Fight4Peace Boris Barschow boxt für eine Journalisten-Schule in Afghanistan

BONN/HAMBURG · Wie reagieren Sie, wenn Ihnen jemand sagt, er „kämpfe für den Frieden“? „Nur so ‘n Spruch“, denken Sie vielleicht spontan. Nicht für Boris Barschow. Leichtfüßig tänzelt er hin und her. Schweißtropfen rinnen ihm von seiner Stirn. Die Fausthandschuhe dicht am Kopf. Dann eine Schlagkombination Richtung Sandsack. Zack, zack! Sein weißes Sweathshirt ist durchnässt – zeigt aber, worum es dem 46- Jährigen geht: „Fight4Peace“ steht da geschrieben. „Kämpfe für den Frieden.“

 Die 2013er „Dyna Fat Bob“ im Wert von 15.000 Euro, präsentiert beim Übungsboxen am 5. Oktober zwischen Boris „The stinging Hornet“ Barschow (rechts) und Christoph „Teegetier“ Teege (links, Champion von Stefan Raabs „World-Quizboxing-Association“). In der Mitte Trainer Rüdiger May.

Die 2013er „Dyna Fat Bob“ im Wert von 15.000 Euro, präsentiert beim Übungsboxen am 5. Oktober zwischen Boris „The stinging Hornet“ Barschow (rechts) und Christoph „Teegetier“ Teege (links, Champion von Stefan Raabs „World-Quizboxing-Association“). In der Mitte Trainer Rüdiger May.

Foto: Boris Barschow

Für Boris Barschow eine Passion, mit der er in Kürze Großes erreichen will. Wir sind im „Maylife-Boxclub“ in Köln, wo er täglich trainiert. Schon seit über 12 Monaten. Muss er auch – für sein Herzensprojekt: Er will die erste unabhängige Journalistenschule in Afghanistan aufbauen. „Der Jugend dort muss die Möglichkeit gegeben werden, sich durch Bildung mehr Gehör verschaffen zu können“, so Barschow. Dafür muss er gegen den amtierenden WBO-Intercontinental-Meister in den Box-Ring steigen.

Und der in Hamburg lebende afghanisch stämmige Hamid Rahimi machte ihm bereits klar, dass er sich auf die Begegnung schon sehr freue – um ihm eine dicke Lippe zu verpassen! Doch der Reihe nach: Ein Jahr ist es her, da suchte Boris Barschow, Redakteur beim Bonner Sender Phoenix, im Internet nach Geschichten für sein „Afghanistan-Blog“ . Dabei stieß er auf einen Livestream: Er sah plötzlich in Echtzeit zu, wie Hamid Rahimi in Kabul um den WBO-Interconti-Titel kämpfte.

Rahimi selbst war es, der den ersten Profikampf seit über 30 Jahren unter dem Motto „Fight4Peace“ in das kriegsgeschundene Afghanistan holte. Und ringsherum 4000 Zuschauer: Angehörige verschiedenster Ethnien, die sich eigentlich seit Jahrzehnten gegenseitig bekämpfen. Aber hier sind sie friedlich beisammen und jubeln frenetisch ihrem Volkshelden Rahimi zu. Für den Vielvölkerstaat Afghanistan eine Sensation.

Barschows Dokumentation "Salam Alaikum Kabul - Die Zukunft Afghanistans"

Genau die richtige Geschichte für Barschows „Afghanistan-Blog“, dessen Anliegen es gerade ist, von den unzähligen kleinen Hoffnungsschimmern dieses Landes zu berichten. Und hier kommt Barschow die Idee: Er wird Rahimi für eine Charity-Box-Gala herausfordern – für eine Journalistenschule in Afghanistan. Und Rahimi? Der nahm sofort an. „Frieden durch Sport“ heißt die Devise des 30-Jährigen, der sich selbst für seine Heimat sozial engagiert. Und so steigt also der Kampf.

Schon sehr bald: Am 15. November werden die beiden in Hamburg „für den Frieden kämpfen“. Der Wahl-Bonner Barschow setzte seitdem vieles in Bewegung. Zunächst einmal brauchte er einen Trainer, der ihn einigermaßen auf Wettkampf-Niveau bringt. Er gewann hierfür den ehemaligen Deutschen Meister und Europameister Rüdiger May, der den Maylife-Boxclub zusammen mit seinem Bruder und Olympiasieger Thorsten May betreibt.

„Boris ist komplett wahnsinnig. Es wird Monate dauern ihn einigermaßen in Form zu bringen, aber das Projekt ist es wert“, so May. Und niemand geringeres als „Der Gentleman“ Henry Maske, der May und Barschow beim Training in Köln einen Besuch abstatte, schwor den Box-Debütanten auf einen harten Kampf ein: „Ich wünsche Ihnen die größtmögliche Unterstützung - die werden sie brauchen“ und fügte schmunzelnd hinzu, dass er hofft, dass er „einen ganz gefühlvollen Gegner“ haben wird.

[kein Linktext vorhanden]Für Boris Barschow wird es aber wohl dennoch kein Kampf um Leben und Tod: Der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) wird für den Kampf neben Ring- und Punktrichtern auch einen Arzt stellen – unentgeltlich. Ebenso kann der Austragungsort, die Messe Schnelsen in Hamburg, gebührenfrei genutzt werden. Der Kampfabend, der im afghanischen TV zu sehen sein wird, wartet zudem mit einem Highlight auf: Der Motorradbegeisterte Barschow hat Harley Davidson für sein Projekt gewinnen können.

Für die zu gründende Journalistenschule stiftet die Kult-Motorradschmiede eine Maschine im Wert von über 15.000 Euro. Diese soll im Anschluss an die Box-Gala versteigert werden. „Wie kein anderer Hersteller steht unsere Marke für Freiheit“, so Marketing Direktor Frank Klumpp, „es lohnt sich, für sie einzutreten.“

Außerdem hat Barschow die in Bonn ansässige Deutsch-Afghanische-Universitäts-Gesellschaft e.V., auf seiner Seite: Der Verein hat 5000 Euro für die Schule bereitgestellt. „Es muss gelingen, der Jugend durch Bildung Selbstvertrauen zu vermitteln, denn ohne die ist das Land verloren“, so der Präsident der DAUG, Professor Andreas Dittmann.

Die Übergabe der 2013er Harley Davidson "Dyna Fat Bob" an das Projekt "Fight4Peace"

Gold wert ist außerdem für die angehenden Studenten in Kabul die Patenschaft der renommierten Deutschen Journalistenschule in München (DJS), deren Absolvent Barschow ist. Sie wird die erste Jahrgangsklasse Kabuls nach Deutschland an die Schule holen. „Wenn wir mit unserem Ausbildungskonzept den Aufbau von Qualitätsjournalismus in Afghanistan unterstützen und damit einen Beitrag zur Entstehung einer demokratischen Gesellschaft leisten können, tun wir das gerne, so der Schulleiter der DJS Jörg Sadrozinski.

„Mit diesen Partnern im Rücken hoffen wir, dass weitere Unterstützer überzeugt werden, diesem Projekt Leben einzuhauchen“, so Barschow, und ergänzt: „Gut unterhalten fühlen werden sie sich auf jeden Fall: Es wird unter anderem einen Vorkampf geben, Live-Musik wird gespielt und anstatt des Offiziellen Wiegens werden Rahimi und ich im Rahmen einer Pressekonferenz für Fragen zur Verfügung stehen.“

Barschow reiste unzählige Male nach Afghanistan, entweder zog es ihn als Bundeswehrsoldat dorthin – er war Chefredakteur der NATO-Zeitung „Sada-e Azadi Newspaper“ („Stimme der Freiheit“) in Kabul, oder als Zivilist und Reporter für Phoenix, für die er eine Doku drehte.

Für die Afghanen will er mit diesem Projekt etwas Bleibendes schaffen: „Wenn Ende 2014 die Internationale Schutztruppe dieses Land verlässt, sollen die Menschen die Möglichkeit bekommen sich mithilfe einer freien Presse informieren zu können.“

Mehr Informationen zu „Fight4Peace“: www.fight4peace.afghanistan-blog.de. Tickets für den Kampf erhalten Sie unter anderem auf www.funke-ticket.de.

Die Kontrahenten

Hamid Rahimi

Der 30-jährige Profi-Boxer kam 1994 als Flüchtling nach Deutschland. Aufgewachsen ist er in Hamburg, wo er bis heute lebt. 2010 war Rahimi PABA Asienmeister und GBC Weltmeister.

Am 30. Oktober 2012 in Kabul, im ersten Profiboxkampf Afghanistans seit 30 Jahren, errang er im Kampf gegen Said Mbelwa aus Tansania die vakante intercontinentale WBO-Meisterschaft im Mittelgewicht durch technischen KO in der 7. Runde. Seine Bilanz bisher: 20 Siege aus 21 Kämpfen. Im September wurde seine Autobiografie veröffentlicht.

Boris Barschow

Der Journalist wurde 1967 in Hamburg geboren. Er ist Chef vom Dienst beim Bonner Sender „Phoenix“. 2010 verlieh ihm das Kulturforum Europa den „European Tolerance Award“. Die Laudatio hielt Wolf von Lojewski, der ehemalige Moderator von „Tagesthemen“ und „heute journal“. Für letztere Sendung arbeitete Barschow 8 Jahre.

Drei Mal zog es ihn seit 2007 als Oberstleutnant der Reserve nach Afghanistan. Über diese Erlebnisse schrieb Barschow ein Buch ("Kabul, ich komme wieder"). 2012 drehte er die Dokumentation "Salam Alaikum Kabul – Die Zukunft Afghanistans".

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