt in der Szene als Privileg. „Ich liebe es, dass die Filmkunst auf diese Weise für die breite Öffentlichkeit erlebbar gemacht wird“, erzählt die britische Harfenistin Elizabeth-Jane Baldry, die an diesem Abend einen kurzen Trickfilm und schließlich „Peter Pan“ solistisch begleiten wird.

Bonner Stummfilm-Publikum ist schnell zu begeistern

„Ich habe schon bei verschiedenen Stummfilmfestivals gespielt, aber keines war gleichzeitig so groß und so magisch wie das hier in Bonn“, schwärmt Baldry. Eine Einschätzung, die auch Pianist Richard Siedhoff teilt. „Ich organisiere und kuratiere eigene Stummfilmtage in verschiedenen Städten und weiß daher, wie schwer es mitunter ist, die Bevölkerung zu begeistern.“

Das gelinge in Bonn immer wieder, und zwar offenbar mühelos. „Als ich vor einigen Jahren das erste Mal hier auftrat, war dieser besondere Rahmen für mich eine große Herausforderung, weil ich erst einmal herausfinden musste, wie das Publikum und der Hof atmen“, sagt Siedhoff. „Inzwischen empfinde ich es aber als familiär – und gleichzeitig kann man sich als Musiker auch mal etwas trauen, darf atonal werden und experimentieren, wenn es dem Film dient. Das Publikum macht all das mit.“

2020 wird das Festival wegen Beethoven-Jubiläum erweitert

Generell braucht es eine gewisse Neugier, um sich das Stummfilmfestival zu erschließen. Doch die wird am Ende belohnt. „Ich habe hier im Innenhof vor zwei Tagen zum allerersten Mal einen Stummfilm gesehen und war total überrascht, wie unterhaltsam der war“, gesteht Nicolas von Kalm. „Eine Freundin hat mich darauf aufmerksam gemacht, mit ihr treffe ich mich auch heute wieder. Und wahrscheinlich werde ich noch ein drittes Mal wiederkommen.“ Ein weiterer Fan, der vermutlich auch im kommenden Jahr wieder in den Arkadenhof pilgern wird.

2020 werde das Stummfilmfestival sogar zu Ehren des 250. Geburtstags Ludwig van Beethovens erweitert, verrät Sigrid Limprecht. „Wir werden zusätzlich zum regulären Programm drei Filme zeigen, die einen Bezug zu seinem Leben haben“, sagt sie. „Dabei geht es nicht um Biographien, sondern um bestimmte Themen, die Beethoven intensiv beschäftigt haben. So gelingt uns hoffentlich ein Brückenschlag zum Jubiläum, während wir gleichzeitig unser erfolgreiches Konzept fortführen werden.“

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