Nach Infektionen im Altenheim Senioren der Josefshöhe sind erleichtert und wachsam

Auerberg · Der Krisenmodus ist aber erst einmal überstanden: 18 Bewohner des Seniorenheims Josefshöhe sind von einer Corona-Infektion genesen. An einen normalen Betrieb ist noch nicht zu denken, besondere Regeln gelten weiterhin.

 Im Garten der Seniorenheims Josefshöhe geht es dem 74-jährigen Axel Unverricht gut. Doch er hofft, dass der „Shit bald vorbei ist“.

Im Garten der Seniorenheims Josefshöhe geht es dem 74-jährigen Axel Unverricht gut. Doch er hofft, dass der „Shit bald vorbei ist“.

Foto: Meike Böschemeyer/MEIKE BOESCHEMEYER

Es wirkt schon fast wieder ganz normal. Im Garten des Innenhofs gehen die Senioren spazieren, gerade gab es Mittagessen. Nur die Mundschutze verraten, dass die Situation nicht so idyllisch ist, wie sie scheint. In den vergangenen zwei Wochen war das Seniorenheim Josefshöhe im Krisenmodus. 18 Bewohner hatten sich mit dem Coronavirus infiziert, 14 Mitarbeiter ebenfalls, die dann plötzlich in der Pflege fehlten. „Das hat uns viel abverlangt, wir haben aber auch viel Unterstützung erfahren“, sagt Einrichtungsleiter Jürgen Zens. Jetzt sind alle erkrankten Bewohner wieder genesen. Die Situation bleibt trotzdem schwierig.

86 Mitarbeiter und 80 Bewohner wurden getestet

Die Nachricht, dass das Seniorenheim vom Coronavirus betroffen ist, erreichte Zens Ende März. Eine Bewohnerin musste wegen einer anderen Erkrankung in eine Klinik, wo bei routinemäßigen Untersuchungen die Infektion festgestellt wurde. „Am nächsten Tag kam das Rote Kreuz vorbei und testete alle 86 Mitarbeiter und 80 Bewohner“, erzählt Zens.

Wiederum einen Tag später stand das Ergebnis fest, das viele Ängste schürte. „Zum einen, weil wir uns um unsere Bewohner sorgten, dass jemand lebensbedrohlich erkrankt. Zum anderen, weil natürlich auf einen Schlag so viele Pfleger in Quarantäne mussten. Und wir wussten, nie, wann das aufhört.“

Aber es kam Hilfe, „schnell und unbürokratisch“, wie Zens sagt. So schickte der Medizinische Dienst der Krankenkassen, der sonst nur für Überprüfungen in den Einrichtungen zuständig ist, unentgeltlich Pfleger. Alle Mitarbeiter schoben länger Dienst und übernahmen ohne Murren Doppelschichten. Das Gesundheitsamt beriet genauso wie die Heimaufsicht. „Zudem orderten wir schnell Zeitarbeiter. Dadurch hatten wir nie einen Mangel und konnten die vielen neuen Aufgaben gut auffangen“, erklärt Zens.

Eine Belastung auf zwischenmenschlicher Ebene

Eine Belastung war die Situation trotzdem, vor allem auf zwischenmenschlicher Ebene. Wo sonst immer ein enger Kontakt herrschte, musste plötzlich Abstand gehalten werden. Das Lächeln verschwand hinter dem Mundschutz, Umarmungen waren nicht mehr möglich. „Wir stoppten den gesamten Besucherverkehr, auch Angehörige durften nicht mehr herein“, sagt Zens. Gruppenveranstaltungen, Freigänge nach draußen und das gemeinsame Essen fielen aus. Damit der Kontakt zu den Liebsten nicht komplett abbrach, setzte man aufs „Fenstern“ und Telefonieren. Die Bewohner kamen ans Fenster und konnten die Angehörigen sehen, die wiederum per Handy anriefen.

Wer an Covid erkrankt war, wurde auf seinem Zimmer isoliert. Man hatte ursprünglich vor, die infizierten Menschen auf einer eigenen Etage zu versorgen. „Aber das hätte Umzüge bedeutet, die wir unseren Bewohnern nicht hätten zumuten können.“ Mehrmals am Tag kontrollierten die Pfleger Vitalzeichen wie Puls und Blutdruck. „Damit niemand körperlich abbaut, gab es Eis und Malzbier. Alles, was ältere Menschen gerne mögen“, erzählt Zens. Atemübungen beugten Pneumonien vor. Zwischendurch gab es auch erneute Coronavirus-Tests.

Schließlich kam der erlösende Anruf des Gesundheitsamtes: „Wir konnten gar nicht glauben, dass alle Bewohner wieder gesund waren und die Krankheit so gut überstanden hatten“, sagt Zens Tränen seien geflossen, Angehörige, Pfleger und die Senioren selbst waren erleichtert und glücklich.

Besuchsverbot gilt weiterhin

Was nun bleibt? Wachsamkeit und Vorsicht. Das Besuchsverbot gilt weiterhin, der Mundschutz ist Pflicht. Ein separater Isolierbereich wurde eingerichtet, falls ein erneuter Corona-Fall auftritt. Die Senioren selbst sehnen sich nach mehr Freiheiten. Oder, wie es der 74-jährige Axel Unverricht sagt: „Hoffentlich ist der Shit bald vorbei.“

Auch Maria Thomas fällt es schwer, sich an die neuen Regeln zu halten. „Aber Ich habe sehr viel Telefonkontakt mit der Familie, man kann das alles überbrücken.“ Sie sieht Covid als Wohlstandskrankheit.  „Wir müssen jetzt vernünftig sein und Abstand halte. Wir haben doch Zeit.“ Und sie hat einen Appell an all „die Gesunden da draußen“, die sich nun über Kleinigkeiten aufregen: „Sie müssten eigentlich mal hier vorbeikommen und die kranken Leute sehen.“

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