Sitzgelegenheiten in Bonn Bonns kleine Schwestern sind gastfreundlich

Bonn · Bonn ist nicht New York, Bonn ist schon gar nicht Florenz, Bonn ist nicht einmal Wyk auf Föhr. Egal ob an der schönen Promenade auf der nordfriesischen Insel oder auf dem Plätzchen direkt auf dem Broadway/East 23rd Street neben dem Madison Square Park - andere Städte bieten ihren Bewohnern und Besuchern Plätze zum Verweilen.

Und zwar mit Bänken, mit Tischen und Stühlen. Die Städte laden die Menschen ein, sich zu setzen, sich zu treffen und miteinander ins Gespräch zu kommen. In Bonn ist das eben anders.

Denn Bänke ziehen Leute an, die es sich womöglich zu bequem machen wollen. Daher verzichtet man beispielsweise auf den wenigen Bänken auf dem Marktplatz auf eine Lehne. Man muss den Kaufhäusern in der Umgebung schon dankbar sein, dass sie vor ihren Schaufenstern Podeste anbringen ließen, worauf sich ein wenig rasten lässt. Natürlich sind das keine Sitzgelegenheiten, und es ist auch überaus tolerant von den Geschäftsleuten, dass sie die Menschen nicht verjagen.

Aber es geht bei den Plätzen ja nicht nur darum, dass sich Senioren mal ausruhen können oder eine Familie eine kurze Verschnaufpause einlegt. Öffentliche Plätze sind deswegen ungemein wichtig für eine Stadt, weil sie die Visitenkarte einer Stadtgesellschaft sind. Sie sind der Ort, wo eine Stadt ihr wahres Gesicht zeigt. Öffentliche Plätze sind Orte der Identifikation, hier spiegeln sich lokale Geschichte, Kultur und regionale Eigenarten wider.

Wer an den schönen lauen Abenden am Beueler Rheinufer spazieren geht, versteht, was ich meine. Überall sind Gruppen von Menschen allen Alters. Studenten, Jugendliche, Familien bringen ihre Getränke mit, ein paar Knabbereien. Man flaniert ein wenig, lässt sich nieder im Gras, auf den Stufen des Rondells oder rund um das wunderschöne Plätzchen ohne Namen am italienischen Restaurant Canal Grande. Das nennt man Leben.

Es geht auch darum, etwa jungen Leuten, die nicht das Geld haben, jeden Tag in eines der zahlreichen Cafés zu gehen, Treffpunkte zu bieten. Wo, wenn nicht auf öffentlichen Plätzen sollten sich denn Teenager treffen? Die Rheinaue, aber auch viele Orte am Beueler Rheinufer haben sich längst als großartige Treffpunkte etabliert. Doch solche Orte muss es auch in der Innenstadt geben. Denn durch das Zentrum bekommt eine Stadt erst ihr individuelles Gesicht. Doch die gastfreundliche Rolle dieser Stadt wird nicht von ihrer Mitte übernommen, sondern von ihren kleineren Geschwistern.

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