Bestätigte Coronavirus-Fälle in Bonn „Wir sind in einer Situation, wie wir sie noch nie erlebt haben“

Bonn · Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in Bonn ist erneut angestiegen. Kinder sollen auch ab Montag unter bestimmten Voraussetzungen in den Kitas und Schulen weiter betreut werden. Die SWB passen derweil ihren Fahrplan an.

Susanne Engels, Vize-Chefin des Gesundheitsamts (v. l. nach rechts), Stadtdirektor Wolfgang Fuchs, Oberbürgermeister Ashok Sridharan, Stadtsprecherin Monika Hörig und Carolin Krause, Dezernentin für Schule, Soziales und Jugend bei einer PK am Sonntagnachmittag.

Susanne Engels, Vize-Chefin des Gesundheitsamts (v. l. nach rechts), Stadtdirektor Wolfgang Fuchs, Oberbürgermeister Ashok Sridharan, Stadtsprecherin Monika Hörig und Carolin Krause, Dezernentin für Schule, Soziales und Jugend bei einer PK am Sonntagnachmittag.

Foto: Benjamin Westhoff

55 bestätigte Coronavirus-Fälle verzeichnet die Stadt Bonn seit Montagabend und damit einen weiteren Anstieg. Wie Susanne Engels, Vize-Chefin des Gesundheitsamts am Sonntag mitteilte, ist keiner der am Sonntag 37 bisher bekannten Patienten schwer erkrankt. Demgegenüber gebe es 529 Influenzafälle, von denen viele schwer erkrankt seien und intensivmedizinsch betreut werden müssten.

Andrang verzeichnete die Stadt am Samstag im neu eröffneten Coronavirus-Diagnostikzentrum an der Gotenstraße. Viele Bürger kamen auch ohne Termin und teilweise nicht aus Bonn. Untersucht wird dort aber nur, wenn zuvor der Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst einen Termin vereinbart hat. Das Zentrum hat mit seinen zwei mobilen Teams am Wochenende 28 Abstriche und im Diagnostikzentrum selbst 36 Abstriche gemacht.

Die Kita-Situation

Die Stadt Bonn wird entsprechend eines Erlasses der NRW-Landesregierung in allen 229 Bonner Kindertagesstätten und 300 Tagespflegestellen sowie in den offenen Ganztagsschulen (OGS) für die Kinder, deren Eltern zu den „unentbehrlichen Schlüsselpersonen“ gehören, die Betreuung ab diesem Montag bis 19. April offen halten. Gleichzeitig gilt für alle anderen Personen ein grundsätzliches Verbot, die Einrichtungen zu betreten. Das teilten Oberbürgermeister Ashok Sridharan, Familiendezernentin Carolin Krause sowie die beiden Amtsleiter Udo Stein (Kita) und Hubert Zelmanski (Schule) am Sonntag auf einer Pressekonferenz im Alten Rathaus mit.

„Unentbehrliche Schlüsselpersonen“ seien unter anderem Mitarbeiter, die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste sowie der medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung und der Aufrechterhaltung zentraler Funktionen des öffentlichen Lebens dienen (Abfallentsorgung, Energie, Wasser, ÖPNV), heißt es unter anderem in dem NRW-Erlass. Die Betreuung soll dann ermöglicht werden, wenn eine private Betreuung nicht sichergestellt werden kann, sei es durch Familienangehöre oder durch flexible Arbeitszeiten.

Sridharan appellierte an die Arbeitgeber in der Stadt, diese Flexibilität so großzügig wie möglich einzuräumen: „Es muss darum gehen, möglichst viele Menschen vor der Ausbreitung zu schützen, zum Beispiel, indem die Großeltern nicht in die Betreuung einbezogen werden.“ Gleichzeitig müssten so viele Mitarbeiter in kritischen Infrastrukturen ihrer Arbeit nachgehen können. „Das geht nur, wenn alle ihren Beitrag leisten.“ Für Dienstag kündigte die Stadt die Einrichtung von Hotlines für Fragen rings um die Betreuung an. Die Eltern beziehungsweise Betreuungspersonen der Kita- und Schulkinder müssen ab Mittwoch eine schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers vorlegen, um die Kinder in die jeweiligen Einrichtungen bringen zu können. Entsprechende Musterformulare würden seitens des Landes noch bereitgestellt, so Krause. Bis Dienstag allerdings könnten die Eltern selbst entscheiden, ob sie sich zu diesen Gruppen zählen. Der OB kündigte außerdem an, dass Eltern, deren Kinder nicht in den Einrichtungen betreut werden können, die Beiträge für Kita und OGS erstattet bekommen. Von der Regelung betroffen seien alle städtischen Einrichtungen und die der freien Träger.

Geschäfte bleiben geöffnet

Einen Appell richtete das Bonner Stadtoberhaupt an alle Arbeitgeber, die er bittet, möglichst flexibel mit Arbeitszeitvorschriften umzugehen. Sridharan: „Wir sind alle miteinander in einer besonderen Situation, wie wir sie noch nie erlebt haben.“

Kneipen, Restaurants wie auch Geschäfte sollen in Bonn vorerst weiter geöffnet sein. „Da müssen wir die weitere Entwicklung abwarten“, so der Bonner OB. Geschlossen werden hingegen auch alle Bäder. Sridharan kündigte zudem an, angesichts der abgesagten Veranstaltungen in städtischen verpachteten Veranstaltungsgebäuden wie Brückenforum und Bad Godesberger Stadthalle auf die Pachtzahlung vorerst zu verzichten.

Mit Blick auf die Hofgartenkonzerte, bei denen Robbie Williams, Kraftwerk und die Fantastischen Vier auftreten sollen, äußerte sich Sridharan kritisch. Laut Landeserlass sind alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern untersagt. Dazu gibt es bislang keine zeitliche Befristung. Solange der Erlass nicht zurückgenommen wird, bedeutet das auch für diese Konzerte, dass sie demnach nicht stattfinden können.

Der Bonner OB appellierte außerdem an alle Bonner, auf Hamsterkäufe zu verzichten. Das sei nicht nötig, es gebe keinen Anlass zur Sorge, dass die Versorgung der Geschäfte nicht aufrechterhalten werden könne.

Wird die Kommunalwahl verschoben?

Auswirkungen hat das Coronavirus auch auf die Politik in Bonn. Die Stadt will aus Schutz vor Ansteckung mit dem Coronavirus vorerst bis 19. April keine Gremien des Stadtrates stattfinden lassen. Das betrifft auch die Stadtratssitzung selbst, die für den 26. März vorgesehen war. Das hat Oberbürgermeister Ashok Sridharan soeben den Kommunalpolitikern per Ratsnewsletter mitgeteilt. Dringende Entscheidungen sollen per Eilbeschlüsse gefasst werden.

Von der Absage sind auch die regelmäßigen Montagssitzungen der Ratsfraktion betroffen. Damit hat das Coronavirus inzwischen auch einen Teil der Kommunalpolitik lahmgelegt. Aufgrund der zahlreichen Absagen von diversen Partei- und Wahlkampfveranstaltungen wird mittlerweile auch schon über eine mögliche Verschiebung des Termins für die Kommunalwahl in NRW nachgedacht, erfuhr der GA von Insidern.

Die Wahl der Kommunalpolitiker und der Oberbürgermeister beziehungsweise Oberbürgermeisterinnen ist bislang für den 13. September vorgesehen.

SWB dünnen Fahrplan aus

Die Stadtwerke Bonn wollen dem Handeln anderer Verkehrsbetriebe wie etwa den KVB folgen und dünnen ab Mittwoch ebenfalls ihre Fahrpläne aus. Busse und Bahnen fahren demnach nach dem Samstagsfahrplan.

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