Probleme beim Start Großer Ansturm auf Impftermin-Vergabe in NRW

Bonn/Düsseldorf · Unsicherheiten bei Versicherten durch die Formulare, überlastete Internetseiten, besetzte Hotlines: Die Impftermin-Vergabe in NRW ist mit Problemen gestartet. Auswirkungen spürten auch Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis. Die Verantwortlichen haben auf Probleme reagiert.

 Eine Impfung gegen das Coronavirus wird vorbereitet. (Symbolfoto)

Eine Impfung gegen das Coronavirus wird vorbereitet. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Michael Reichel

„Es ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen Sie es später noch einmal.“ Als Ina Nettekoven am Montagmorgen Corona-Impftermine für ihre Eltern vereinbaren wollte, erschien nur die Fehlermeldung. Und auch telefonisch erreichte sie niemanden. „Zwischendurch versuche ich es bei der Hotline, die erwartungsgemäß ständig besetzt ist“, schrieb die Bonnerin dem GA. Mit dem Problem war sie nicht allein. „Es gelang mir nicht, überhaupt einen Termin genannt zu bekommen oder gar zu vereinbaren“, schrieb etwa der Bonner Wolfgang Strobel. Viele weitere Leser meldeten sich ebenfalls mit dem Hinweis, dass ihre Versuche, einen Termin zu vereinbaren, scheiterten.

Seit diesem Montag können sich die zu Hause lebenden über 80-Jährigen in Nordrhein-Westfalen einen Termin für die Corona-Impfung holen. Zu dieser Gruppe zählen rund 850.000 Menschen. Der Ansturm auf die Hotlines und Anmelde-Webseiten war groß. Offenbar zu groß. Die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Nordrhein und Westfalen-Lippe sprachen am Vormittag von einer Überlastung. Zeitweise war es nicht möglich, Impftermine zu buchen. Im Laufe des Tages habe sich das Problem gelöst. „Der Engpass entstand durch eine extreme Nachfrage in kurzer Zeit“, erklärte Sprecher Heiko Schmitz auf Anfrage. Zur Vermeidung einer Überbelastung der Online-Vergabe sei die Anzahl der gleichzeitigen Zugriffe limitiert worden. Die KV hat nach eigenen Angaben rund 1200 Mitarbeiter im Call-Center im Einsatz. Bis zum späten Nachmittag seien allein im Gebiet der KV Nordrhein rund 130.000 Termine für 65.000 Menschen vergeben worden, NRW-weit waren es rund 122.000 Menschen.

Die Terminvergabe wird nach Angaben von Schmitz zentral organisiert. Sowohl das Personal im Call-Center als auch das Online-Tool greifen auf den Bestand an möglichen Terminen zurück, erklärte er. Im ersten Schritt werden nun die Termine für die ersten drei Wochen vergeben, danach die für die nächsten drei Wochen, führte er aus. Die Zahl der Termine sei auch abhängig von der Impfstoffmenge.

Die Organisatoren bitten bei der Terminvergabe um Geduld. „Niemand muss sich Sorgen um seine Impfung beziehungsweise seinen Termin machen. Jeder, der geimpft werden möchte, wird drankommen, aber eben nicht sofort“, erklärten Frank Bergmann und Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzende der KV Westfalen-Lippe und KV Nordrhein. „Niemand muss befürchten, zu spät zu kommen.“

Unsicherheiten bei der Terminvergabe

Zu Fragen und Unsicherheiten führten aber auch die Online-Formulare. So wollte GA-Leserin Ina Nettekoven für ihre Eltern zwei zusammenhängende Termine vereinbaren. Auf der Webseite fand sie jedoch den Hinweis, dass dies online nicht möglich sei. Telefonisch könne jedoch ein gemeinsamer Termin vereinbart werden, teilte KV-Sprecher Heiko Schmitz mit. Auch online soll es diese Möglichkeit so schnell wie möglich geben.

Einige Leser gaben an, dass sie ihre Versichertennummer angeben mussten – obwohl diese laut Vorgaben gar nicht nötig gewesen sei. GA-Leser Hellmuth Neumann-Giesen wies zudem darauf hin, dass er als privat Versicherter eine solche Nummer nicht habe und somit auch keine Versicherungsnummer angeben könne. Die KV hat darauf reagiert. „Das Feld war optional auszufüllen und ist inzwischen ganz entfernt worden, weil es offenbar irritierte“, erklärte der Sprecher.

Anfragen bei der Stadt Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis

Da viele Impfwillige aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zunächst bei der KV keinen Termin bekommen hatten, versuchten sie ihr Glück offenbar bei den Kommunen. Doch diese können keine Termine vergeben. Bis 14 Uhr gab es bei der Stadt Bonn bereits rund ein Viertel mehr Anrufe als im bisherigen Tagesdurchschnitt. Meistens ging es um das Thema Impfung, wie Stadtsprecherin Monika Hörig erklärte. „Viele Bürgerinnen und Bürger haben das Informationsschreiben der Stadt Bonn dahingehend interpretiert, dass die Terminvergabe auch über das Gesundheitsamt und die Terminvergabe nur am heutigen Tag möglich wäre.“

Häufig habe man sich darüber beschwert, dass die Terminvergabe weder über die Hotline noch über die Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung möglich wäre. Personen, die ebenfalls in der höchsten Priorisierungsgruppe sind, wie medizinisches Personal, aber kein Anschreiben erhalten hatten, seien unzufrieden über die mangelnde Informationslage. „Viele Anrufer gaben an, dass sie sich bei diesem Thema allgemein im Stich gelassen fühlen“, sagte Hörig.

Bei Problemen mit der Impfterminvergabe könne die Hotline der Stadt leider nicht weiterhelfen. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen hartnäckig bleiben und es leider weiter über die vorgegebenen Kanäle versuchen“, so Hörig. Denn in erster Linie sei die Hotline für gesundheitliche Fragen zum Coronavirus zuständig und stehe Bürgern zur Verfügung, die den Verdacht haben, sich angesteckt zu haben. „Allgemeine Fragen zur Impfung und zum Impfablauf werden gerne auch beantwortet oder an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet.“

Der Rhein-Sieg-Kreis teilte mit, dass es Anrufer bei der Zentrale des Siegburger Kreishauses oder beim Corona-Bürgertelefon probiert hätten. Der Kreis wies darauf hin, dass er zwar das Impfzentrum in Sankt Augustin eingerichtet habe, aber keine Termine vergeben könne. „Wir können nicht weiterhelfen, Termine gibt es nur über die KV“, sagte Sprecherin Daniela Blumenthaler. Anrufe landeten auch bei Ja­que­line Hie­pler, KV-Vor­sit­zen­de im Rhein-Sieg-Kreis. Das teilte sie auf GA-Anfrage mit. Doch auch sie konnte die Menschen nur an die Hotline und Internetseiten verweisen.

Bitte der Kassenärztlichen Vereinigung

Pro Woche sollen in den 53 Impfzentren in NRW ab dem 8. Februar etwa 70.000 Menschen Erstimpfungen erhalten. Das NRW-Gesundheitsministerium rechnet in den ersten acht Wochen mit 560.000 Erstimpfungen. Drei Wochen nach dem Start begännen dann weitere 560.000 Zweitimpfungen, sagte ein Ministeriumssprecher. In allen Fällen werde der Biontech-Impfstoff eingesetzt. „Wann weitere Impfstoffe hinzukommen, kann derzeit noch nicht gesagt werden.“

Die Kassenärztlichen Vereinigungen baten darum, dass auch wirklich nur Bürger über 80 bei der Hotline anrufen. Alle anderen bekommen ohnehin keinen Termin. „Alle, die laut Corona-Impfverordnung nicht zur Gruppe der über 80-Jährigen gehören, werden ausdrücklich gebeten erst dann anzurufen, wenn auch für sie die Terminvergabe startet“, teilte die Vereinigung mit. „Zudem sollten die telefonischen Anmeldemöglichkeiten nicht für allgemeine Fragen zur Corona-Impfung in Anspruch genommen werden, um die Leitungen nicht zusätzlich zu belasten.“

Dass der Ansturm auf die Terminvergabe in den kommenden Tagen nachlässt, glaubt Ja­que­line Hie­pler nicht. „Ich kann mir vorstellen, dass es so bleibt“, sagte die KV-Vor­sit­zen­de im Rhein-Sieg-Kreis.

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