Syrische Flüchtlingsfamilie freut sich über Spenden "Danke, Bonn"

BONN · Liebevoll rückt Nidal Ahmad den kleinen Plüsch-Pinguin auf dem Hochbett zurecht und legt die neuen pinken Schuhe dazu. "Ich kann nicht beschreiben, wie es uns geht", gesteht er mit einer Mischung aus Scham und unendlicher Dankbarkeit.

"Wir hätten nie, niemals gedacht, dass uns so viele Menschen helfen. Danke, Bonn."

Nach Weihnachten hatte der GA über das Schicksal der Familie berichtet. In Syrien verfolgt, inhaftiert und gefoltert, gelang dem ehemaligen Mitarbeiter der Stadt Bonn, der vor einigen Jahren zurück nach Aleppo gegangen war, über die Türkei die Flucht aus dem Kriegsgebiet. Da Nidal Ahmad und seine Söhne die deutsche Staatsangehörigkeit haben, wurden sie hier jedoch nicht als Kriegsflüchtlinge anerkannt. Zwar hatten sie weder Geld noch Möbel, und vor ihnen lag eine ungewisse Zukunft, "aber wir waren in Sicherheit", so der Vater.

Mit Hilfe des Jobcenters fanden sie immerhin eine Wohnung, für das Notwendigste fehlte allerdings das Geld. Da ihr Antrag auf Hartz IV noch nicht bearbeitet ist, lebt die Familie von der Hand in den Mund. Armselig und menschenunwürdig hauste sie spartanisch auf 74 Quadratmetern. Das Schicksal der Ahmads berührte viele GA-Leser. Weit über hundert Anrufe, E-Mails und Facebook-Einträge mit Hilfsangeboten kamen als Reaktion auf den Bericht in der Redaktion an.

"Das war der arbeitsreichste und stressigste Jahreswechsel, den ich je erlebt habe", lacht Elisabeth Foustanas müde, aber zufrieden. Als Lehrerin unterrichtet sie im Jugendintegrationskurs in Meckenheim Sohn Chalil Ahmad. Er hatte einmal von den Lebensumständen der Familie erzählt. "Da musste ich einfach etwas tun", erzählt die Deutschlehrerin.

Zwar hatte sie eigentlich geplant, den Jahreswechsel außerhalb Bonns zu verbringen, doch die Reisepläne wurden aufgrund der enormen Resonanz der GA-Leser schnell auf Eis gelegt. Gemeinsam mit Freundin Barbara Wolter und Rahmi Oflu organisierte sie am Wochenende und an den Feiertagen die Spendenlieferungen. "Das Telefon stand nicht still. Jeden Tag haben wir etwa 50 Anrufe entgegengenommen und unzählige Mails beantwortet", ziehen die Helfer Bilanz.

Diese Mühe hat sich gelohnt. Endlich sieht die Wohnung des 43-jährigen Nidal Ahmad nach einem richtigen Zuhause aus. Im Wohnzimmer steht eine große Schrankwand, die Söhne Chalil (19) und Schukri (15) haben das gebrauchte Ledersofa in Beschlag genommen. Alle drei schlafen jetzt in Betten und nicht mehr auf dem Boden. "Ist das nicht wunderbar?", fragt Nidal Ahmad und führt in die Küche. Auch dort hat sich viel getan. Mittlerweile gibt es einen großen Tisch für die ganze Familie, die ersten Küchenmöbel sind bereits aufgebaut.

"Hier ging es zu wie im Taubenschlag", beschreibt Barbara Wolter die letzten Tage. Neben Schränken und Betten wurden auch Handtücher, Bettwäsche, Töpfe, Teller und Kleidung vorbeigebracht. Besonders berührt haben aber auch die vielen Geschichten am Rande der Hilfsaktion. "So war eine Frau hier und erzählte, dass sie selbst nichts übrig habe, aber der Familie beim Einräumen und Aufbauen helfen will", so Rahmi Oflu. Eine andere sei mit einem großen Topf vorbeigekommen. "Sie hatte im Internet nach syrischen Spezialitäten gesucht und der Familie eine Mahlzeit gekocht."

Familie Ahmad kann jetzt etwas gelassener in die Zukunft blicken. Seine Umschulung zum Busfahrer wird Vater Nidal im Sommer beenden. Dann will er so schnell wie möglich Arbeit finden, um auf eigenen Beinen zu stehen. "Aber jetzt warten wir erst einmal gespannt auf den 21. Januar", so der 43-Jährige. Denn dann hat seine Frau, die mit den beiden Kleinsten immer noch in der Türkei ist, einen Termin in der deutschen Botschaft. "Wir hoffen alle, dass dann auch der Rest der Familie nach Deutschland kommt."

"Die Hilfe, aber vor allem der persönliche Kontakt mit den Spendern hat der Familie gezeigt, dass sie nicht allein, sondern ein Mitglied unserer Gesellschaft ist", resümiert Foustanas. Sie hat allerdings noch einen Wunsch: Der 15-jährige Schukri ist sehr traumatisiert und braucht dringend Hilfe und Abwechslung. "Sein größter Wunsch ist es, in einer Fußballmannschaft zu spielen. Vielleicht nimmt ihn ein Team auf."

Nidal Ahmad ergänzt: "Manchmal denke ich, dass ich das alles nur geträumt habe."

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