Bonner CDU Digitaler Parteitag war ein technisches Desaster

Bonn · Der erste digitale Parteitag der Bonner CDU versank im Chaos. Eine flüssige Debatte war aufgrund erheblicher technischer Probleme nicht möglich. Der ehemalige Oberbürgermeister Ashok Sridharan sagte, der Partei habe es im Wahlkampf an Geschlossenheit gefehlt. Er räumte auch persönliche Fehler ein.

 „In einer Krise sollte man nicht weglaufen“: Der Bonner CDU-Parteichef verspricht beim digitalen Parteitag am Samstag eine genaue Aufarbeitung der Wahlniederlage bei der Kommunalwahl.

„In einer Krise sollte man nicht weglaufen“: Der Bonner CDU-Parteichef verspricht beim digitalen Parteitag am Samstag eine genaue Aufarbeitung der Wahlniederlage bei der Kommunalwahl.

Foto: Screenshot

Eigentlich sollte beim ersten digitalen Kreisparteitag der Bonner CDU zuvorderst die Aussprache nach der Wahlniederlage bei der Kommunal- und Oberbürgermeisterwahl im Vordergrund stehen. Doch die Übertragungsschwierigkeiten aus der Kreisgeschäftsstelle in Poppelsdorf, die erheblichen Probleme beim Zuschalten von Parteimitgliedern, die sich (teils vergeblich) zu Wort melden wollten, überlagerten die inhaltliche Diskussion erheblich. Beziehungsweise wurden sie irgendwie sogar symptomatisch als Grund benannt, warum die Christdemokraten sich derzeit womöglich nicht auf der Höhe der Zeit befänden.

Auszüge aus dem neben der Bildübertragung laufenden Chat der Teilnehmer: „Wollen wir mit diesem vormittelalterlichen Technik-Gestammel in die Zukunft vorangehen? Echt jetzt. Ich stelle hier den Antrag, dass sich die Steuerungsgruppe einen siebten "Baustein" verpasst, bei dem die heute normalen technischen Möglichkeiten antrainiert werden und allen Mitgliedern zu gänglich gemacht werden.“ Weiterer Beitrag: „Stellt Euch mal vor, der Unterricht an den Schulen würde auf diese Weise – wie das hier abläuft – digital abgehalten werden. Dann gute Nacht! Dann bräuchten wir ab sofort G10 statt G9.“

Zeitrahmen konnte nicht eingehalten werden

So viel zum Grundrauschen dieser Samstagsveranstaltung, deren vorgegebenes Zeitkorsett von 10 bis 13 Uhr bei weitem nicht eingehalten werden konnte. Der ehemalige Oberbürgermeister Ashok Sridharan musste kurzerhand von daheim in die Geschäftsstelle eilen, weil er nicht zugeschaltet werden konnte. In seiner Rede zur Wahlanalyse sagte er, „dass wir nicht so geschlossen aufgetreten sind wie bei der Oberbürgermeisterwahl 2015“.

Es sei aus seiner Sicht nicht gelungen, gerade junge Menschen zu erreichen und „stärker einzubinden“. Positive Ergebnisse der zurückliegenden Amtsperiode seien nicht so kommuniziert worden, dass sie den Wähler erreicht hätten. Schlechte dagegen seien der CDU angelastet worden, nicht den Partnern in der Jamaika-Koalition. Konkrete Beispiele nannte er nicht. Sridharan bezeichnete es rückblickend als Strategiefehler, dass die CDU nicht stärker auf die Bürger mit einem Präsenzwahlkampf zugegangen sei. Auch habe er die Geschlossenheit von SPD und Linken, die heutige Oberbürgermeisterin Katja Dörner von den Grünen zu unterstützen, unterschätzt. „Das war eine Fehleinschätzung meinerseits.“

CDU gibt sich selbstkritisch

Zuvor hatte Christos Katzidis gesagt, die Grünen hätten zwar von einer „grünen Welle“ in weiten Teilen NRW profitiert. Es hätten aber auch „hausgemachte Bonner Probleme“ zu Stimmverlusten bei der CDU geführt. Er nannte die Kostenexplosion bei der Sanierung Beethovenhalle, der geplante und dann durch einen Bürgerentscheid gescheiterte Neubau eines neuen Bades und das Hin und Her um die Verkehrsführung des Cityrings. Dort gemachte Fehler seien in der künftigen Arbeit als Oppositionsfraktion beispielsweise bei den anstehenden Großprojekten Godesberger Stadthalle, Oper und Stadthaus, über deren Zukunft zu entscheiden ist, zu vermeiden.

Eine sorgfältige, breit angelegte Aufarbeitung von Fehlern auch mit externem Sachverstand kündigte Katzidis an. Parallel soll in einer Zukunftswerkstatt, die Ulrike Hospes und Christian Weiler aus den eigenen Reihen mitorganisieren sollen, der Blick auf die Neuausrichtung erfolgen. Die Kampagnenfähigkeit für die anstehende Bundestagswahl im kommenden Jahr und die programmatische Neuausrichtung seien nächste Etappenziele. Hospes betonte, man wolle mit Parteimitgliedern, Nicht-Parteimitgliedern und Hilfe von außen diesen Prozess einleiten. Fraktions- und Parteiführung sollen die Steuerung sowohl der Nacharbeitung der Wahlniederlage als auch der künftigen Visionen übernehmen. Nur die Steuerung, nicht die inhaltliche Diskussion, erklärte Katzidis.

Appelle für einen Neuanfang der Bonner CDU

Kritik an dieser Herangehensweise hatte bereits vor dem Parteitag der CDU-Altvordere Jürgen Merschmeier in einem öffentlich breit gestreuten Papier geäußert. Die Partei brauche dringend einen Neuanfang, womöglich auch personell. Die Aufarbeitung der Niederlage müsse zwingend von außen geschehen und nicht durch jene, die den Wahlkampf mitgestaltet haben. Die Bonner CDU müsse wieder stärker den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern suchen. Merschmeier meldete sich am Samstag für einen Redebeitrag an. Aus technischen Gründen kam es dazu aber nicht.

Wohl aber fand manch anderes Parteimitglied durchaus kritische Worte zum angekündigten Vorgehen. Oliver Salten äußerte, die angekündigte „schonungslose Aufklärung“ der Parteiführung könne er bisher nicht erkennen. Auch er sehe Gefahren bei einer „Selbst-Evaluierung“. Er vermisse Transparenz bei der Findung der Personen, die nun die Analyse übernehmen sollen. An anderer Stelle war von gravierenden Fehlern im Verlauf des Wahlkampfs die Rede: von zu spät geliefertem Kampagnenmaterial bis zu einem schwachen Auftritt in den sozialen Medien. Auch Marius Kleinheyer zeigte sich mit den Ansätzen für die Aufarbeitung nicht zufrieden. Ein personeller Neuanfang im Parteivorstand sei notwendig. Eine Personaldebatte folgte daraus aber nicht. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Stephan Eisel merkte an, dass er dies auch für den falschen Weg hielte. Katzdis selbst äußerte auch diesmal, er wolle sich der Verantwortung nicht entziehen und die Partei im Stich lassen.

Eine klare Ausrichtung in den Feldern Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Verkehr für den nächsten Präsenzparteitag, der im Februar stattfinden könnte, forderte Michaela Ramirez Schultschenk. Dann sollen auch erste Erkenntnisse der Analysen vorliegen.

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