Bonner Nahverkehr Bundesprojekt schiebt Hardtbergbahn an
BONN · Der Bonner Westen soll mit Hilfe von Lead-City besser an den Nahverkehr angebunden werden. Das alte Infrastrukturprojekt für die Schiene könnte zunächst mit einer Buslinie befahren werden.
Manchmal scheint die Tür schon zugeschlagen, und dann öffnet sie sich doch wieder einen Spalt breit. Es war recht ruhig geworden um die Planungen für eine Hardtbergbahn, die vom Bonner Hauptbahnhof auf den Brüser Berg führen könnte und damit den Westen der Stadt besser, vor allem verlässlicher in den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) einbinden würde.
Die Kommunalpolitik hatte eine unterirdische Lösung 2015 endgültig beerdigt. Die Stadt sollte stattdessen oberirdische Varianten für eine Straßenbahn prüfen. Dass diese Stoßrichtung für die weitere Planung nun wieder in Fahrt gekommen ist, hat vor allem mit dem Bundesprojekt Lead-City zu tun, an dem die Stadt teilnimmt und für das der Bund erhebliche Fördergelder in Aussicht stellt.
Das Ziel: Die Stärkung des ÖPNV, um Schadstoffe und Stau verursachenden Autoverkehr von der Straße zu bekommen. Die Stadt hat die Hardtbergbahn beim NRW-Verkehrsministerium als vorrangiges längerfristiges Projekt im ÖPNV-Bedarfsplan angemeldet. Anfang 2019 rechnet sie nach Auskunft von Vize-Stadtsprecher Marc Hoffmann mit dem Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, die verschiedene Varianten einer oberirdischen Trassenführung näher untersuchen soll. Bis 2025 könnte die Planung stehen.
Hoffmann weist darauf hin, dass die Planung des Busbahnhofs (ZOB) und die daraus resultierende Verlegung der Gleise in der Südunterführung mit anschließender Wendeanlage in der Quantiusstraße als nächstes bearbeitet werde. „Diese ergeben weitere zu berücksichtigende Parameter für die möglichen Gleisvarianten in der Quantiusstraße“, sagt er.
Der erste Bauabschnitt ist heikel
Der zweite, überwiegend im Stadtbezirk Hardtberg verlaufende Bauabschnitt vom Endenicher Ei über den Hermann-Wandersleb-Ring und die Provinzialstraße in Duisdorf ist in der Vergangenheit kaum Gegenstand strittiger Diskussionen gewesen. Die Weiterführung entweder über den Schieffelingsweg und Julius-Leber-Straße auf den Brüser Berg oder die parallele Führung zur Autobahn A 565 mit demselben Endziel ebenfalls nicht. Vielmehr war es der erste Bauabschnitt durch die stark bewohnte Weststadt, die bei Anwohnern nach den ersten Planungen aus den 70er Jahren immer wieder auf heftige Ablehnung stieß – auch weil die recht engen Straßen dort nicht genug Platz für einen eigenen, vom übrigen Verkehr abgekoppelten Gleiskörper bieten. Wie groß der Widerstand in der Bevölkerung bei einem erneuten Versuch wäre, ist nicht abzusehen.
Im Laufe der Zeit hat sich die Stadt weiterentwickelt: Der Verkehr auf der Straße hat zugenommen, der Ruf nach reiner Luft ist lauter geworden. Und es ist unstrittig, dass der ÖPNV verbesserungsbedürftig ist. Auf der anderen Seite ist der Bonner Westen mittlerweile mit der Schiene angebunden. Die Deutsche Bahn hält nicht nur am Duisdorfer Bahnhof, sondern auch an den Haltepunkten „Helmholtzstraße“ und „Endenich Nord“. Und so steht die Frage im Raum: Ist eine Hardtbergbahn auf rund acht Kilometern Länge, deren Kosten die Stadt grob auf 200 Millionen Euro schätzt, eigentlich noch notwendig? Oder ist es womöglich ausreichend, einem Vorschlag von Anja Wenmakers zu folgen?
Die Geschäftsführerin der Stadtwerke Bus und Bahn hatte zuletzt angeregt, auf der Strecke für eine Hardtbergbahn Busse fahren zu lassen – und zwar möglichst über Busvorrangspuren. Kommunalpolitiker halten eine solchen Ansatz für sinnvoll. Man könne aber das eine tun, ohne das andere zu lassen. Aus Sicht von Rolf Beu (Grüne), Vorsitzender des Bonner Planungsausschusses, ist eine Führung der Bahn mit Anschluss des Poppelsdorfer Uni-Campus die vernünftigste Lösung für eine gute Auslastung. „Bahnen sind das Verkehrsmittel für hohe Nachfragen. Der Uni-Campus in Bonn muss vernünftig angeschlossen werden. Um Fördergelder zu bekommen, ist außerdem eine Kosten-Nutzung-Analyse notwendig“, sagt Beu. Aber naturgemäß seien die attraktivsten Strecken auch diejenigen, an denen die meisten kritischen Bürger leben. „Der Bäderentscheid hat gezeigt, wie schwierig es ist, überhaupt noch ein neues Infrastrukturprojekt umzusetzen“, erklärt der Grünen-Politiker. Auch Ratsfrau Gabi Mayer (SPD), die in Medinghoven wohnt, rechnet mit Widerständen aus der Bevölkerung: „Wir müssen frühzeitig anfangen, die Bürger aufzuklären. Moderne Straßenbahnen fahren deutlich leiser als die alten Modelle, die aktuell in der Stadt unterwegs sind.“
Bürgermeisterin rechnet mit langwieriger Planung
Eine Hardtberg-Linie für Busse hält Gabi Mayer auch deshalb für sinnvoll, weil sie Erkenntnisse liefern könnte, wie gut verschiedene Strecken bei Pendlern nachgefragt werden. Die Hardtberger Bezirksbürgermeisterin Petra Thorand (CDU) geht von langwierigen Planungen, begleitet von einer ausführlichen Bürgerbeteiligung, aus. „Der Duisdorfer Bahnhof wird zwar von vielen Bussen angefahren, aber eine Bahn ist verlässlicher, und die Bedeutung des ÖPNV wird zunehmen“, so Thorand.
Als die Stadt auf dem Brüser Berg vor Jahrzehnten die Fußgängerzone einweihte, setzte sie mit dem Einlassen eines kurzen Gleisabschnitts auf der Borsigallee ein Zeichen. Die Hardtbergbahn wird kommen, sollte das heißen. Damals sollte der Retorten-Stadtteil 25 000 Menschen beherbergen. Die Stadtplanung wurde zurückgefahren. Heute leben 8000 Bonner auf dem Brüser Berg, die zwar auf Miniaturgleise gucken können, aber denen ein Bahnanschluss bisher versagt blieb.