Bonner Köpfe Bonnerin Alexandra Geese zieht ins EU-Parlament

BONN · Die Kessenicherin Alexandra Geese sieht die Digitalisierung als eine Schwerpunktaufgabe. Die Grüne kandidierte erfolgreich bei der Europawahl und zieht über Listenplatz 17 ins Parlament ein.

 Grünen-Kandidatin Alexandra Geese,

Grünen-Kandidatin Alexandra Geese,

Foto: Benjamin Westhoff

Alexandra Geeses Gespür für Ungerechtigkeiten reicht weit zurück. Mit sieben oder acht Jahren schreibt sie an den Minister, dass ihr Tierversuche nicht in den Kram passen. Lange passiert nichts, dann kommt die Antwort. „Ein dickes Paket mit Unterlagen, aber natürlich hat das nichts daran geändert, dass die Regierung Tierversuche weiterhin zugelassen hat.“ Doch immerhin: Die Politik regt sich, obwohl es ein kleines Mädchen ist, das sich zu Wort meldet. Das habe sie beeindruckt.

Nun ist die 50-jährige Mutter von drei Töchtern selbst Teil der Politik geworden. Die Grüne kandidierte erfolgreich bei der Europawahl und zieht über Listenplatz 17 ins Parlament ein – mit einem bemerkenswerten Ergebnis: Fast 32 Prozent der Bonner wählten Geeses Partei. In Kessenich, wo sie mit ihrer Familie lebt, waren es 40 Prozent.

Das ist insofern erstaunlich, zumal Geese den Grünen erst vor neun Jahren beigetreten ist. Nachdem sie ihr Abitur am Friedrich-Ebert-Gymnasium abgelegt und zuvor das Helmholtz-Gymnasium besucht hatte, ging sie 1987 nach Italien. Dort absolvierte sie eine Ausbildung zur Dolmetscherin und studierte Politikwissenschaften. „Eine politische Heimat habe ich dort nicht gefunden“, sagt sie.

Doch angespitzt war sie schon in jungen Jahren für das, was die frühere Bundeshauptstadt in einem gewichtigen Kern ausmachte: das Politische. Auf dem Hofgarten nimmt sie als Jugendliche an der Friedensbewegung teil und demonstriert gegen den Nato-Doppelbeschluss. Später, in Italien, organisiert sie mit anderen Müttern eine Betreuung für die Kinder. Sie wollte immer, sagt sie, das Schicksal in die eigene Hand nehmen.

Brüssel kennt Geese aus dem Effeff. Und auch das Parlament wird sie ohne Weiteres finden, wenn sie ihr Büro in Belgiens Hauptstadt bezieht. Als Dolmetscherin übertrug sie in den vergangenen Jahren Reden der Politiker im Auftrag des parlamentarischen Sprachendienstes ins Deutsche, vornehmlich aus romanischen Sprachen.

Kommunikation ist ihr Geschäft. Nicht immer funktioniere der Austausch zwischen der Politik in Brüssel und den Bürgern vor Ort optimal, räumt Geese ein. Das will sie ändern. Eine Vermittlerin sein in stürmischen Zeiten, in denen rechtspopulistische Parteien Zulauf bekommen. Den Kampf gegen den Klimawandel sieht die Kessenicherin als größte Herausforderung der kommenden Jahrzehnte. Bewegungen wie Fridays for Future zeigten, wie sehr dieses Thema gerade den jungen Menschen auf den Nägeln brenne.

Geese verweist aber auch auf einen weiteren Schwerpunkt ihrer künftigen Arbeit als Europaparlamentarierin: die Gestaltung des digitalen Wandels. Die Frau der vielen Sprachen sieht im Aufbau einer europäischen Kommunikationsplattform eine dringende Notwendigkeit, um den Austausch der Kulturen über nationale Grenzen hinaus zu ermöglichen und auf diskriminierungsfreie Algorithmen zurückzugreifen. Und die großen Digital-Unternehmen müssten einen größeren Steuerbeitrag leisten als das bisher der Fall sei, findet Geese. Gerade ist sie dabei, ihr Büro in Straßburg einzurichten. Die konstituierende Sitzung der EU-Parlaments steht noch aus, ebenso wie die Verteilung der Facharbeit.

Die Serie: Eine Stadt ist so vielfältig wie die Menschen, die hier wohnen und arbeiten, lernen und kreativ sind. In der Serie „Bonner Köpfe“ porträtieren wir diese Menschen und erzählen ihre Geschichte.

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