Besondere Methode zur Unfallvermeidung Bonner Polizei setzt auf Crash-Kurse für junge Autofahrer

Bonn · Mit einem Präventionsprogramm und Schockbildern will die Polizei tödliche Unfälle insbesondere bei jungen Menschen vermeiden. Dazu geht sie auch in Schulen, um die Schüler für Gefahrensituationen im Autoverkehr zu sensibilisieren.

 Beim Vortrag wird verdeutlicht, dass waghalsige Manöver auf der Straße schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können.

Beim Vortrag wird verdeutlicht, dass waghalsige Manöver auf der Straße schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können.

Foto: Stefan Hermes

Man brauchte starke Nerven. Der Warnhinweis am Anfang der Vorstellung „Crash Kurs NRW – Realität. Erfahren. Echt hart.“ war ernst gemeint. Wer selber in einen schweren Unfall verwickelt war oder einen ihm nahestehenden Menschen verloren hat, sollte den Raum möglichst vor Beginn der Veranstaltung verlassen. Rund 250 Schülerinnen und Schüler des Heinrich-Hertz-Berufskollegs blieben sitzen. „Wir haben es oft erlebt, dass bis zu 20 junge Erwachsene den Vortrag für sich abbrechen mussten“, berichtet Notfallseelsorger Horst Spiess. Sein Kollege, der evangelische Pfarrer Albrecht Roebke, sollte zu einem späteren Zeitpunkt auf der Bühne stehen und seine für die Zuhörer kaum zu ertragenden persönlichen Erlebnisse schildern.

Doch zuvor füllte sich der Saal, während in einem Stakkato von Bildern Straßen, Kreuzungen und weiße Ghost-Räder zu sehen waren. Wie Polizeioberkommissarin und Moderatorin Martina Schreiner bei ihrer Begrüßung erklärte, waren es alles Bilder von Orten in Bonn, an denen Menschen tödlich verunglückt sind. „Mit der Wirklichkeit konfrontiert zu werden“, so Schreiner, „kann wirklich sehr hart sein.“ Noch bevor wahr wurde, was sie ankündigte, konfrontierte sie die größtenteils jugendlichen Zuhörer mit Zahlen. Die Gruppe der jungen Erwachsenen im Alter von 16 bis 25 Jahren seien an nahezu jedem fünften Verkehrsunfall beteiligt. Fast 100 von ihnen sterben jedes Jahr in NRW.

Das Schockieren der Schüler ist beabsichtigt

War bis dahin noch das ein oder andere Getuschel im Saal vernehmbar, trat mit dem Start eines überaus realistischen Unfallfilms eine kaum besser als mit Totenstille zu beschreibende Ruhe ein. Reale Bilder eines Unfallortes wurden mit der Rekonstruktionen des Unfallhergangs gemischt: Die Fröhlichkeit unter den jungen Frauen im Auto ist ansteckend. Doch der durch Unachtsamkeit ausgelöste Unfallablauf geht unter die Haut. Plötzlich sind die eben noch lachenden Gesichter tot oder blutüberströmt. Schreie. Babyaugen sehen irritiert in die Kamera. Später ist zu erfahren, dass auch das Baby nach diesem Unfall gestorben ist. So wie sieben weitere Menschen. Die Kamera durchbricht jegliche Grenze.

Der Schock ist beabsichtigt. Das Präventionsprogramm Crash-Kurs NRW vermittelt mit emotionalen Berichten von Betroffenen, Rettern und eindringlichen Bildern, dass Verkehrsunfälle nicht einfach passieren, sondern vermeidbar wären. Ohne erhobenen Zeigefinger wird klar, wie lebensgefährlich riskantes Verhalten im Straßenverkehr ist. „Ablenkung durch Handy oder Gespräche sind die Hauptursachen für die vermeidbaren tödlichen Unfälle“, so Schreiner. Polizisten, Feuerwehrleute sowie Notfallseelsorger erzählen ihre persönlichen Erlebnisse, die oft über das hinausgehen, was Menschen zu ertragen in der Lage sind.

„Ich würde mir wünschen“, sagte Dustin (20) nach dem Vortrag, dass auch ältere Autofahrer den Vortrag erleben könnten. „Der macht was mit einem.“

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