45 Minuten Bombenhagel Das Ende des „alten Bonns“ im Jahr 1944

Bonn · Es ist der Vormittag eines sonnigen Herbstages, und niemand in Bonn ahnt am Morgen jenes 18. Oktober 1944, dass sich der blaue Himmel über dem Rheintal wenig später in schwarzen Rauch verwandeln wird.

127 britische Bomber und mehr als 200 Begleitjäger drehen eine Schleife hinüber zum Siebengebirge, kehren dann plötzlich in einem Bogen Richtung Bonn zurück und beginnen über Beethovens Geburtsstadt ihr vernichtendes Werk.

Wer kann, flüchtet sich in Luftschutzanlagen und Keller. Draußen tobt der Feuersturm und macht in einer Dreiviertelstunde aus der liebenswerten Residenz- und Universitätsstadt eine qualmende Ruinenlandschaft. Die erstreckt sich im Halbkreis rund um die Rheinbrücke. Sein Radius reicht bis zur Zweiten Fährgasse auf der Südseite über Kaiserstraße und Bahnhof im Westen bis zum Rosental im Norden. Besonders schwer getroffen sind die „Kuhl“ nördlich der Brücke, die mittelalterlichen Gässchen des Rheinviertels zwischen Brücke und Altem Zoll sowie die Innenstadt vom Rheinufer bis zum Bahnhof. Bei 90 Prozent der Gebäude liegt dort der Zerstörungsgrad, 700 von knapp 800 Wohnhäusern sind unbewohnbar.

Mehr als 300 Bonner verlieren ihr Leben, mehr als 1000 Verletzte und 20 000 Obdachlose sind zu versorgen. Noch zwei Tage später habe eine Rauchwolke über Bonn gestanden, heißt es.

Doch warum wird das zivile Bonn mitsamt seinen Krankenhäusern und Lazaretten getroffen, in dem es – von Kasernen abgesehen – weder strategische Ziele noch Produktionsstätten der Rüstungsindustrie gibt? „Übungshalber“, erklärt Historiker Jörg Friedrich in seinem Standardwerk „Der Brand“ und verweist auf die Erprobung einer neuen Zieltechnik durch die britische Luftwaffe, deren Erfolg sich in einer bis dato intakten Stadt umso besser habe ablesen können. „Bonns Glück war sein Unglück“, sagt Friedrich.

Der „erfolgreiche“ Versuch sollte von Wiederholungen nicht abhalten: Ebenso wie der 18. Oktober bleiben die Luftangriffe rund um die Weihnachtstage 1944 und der Angriff vom 6. Januar 1945 in schmerzhafter Erinnerung. An jenem Tag starben allein im Luftschutzkeller unter dem Landgericht mehr als 200 Bonner, als das Gebäude einen Volltreffer erhielt. An der Fassade an der Wilhelmstraße erinnert eine kleine schwarze Gedenkplakette daran. Unter den 1564 zivilen Opfern des Luftkriegs sind Dutzende Bonner Kinder.

Am Jahrestag der Zerstörung der Altstadt beginnt diesen Mittwoch um 11.03 Uhr im Hof des Frauenmuseums, Im Krausfeld 10, eine Gedenkfeier am Denkmal der Kriegstoten.

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