Öffnung der Grundschulen Viertklässler in Bonn kehren in Klassenräume zurück
Bonn · Am Donnerstag sind die Viertklässler in Bonn in die Schulen zurückgekehrt. Um das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus zu verringern, sollen Kinder und Lehrer einen Mundschutz tragen. Die Coronakrise habe einige Schüler kreativ werden lassen.
Nach den Abiturienten und Zehntklässlern gehen seit Donnerstag auch die Viertklässler in Bonn wieder in den Unterricht. Um Infektionen zu vermeiden, kommen die Kinder mit Mundschutz in die Schule und sitzen mit dem Mindestabstand getrennt in den Klassenzimmern.
Clauspeter Wollenweber kennt jeden Namen seiner 207 Schüler. Er leitet die Münsterschule in der Südstadt. Nach und nach kommen die Viertklässler auf den Schulhof. Und auch wenn sie alle einen Mundschutz tragen, erkennt er sofort, wer sich hinter der Maske verbirgt. Er begrüßt die Schüler mit ihren Namen. Da es sich bei der Münsterschule um eine Montessori-Schule handelt, werden alle vier Jahrgangsstufen normalerweise zusammen unterrichtet. Da erstmal nur die Viertklässler kommen, kann jeder Schüler wie gewohnt in sein Klassenzimmer kommen.
Zehn Schüler im Schnitt pro Klassenraum
„Wir haben relativ große Räume“, sagt Clauspeter Wollenweber. „Bis zu 15 Schüler könnten rein rechnerisch in ein Klassenzimmer gehen.“ Von den insgesamt 207 Schülern gehen ab heute 52 Viertklässler wieder in den Unterricht. Dazu kommen noch 30 weitere Kinder in die Notbetreuung. Mit acht Klassen seien das im Schnitt zehn Schüler pro Klassenraum.
„Normalerweise beginnt der Unterricht immer um 7.50 Uhr“, erzählt Wollenweber. Jetzt kommen die Schüler zwischen 8.30 und 9 Uhr zum Unterricht. „Wir haben erstmal einen offenen Anfang für den Unterrichtsbeginn. Das gilt bis zu den Sommerferien. Der Unterricht findet verkürzt von 9 bis 11.45 Uhr statt.“ Pfeile auf dem Boden und Abstandmarkierungen gibt es in dem Schulgebäude nicht. „Unsere Schule ist so gebaut, dass wir keine langen engen Flure haben, sondern eher große Hallen. Wenn ich hier Pfeile auf den Boden male, würde das die Kinder eher dazu veranlassen, nah beieinander zu laufen, als wenn ich es lasse“, sagt Wollenweber.
(Dieses Video entstand in einer Kooperation aus WDR und GA.)
Dass sich die Kinder spätestens in den Pausen auch näherkommen werden, ist dem Schulleiter klar. „Wir haben zwei Optionen. Entweder wir lassen die Schulen geschlossen oder wir gehen dieses Risiko ein“, sagt er. „Wir können die Kinder aber auch dann nicht immer maßregeln. Das geht gegen ihre Natur. Natürlich wollen sie auch miteinander spielen.“ Um den Kontakt aber etwas zu minimieren, soll der Pausenhof mit einem Band in der Mitte geteilt werden. „Da habe ich keine Bedenken. Das wird gut funktionieren.“
Lehrer tragen im Unterricht aktuell Mundschutz
Die Kinder sollen auch angehalten werden, in den Fluren Mundschutz zu tragen. „Ob das funktionieren wird, werden wir sehen“, sagt Wollenweber. Die Lehrer tragen beim Unterrichten aktuell auch Mundschutz. Wirklich glücklich ist Wollenweber damit nicht. „Wir haben ein autistisches Kind an der Schule. Das ist darauf angewiesen, die Mimik und Gestik des Lehrers auch zu sehen.“
Kritisch sieht der Schulleiter die aktuelle Schulpolitik der Landesregierung. „Ich lese Freitagnacht eine Mail und muss es dann für Montag organisieren“, sagt er. „Ich kann eine Menge Pläne machen. Aber alles, was über ein paar Tage hinaus geht, kann ich dann eigentlich wieder über den Haufen werfen.“
Es gebe aber nicht nur Negatives zu berichten. „Wir hatten in den vergangenen Wochen sehr intensive einstündige Gespräche mit den Eltern und Kindern geführt“, erzählt Wollenweber. Auch habe er auf der Internetseite der Schule einen Bereich eingerichtet, in dem Schüler eigene Ideen einstellen können. „Wir waren überrascht, mit welchem Potenzial das angenommen wurde.“
Ein Beispiel: Jede Klasse hat ein eigenes Motto-Tier. „Eine unserer Schülerinnen macht gerne Yoga. Und sie hat sich und das Klassentier in einer bestimmten Yoga-Pose fotografiert. Als Idee für die anderen Schüler.“ Es seien schon schöne Früchte, die diese Krise hervorbringt.
Chor kann momentan noch nicht proben
Schmerzlich ist für den Schulleiter allerdings, dass aktuelle keine Chorproben stattfinden können. „Das Singen ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Schulalltags“, erzählt er. „Eigentlich kommen alle 207 Schüler einmal die Woche zusammen, um im Schulgebäude zusammen im Chor zu singen.“ Da die Abstandsregel einzuhalten, sei unmöglich. Dass dieser wesentliche Bestandteil des Schullebens gerade nicht realisierbar ist, finde er sehr bedauerlich. „Es ist wirklich ein krasser Einschnitt in unser soziales Miteinander“, sagt er. „Ich halte es für ein ernstzunehmendes Problem, was die Entwicklung der Kinder angeht.“
Sylvia Silz hat eine Tochter, die auf die Münsterschule geht. Sie lobt vor allem das Engagement der Schule. „Zu Hause hatten wir keine Probleme, weil die Schule wirklich sehr gut mitgemacht hat. Es gab Anschreiben und Briefe, die uns informiert haben. Und es ist immer wieder betont worden, wir sollen uns keinen Kopf machen.“ Eine weitere Mutter, die ihren Sohn und ihre Tochter zur Schule bringt, erzählt, wie glücklich die Kinder sind, wieder in die Schule gehen zu können. „Sie freuen sich natürlich sehr“, sagt sie. Aber jede Familie sehe das anders. „Wir hätten es bis zum Sommer schon noch ohne Schule ausgehalten.“