Ein Mann fürs Rohe Das ist Bonns erster Fleischsommelier

Bonn · Metzger Ivan Oppido ist Bonns erster Fleischsommelier und Botschafter für sein Handwerk. Er vertraue eher auf regionale Produkte als auf Bio.

 Der Fachmann an seinem Arbeitsplatz: Ivan Oppido von der Metzgerei Hielscher ist Bonns erster "Fleischsommelier".

Der Fachmann an seinem Arbeitsplatz: Ivan Oppido von der Metzgerei Hielscher ist Bonns erster "Fleischsommelier".

Foto: Stefan Knopp

Fleisch im Supermarkt kaufen: Das kann sich Metzger Ivan Oppido gar nicht mehr vorstellen. Als Angestellter bei der Metzgerei Hielscher ist er natürlich an der Frischfleischquelle, aber für den 35-Jährigen ist es auch eine Sache des Prinzips. Er liebt Fleisch, hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und ist jetzt noch einen Schritt weitergegangen: Er hat eine Fortbildung gemacht und darf sich jetzt als einer von wenigen Menschen in Deutschland – und als einziger in Bonn – „Fleischsommelier“ nennen.

Den Sommelier kennt man vor allem als Weinkenner: Idealerweise weiß er alles zumindest über die edlen Tropfen, die in seiner Gastronomie ausgeschenkt werden, und kann Gäste entsprechend beraten. In den vergangenen Jahren hat sich der Begriff auch auf andere Bereiche ausgedehnt: Es gibt Kaffee-, Käse-, Brot- und eben auch Fleischsommeliers. Das bedeutet, dass er über das Fleisch mehr weiß als man in seinem Beruf wissen muss. Etwa über die Geschichte der Fleischproduktion durch Viehwirtschaft, die richtige Lagerung und Verarbeitung von Fleisch und über die Verarbeitung des kompletten Tieres „from nose to tail“, wie die Fachleute sagen, also von der Nase bis zum Schwanz.

„Das Vorderteil des Tieres ist in Deutschland nicht so interessant wie das Hinterteil“, sagt Oppido, der seine Metzgerausbildung in Schwerte gemacht hat und vor neun Jahren zu Hielscher kam. Dabei könne man das ganze Tier verarbeiten, aus dem Kopf etwa Sülze machen und die Pfoten ausgelieren – und das werde künftig immer wichtiger. „Wir müssen umdenken, was Lebensmittel angeht.“ Er sieht sich diesbezüglich als Botschafter, berät die Kundschaft rund ums Fleisch: wo es herkommt, wie man was am besten verarbeitet und dass es auch gesund sein kann. Schwangere Frauen etwa könnten, statt Eisentabletten zu schlucken, auch Rindfleisch konsumieren, meint Oppido. Und mageres Schweinefleisch enthalte sehr viel Vitamin B 12.

Auch über grundlegende Fragen rund um das Fleisch kann man mit Oppido sprechen, erklärt Hans-Joachim Bauer, Kundenberater bei der Gebrüder Hielscher GmbH. „Viele Kunden sind verunsichert durch verschiedenste Berichte, Gespräche in der Familie oder Botschaften, die teils halbwahr sind. Das merken wir an der Theke.“ Der Gammelfleischskandal, bei dem die Veterinäre versagten, BSE, Schweine- oder Hühnerpest, das seien Themen, die das Image der Branche schädigten und über die Oppido aufklären könne. Kann man einem „Bio“-Siegel trauen? Oppido ist nicht überzeugt. „Regional bezogen ist immer besser als Bio“, meint er.

Die 14-tägige Ausbildung im Bildungszentrum des Fleischerhandwerks in Augsburg brachte ihm die Erlaubnis ein, den Aufnäher „Fleischsommelier Deutschland“ zu tragen. Das habe schon den Effekt, dass viele Kunden in der Filiale in der Friedrichstraße gezielt von ihm beraten werden wollten, sagt Bauer. Das bringe dann auch mit sich, dass Oppido viel vorne an der Theke arbeite. „Der Sommelier-Titel bringt mir nichts, wenn ich nur hinten in der Produktion bin“, sagt Oppido.

Bei der Metzgerei-Kette ist er laut Bauer auch „Innovationsmanager“, kennt sich aus mit Sous-vide-Garen, dry-aged beaf, Barbecue und dem „Beafer“ genannten Keramikgrill. Er hat auch in einigen anderen Filialen in Bonn gearbeitet, etwa in der an der Hermannstraße in Beuel. Und kann deshalb guten Gewissens sagen: „Die Beueler Kundschaft ist anders als die Bonner.“ In Bonn sei ein familiäres Verkaufsgespräch mit kleinen Scherzen möglich, die Beueler seien da verschlossener.

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