Bundestagswahl in Bonn Katrin Uhlig von den Grünen holt das Direktmandat in Bonn

Bonn · Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Direktwahlkreis Bonn: Kat­rin Uh­lig von den Grü­nen hat das Di­rekt­man­dat mit 216 Stim­men knapp vor ihrer SPD-Kon­kur­ren­tin Jes­si­ca Ro­sen­thal gewonnen.

 Andrea Bauer, Katrin Uhlig und Alexandra Geese (v.l.) stoßen auf das Wahlergebnis der Grünen an.

Andrea Bauer, Katrin Uhlig und Alexandra Geese (v.l.) stoßen auf das Wahlergebnis der Grünen an.

Foto: Benjamin Westhoff

Das war äu­ßerst knapp: Nach stun­den­lan­gem Wahl­kri­mi und ei­nem Kopf-an-Kopf-Ren­nen hat sich am En­de Kat­rin Uh­lig von den Grü­nen mit nur we­ni­gen Stim­men Vor­sprung ge­gen ih­re Mit­be­wer­ber von SPD und CDU, Jes­si­ca Ro­sen­thal und Chris­toph Jan­sen, durch­ge­setzt. Die frü­he­re Vor­sit­zen­de der Bon­ner Grü­nen zieht als di­rekt ge­wähl­te Bon­ner Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te in das Ber­li­ner Par­la­ment ein. Ober­bür­ger­meis­te­rin Kat­ja Dör­ner ver­kün­det um 0.21 Uhr das vor­läu­fi­ge End­ergeb­nis. Uh­lig ge­winnt mit ge­ra­de ein­mal 216 Stim­men mehr ge­gen Ro­sen­thal.

Da­mit ist Bonn mit Stand Sonn­tag­nacht mit min­des­tens zwei Ab­ge­ord­ne­ten im Bun­des­tag ver­tre­ten. Denn auch FDP-Kan­di­dat Alex­an­der Graf Lambs­dorff kann sich per Lis­ten­platz über ei­nen Wie­der­ein­zug in den Bun­des­tag freu­en. Und mög­li­cher­wei­se sind es am En­de so­gar drei Bon­ner Ab­ge­ord­ne­te in der Haupt­stadt: Auch Ro­sen­thal könn­te über ih­ren NRW-Lis­ten­platz 20 ein Ti­cket nach Ber­lin er­gat­tert ha­ben. Für Jan­sen ist der Traum von ei­nem Man­dat an der Spree ver­mut­lich vor­bei, da er le­dig­lich auf Platz 34 der NRW-Lis­te steht.

Uh­lig ist ge­ra­de weg von der Wahl­par­ty der Grü­nen im Ca­fé Blau, als sie von ih­rem knap­pen Sieg er­fährt: „Es war ein un­fass­bar span­nen­des Ren­nen. Ich bin froh, dass mir die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler die­ses Ver­trau­en ge­schenkt ha­ben.“ Für sie sei es ein kla­res Vo­tum für ei­ne kli­ma­freund­li­che Po­li­tik und die Mo­bi­li­täts­wen­de.

Es ist kurz vor 19 Uhr, als Bonns neue Stadt­spre­che­rin Bar­ba­ra Lö­cher­bach im Pres­se­zen­trum im Stadt­haus das ers­te Bon­ner Er­geb­nis be­kannt gibt: Es stammt aus dem Wahl­be­zirk 423 Duis­dorf Mit­te. CDU-Kan­di­dat Chris­toph Jan­sen liegt dort mit 27,35 Pro­zent knapp vor Mit­be­wer­be­rin Jes­si­ca Ro­sen­thal, die dort auf 27,07 Pro­zent kommt. Grü­nen-Kan­di­da­tin Kat­rin Uh­lig liegt da auf Platz drei mit 20,51 Pro­zent. Der Trend dreht sich im Lau­fe der Stun­den al­ler­dings: Zwar bleibt Ro­sen­thal fast durch­gän­gig vor ih­ren bei­den engs­ten Kon­kur­ren­ten. Al­ler­dings schmilzt ihr Vor­sprung mit der Zeit. Uh­lig und Jan­sen ma­chen sich bis zu­letzt Hoff­nun­gen.

Chris­toph Jan­sen gibt sich als fai­rer Ver­lie­rer: „Wir la­gen ja die gan­ze Zeit nur we­ni­ge Herz­schlä­ge aus­ein­an­der“, sagt der CDU-Po­li­ti­ker, der in Bad Go­des­berg Be­zirks­bür­ger­meis­ter ist. Er wer­tet sein Er­geb­nis durch­aus po­si­tiv: „Das ist für mich schon ein per­sön­li­cher Er­folg an­ge­sichts des Ge­gen­winds, dem die CDU auf Bun­des­ebe­ne aus­ge­setzt ist.“ Fest steht für den CDU-Po­li­ti­ker: Er wird wahr­schein­lich nicht über sei­nen Platz auf der NRW-Lan­des­lis­te in den Bun­des­tag ein­zie­hen. „Da­mit ha­be ich so­wie­so von An­fang an nicht ge­rech­net“, sagt er, „ich ha­be stets auf Sieg in Bonn ge­setzt.“

Ro­sen­thal selbst mel­det sich nicht mehr beim GA für ei­ne Stel­lung­nah­me zur spä­ten Stun­de. SPD-Rats­frak­ti­ons­che­fin An­ge­li­ka Esch bleibt da­ge­gen bis zum En­de im Rats­saal: „Jes­si­ca Ro­sen­thal hat ei­nen Su­per-Wahl­kampf hin­ge­legt. Lei­der hat es am En­de nicht ge­reicht.“

Dör­ner, die bis zu ih­rer OB elf Jah­re im Bun­des­tag saß, freut sich über den Er­folg ih­rer Par­tei­freun­din Uh­lig: „Das ist ein sen­sa­tio­nel­les Er­geb­nis für die Grü­nen in Bonn. Ex­akt ein Jahr nach der Kom­mu­nal­wahl und OB-Wahl ei­ne Be­stä­ti­gung für die Grü­ne Po­li­tik in Bonn.“ Be­vor sie sich nach Hau­se ins Bett be­gibt, um­armt sie Kat­rin Uh­lig, die noch ein­mal ins Stadt­haus vor­bei­ge­kom­men ist.

Be­reits ge­gen 18 Uhr ha­ben sich ne­ben Pres­se­ver­tre­tern auch Mit­glie­der der Bon­ner Par­tei­en und Rats­frak­tio­nen im Rats­saal ein­ge­fun­den, um von der OB die Er­geb­nis­se für Bonn aus ers­ter Hand zu er­fah­ren.

Zu die­sem Zeit­punkt steht be­reits fest: Der Bon­ner FDP-Di­rekt­kan­di­dat Alex­an­der Graf Lambs­dorff mit Lis­ten­platz 3 in NRW kann sich über sei­nen Wie­der­ein­zug ins Par­la­ment freu­en. Er ver­folg­te den Aus­gang der Wahl in der Ber­li­ner Par­tei­zen­tra­le an der Rein­hardtstra­ße. „Bonn bleibt ei­ne li­be­ra­le Hoch­burg“, freut sich der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te, der vor sei­nem Ein­zug in den Bun­des­tag Eu­ro­pa­ab­ge­ord­ne­ter war. „Ich bin su­per hap­py.“ Aus Sicht von Lambs­dorff ha­ben die Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler die de­mo­kra­ti­sche Mit­te In Deutsch­land ge­stärkt. Die Rän­der sei­en ge­schwächt wor­den. „Das ist die wich­tigs­te Nach­richt für Deutsch­land“, fin­det er.

Auf die Fra­ge, wel­che Ko­ali­ti­on er be­vor­zu­ge, sagt er: „Wir re­den mit al­len de­mo­kra­ti­schen Kräf­ten“. Ers­te Glück­wün­sche aus Bonn er­hält er vom Eh­ren­vor­sit­zen­den des Kreis­ver­bands der FDP, Wer­ner Hümm­rich: „Wir ha­ben die Zwei­stel­lig­keit beim Erst- und Zweit­stim­men­er­geb­nis ge­schafft. Dar­über ich sehr glück­lich.“

Recht ein­deu­ti­ger Trend: Die Grü­nen ge­hen in der Stadt Bonn bei den Zweit­stim­men als kla­re Wahl­sie­ger her­vor. Mit 27,2 Pro­zent lie­gen sie um 21.30 Uhr vor der SPD mit 22,58 Pro­zent und der CDU mit 22,53 Pro­zent. Ge­gen­über den ver­gan­ge­nen Bun­des­tags­wah­len vor vier Jah­ren le­gen die Grü­nen da­mit um 13,1 Pro­zent­punk­te zu, wäh­rend die CDU um 7,2 Pro­zent­punk­te ver­liert. Die SPD kann um 2,5 Pro­zent­punk­te zu­le­gen. FDP, AfD und Lin­ke ver­lie­ren ge­gen­über der Wahl von 2017.

Da­mit kön­nen die Grü­nen an ih­re Er­fol­ge aus den letz­ten Wah­len an­knüp­fen. Aus den Kom­mu­nal­wah­len im ver­gan­ge­nen Jahr wa­ren sie als stärks­te Kraft vor der CDU her­vor­ge­gan­gen und konn­ten nach der ge­won­ne­nen Stich­wahl mit Kat­ja Dör­ner erst­mals ei­ne Grü­ne Ober­bür­ger­meis­te­rin in Bonn stel­len. Auch die Eu­ro­pa­wahl ein Jahr zu­vor hat­ten sie mit 31,9 Pro­zent klar ge­won­nen.

Zu­tiefst ent­täuscht zeigt sich Lin­ken-Kan­di­dat Il­ja Ber­gen. „Das Er­geb­nis ist für uns ei­ne Ka­ta­stro­phe.“ Die Lin­ken hät­ten auch in Bonn ih­re The­men nicht so plat­zie­ren kön­nen, dass sie bei den Men­schen an­ge­kom­men sei­en, sagt er. Ob­wohl die Ar­mut wei­ter zu­ge­nom­men ha­be.

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