Prozess um Mund-Nasen-Schutzmasken Bund scheitert mit Klage vor dem Bonner Landgericht

Bonn · Eine Klage des Bundes vor dem Bonner Landgericht gegen einen Lieferanten von Schutzmasken ist nach hinten losgegangen. Nun muss der Bund 2,1 Millionen Euro nachzahlen.

 Eine Klage des Bundes vor dem Bonner Landgericht gegen einen Lieferanten von Schutzmasken ist gescheitert.

Eine Klage des Bundes vor dem Bonner Landgericht gegen einen Lieferanten von Schutzmasken ist gescheitert.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Bundesrepublik Deutschland ist vor dem Bonner Landgericht mit einer Klage in Millionenhöhe gegen einen Lieferanten von Schutzmasken gescheitert: Der Bund wollte 4,3 Millionen Euro von einem Unternehmen aus dem Taunus zurück haben, weil die im Frühjahr 2020 gelieferten Mund-Nasen-Schutzmasken vom Typ FFP2 nicht den Anforderungen genügt hätten. Der Schuss ging jedoch nach hinten los, denn die zuständige Zivilkammer wies nicht nur die Klage des Bundes ab, sondern befand in ihrem Urteil zugleich eine Widerklage des Unternehmens als „vollumfänglich begründet“. Nun muss die Bundesrepublik Deutschland dem Händler einen noch ausstehende Rest in Höhe von 2,1 Millionen auszahlen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Entscheidung ist insbesondere auch deshalb bemerkenswert, weil sich das Urteil von der Rechtsauffassung einer anderen Bonner Zivilkammer diametral unterscheidet: Bei den Prozessen vor der 1. Zivilkammer war die Bundesrepublik zwar nicht als Klägerin, sondern als Beklagte beteiligt; aus den bislang entschiedenen Verfahren ging aber jeweils der Bund als Gewinner hervor. Nicht nur die Rechtsauffassung – auch die Ausgangssituation ist in den anderen Verfahren also eine andere. In allen Fällen, in denen die Bundesrepublik Deutschland verklagt wird – und das ist in der absolut überwiegenden Zahl der anhängigen Verfahren der Fall – ist automatisch die 1. Zivilkammer zuständig. Dort gibt es aktuell mehr als 100 Verfahren, in weniger als zehn wurde bislang entschieden. Und zwar durchweg im Sinne des beklagten Staates. Fälle, in denen die Bundesrepublik Deutschland ihrerseits die Lieferanten verklagt, landen jeweils bei unterschiedlichen Kammern.

Abnahmegarantie zum Preis von 4,50 Euro pro Stück

Dreh- und Angelpunkt der unterschiedlichen Entscheidungen ist die Bewertung einer zentralen Frage: Handelt es sich bei dem in allen strittigen Fällen angewandten „Open-House-Verfahren“ um ein sogenanntes Fixgeschäft oder nicht: Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie im Frühjahr war Schutzausrüstung knapp. Um schnell Abhilfe schaffen zu können, nutzte das Gesundheitsministerium im Frühjahr 2020 das sogenannte „Open-House-Verfahren“. Dazu bot man jedem Anbieter, der bis zu der gewünschten Frist am 30. April Masken nach dem FFP2-Standard liefern konnte, eine Abnahmegarantie zum äußerst attraktiven Preis von 4,50 Euro pro Stück. So wollte man sicherstellen, dass schnell eine ausreichende Menge von Schutzmasken zur Verfügung stand.

Der Bund wünschte wegen Mängeln an Teilen der Lieferung die teilweise Rückabwicklung des Geschäftes. Dazu hätte das Gesundheitsministerium dem Lieferanten aber normalerweise eine Nachbesserungsfrist einräumen müssen, die nur dann entfallen darf, wenn es sich um ein Fixgeschäft handelt. Bei einem Brautkleid sei die Situation klar, hatte die Vorsitzende Richterin bereits in einem Gütetermin im vergangenen Dezember ihre Sicht der Rechtslage skizziert. Da die Lieferung spätestens am Hochzeitstag erfolgen müsse, handele es sich hier um ein absolutes Fixgeschäft. Im Fall der Maskenlieferungen komme allerdings allenfalls ein relatives Fixgeschäft infrage, da der Stichtag seitens des Ministeriums mehrfach nach hinten verlegt worden sei, um die Verteilung der Lieferungen besser organisieren zu können. Anders als die Kollegen der 1. Zivilkammer folgte die Vorsitzende Richterin dieser Rechtsauffassung aber nicht.

Da die Masken angesichts der Pandemie ja dauerhaft benötigt würden, liege überhaupt kein Fixgeschäft vor. Folglich hätte der Bund dem Lieferanten eine Möglichkeit zur Nachbesserung der bemängelten Chargen einräumen müssen, was aber nicht geschah. Auch die Tatsache, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) offenbar explizit von einem Fixgeschäft die Rede ist, half dem Bund nicht: Die Kammer geht in ihrer Entscheidung davon aus, dass die AGB nicht rechtmäßig waren. Der Lieferant hatte ab dem 4. Mai zwei Millionen Masken in drei Chargen geliefert; der auftraggebende Bund hatte am 28. Mai zwei dieser Chargen vollständig und die dritte zur Hälfte bezahlt.

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