Einbrecher in Bonn Brutale Attacken bleiben Einzelfälle

BONN · Das Mittagessen war gegessen, die Küche wieder aufgeräumt. Die 88-Jährige freute sich auf ihre wohlverdiente Mittagspause und wollte es sich in ihrer Wohnung in Beuel gerade gemütlich machen. Doch ihre Ruhe wurde jäh unterbrochen. Vollkommen unerwartet standen ihr plötzlich zwei Einbrecher gegenüber und bedrohten sie.

 Ein Einbrecher versucht, mit einem Stemmeisen ein Fenster aufzuhebeln (nachgestellte Szene). Für die Opfer ist der Einbruch schon schlimm. Noch verheerender aber ist es, wenn die Täter vor einem stehen und einen bedrohen oder gar Gewalt anwenden, wissen Opferhilfe-Experten.

Ein Einbrecher versucht, mit einem Stemmeisen ein Fenster aufzuhebeln (nachgestellte Szene). Für die Opfer ist der Einbruch schon schlimm. Noch verheerender aber ist es, wenn die Täter vor einem stehen und einen bedrohen oder gar Gewalt anwenden, wissen Opferhilfe-Experten.

Foto: dpa

Die Maskierten raubten nicht nur Schmuck und Geld, sondern sie nahmen auch einen Safe mit. Das Schlimmste allerdings: Sie verletzten die Bewohnerin, die anschließend in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Neben den körperlichen Blessuren muss die Seniorin jetzt auch mit den psychischen Folgen eines solch traumatischen Erlebnisses fertigwerden.

Fast täglich verzeichnet die Polizei in Bonn und der Umgebung Einbrüche in Häuser und Wohnungen. Allerdings gab es in letzter Zeit immer wieder Delikte, bei denen die Täter brutal vorgingen und ihre Opfer teilweise mit Waffengewalt bedrohten. Hat die Gewaltbereitschaft zugenommen? "Das sind Einzelfälle", erklärt Polizeisprecherin Daniela Lindemann. Denn in der Regel seien Einbrecher sogenannte Fluchttäter. "Das heißt, sie spähen ein Objekt aus, wollen eine Konfrontation mit Betroffenen vermeiden, schnelle Beute machen und dann wieder flüchten."

Mit einer Schusswaffe bedroht wurde beispielsweise eine 73-Jährige in Bonn. Sie hatte Geräusche auf ihrer Terrasse gehört und wollte nachsehen. Als sie die Tür geöffnet hatte, standen ihr drei Männer gegenüber, die sie mit einer Schusswaffe massiv bedrohten und Bargeld verlangten. "Dabei handelt es sich nicht mehr nur um einen Einbruch, sondern um Raub", so Daniela Lindemann.

Schnell gefasst wurde hingegen der Täter, der in Friesdorf ebenfalls einen älteren Mann mit einer Waffe bedroht hatte und mit Schmuck und Bargeld flüchtete. Der 84-Jährige rettete sich, indem er sich in ein Zimmer einschloss. Damals setzte die Polizei auch einen Hubschrauber für die Fahndung ein. Nur vier Tage nach dem spektakulären Raubüberfall wurde der 38-Jährige in der Bonner City festgenommen, als er versuchte, Teile der Beute zu verkaufen. Mittlerweile sitzt er in der Justizvollzugsanstalt. Die Polizei hat zudem Hinweise, dass der 38-Jährige für weitere Einbrüche verantwortlich ist.

Werden Senioren gezielt von Einbrechern ausgewählt? "Das können wir nicht bestätigen", so die Polizeisprecherin. Es sei eher Zufall. Denn Senioren seien oftmals zu Hause, wenn die Täter in eine vermeintlich leere Wohnung einstiegen. Und: Hinter diesen brutalen Raubüberfällen steckt offenbar keine Bande. "Wir gehen davon aus, dass es sich um verschiedene Täter handelt", so Daniela Lindemann.

Auch wenn mit Beginn der dunklen Jahreszeit die Zahl der Einbrüche wieder gestiegen ist, so verzeichnet die Bonner Polizei für 2014 insgesamt einen Rückgang der Fallzahlen. Genaue Angaben werden bei der Vorstellung der Kriminalstatistik in der ersten Märzhälfte gemacht. Damit sich die positive Entwicklung fortsetzt, ist die Bekämpfung der Wohnungseinbrüche weiterhin Schwerpunkt der Polizeiarbeit. "Ob bei den kriminalpolizeilichen Ermittlungen, der Spurensicherung, Umfeldbefragungen und Schwerpunktkontrollen zur Verhinderung und Aufklärung dieser Straftaten - wir werden weiterhin so viel Personal einsetzen wie in keinem anderen Deliktsfeld", so die Polizeisprecherin.

Fenster und Türen werden nach einem Einbruch unverzüglich repariert und meist zusätzlich gesichert. Auch das Chaos in den eigenen vier Wänden ist mit Hilfe und Unterstützung von Freunden und der Familie schnell beseitigt. Aber reicht das aus? "Nein", meint Klaus Holtz vom Weißen Ring in Bonn ganz klar. Wer so etwas erlebt habe, sei traumatisiert und brauche dringend Hilfe. "Solch einen gravierenden Einschnitt in die Privatsphäre kann man nicht einfach vergessen", weiß der Experte für Opferhilfe nur allzu gut. Er rät jedem Betroffenen, sich professionelle Hilfe zu holen. "Wir vermitteln zeitnah Kontakte zu Psychologen und Therapeuten", so Klaus Holtz. Denn nur so könne man das Erlebte aufarbeiten und allmählich wieder Vertrauen aufbauen. Allerdings registriert Klaus Holtz, dass sich nur sehr selten Opfer von Haus- oder Wohnungseinbrüchen bei ihm melden. "Auch wenn viele ihre Angst einfach verdrängen, kann ich nur jedem Betroffenen raten, sich Experten anzuvertrauen."

Mitarbeiter des Weißen Rings sind unter Tel. 0228/71036097 zu erreichen.

Polizei: Auf keinen Fall den Helden spielen

Wer einen Einbrecher in seiner Wohnung überrascht, der sollte eine Konfrontation mit dem Täter unbedingt vermeiden. "Auf keinen Fall den Helden spielen", appelliert Polizeisprecherin Daniela Lindemann. Lärm und Licht seien die ersten Maßnahmen, um auf sich aufmerksam zu machen. "Die Opfer sollten sich bemerkbar machen, laut rufen, Licht einschalten und so schnell wie möglich den Polizeinotruf wählen."

Zudem sollten Haus oder Wohnung so schnell wie möglich verlassen werden. "Nicht mit dem Täter in Kontakt treten oder sich ihm in den Weg stellen", rät Lindemann.

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