Panorama von Bonn Dagmar von Kurmin präsentiert eigenwillige geografisch-historische Karte

BONN · Als Stadtplan für Touristen eignet sich die Karte nicht und wäre mit gut 85 mal 115 Zentimetern auch etwas unhandlich. Außerdem begegnen da auf dem Rhein putzige Wikingerboote dem beliebten Moby Dick, durch den Florentiusgraben fließt noch Wasser, und August Macke hat seine Staffelei am Bonner Hauptbahnhof aufgestellt.

 Dagmar von Kurmin präsentiert die gemalte Bonn-Landkarte, die ihr Mann kurz vor seinem Tod vollendet hatte.

Dagmar von Kurmin präsentiert die gemalte Bonn-Landkarte, die ihr Mann kurz vor seinem Tod vollendet hatte.

Foto: Axel Vogel

Es ist also eine Karte mit recht eigenwilligen und manchmal auch zweifelhaften Perspektiven, die Henning Freiherr von Bernewitz von der Bundesstadt Bonn und ihrer Umgebung gezeichnet hat. Originell und witzig mit höherem Unterhaltungs- als Gebrauchswert. Von Bernewitz navigiert unbekümmert durch Raum und Zeit, lässt Willy Brandt mit Spion im Nacken neben dem Kreuzberg auftauchen und gönnt Kurfürst Clemens August seine Lieblingsbeschäftigung beim Jagdschloss Brühl.

Mammutfleisch "gespickt und gewürzt mit Jägerlatein" lockte vermutlich vor 50 000 Jahren ein paar Neandertaler-Nachkommen in den Kottenforst, und am Drachenfels verjagte viele Jahrtausende später ein tapferer Siegfried die letzten "Römerwürmer". Bis der ganze Regierungstross seine Zelte in Berlin aufschlug.

Über die Bundeshauptstadt hat von Bernewitz schon Anfang der 1990er Jahre ein umfangreiches Werk mit fünf solchen "Kulturkarten" gestaltet. Potsdam, Hamburg, Koblenz, Köln, Weimar und der Harz waren weitere Objekte seiner Lust an der geografisch-historischen Erforschung von Städten und Regionen.

Der gebürtige Schlesier arbeitete viele Jahre als Jurist in Braunschweig, bevor er sein Zeichentalent zum Beruf machte. Er sah sich in der Tradition der Kartenmacher des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit feinem Strich und kräftigen Farben schuf der vielseitig gebildete Hobbyhistoriker seine Landkarten.

Die Originale sind aquarellierte Federzeichnungen, die dann per Computer zu den großen "Wimmelbildern" zusammengesetzt wurden. Seine Gattin, die Schauspielerin Dagmar von Kurmin, gründete eigens einen Verlag zur Herstellung und Vermarktung der ungewöhnlichen Kunstwerke.

Im August dieses Jahres ist Henning von Bernewitz im Alter von 78 Jahren in Rolandseck gestorben. Das Bonn-Werk ist also endgültig die letzte der Bernewitz'schen Kulturkarten. Von Kurmin, mit der er seit 1979 verheiratet war, hat selbst letzte Hand angelegt, um nach seinen Aufzeichnungen die Texte fertigzustellen, die den comicartigen Schnelldurchlauf durch die Bonner Geschichte am Rand begleiten.

Natürlich ist der Blick darauf subjektiv und nicht immer ganz ernst zu nehmen. Selbstverständlich hat das Kleine Theater, in dem von Kurmin viele große Rollen spielte, einen Ehrenplatz auf der Karte, auf der auch die inzwischen 80-jährige, in Riga aufgewachsene Bühnenkünstlerin als legendäre "Miss Daisy" mit ihrem afroamerikanischen Chauffeur zu entdecken ist.

Sich selbst verewigt hat von Bernewitz unten links, wo er mit einem Glas Rotwein einer adeligen rheinischen Ahnfrau zuprostet. Weil Adel bekanntlich verpflichtet, gibt es auch noch diverse Städtewappen zur heraldischen Erinnerung. Ein wenig überholt ist indes das noch als IKBB verzeichnete World Conference Center Bonn neben dem neuen Wahrzeichen Posttower. "Es ist halt nicht alles fertig geworden", sagt Bernewitz? Witwe dazu mit leichtem Augenzwinkern.

Info

Die dekorative Kulturkarte Bonn gibt es für 12,80 Euro in den Zweigstellen des General-Anzeigers.

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