Stummfilmtage in Bonn Das Leben des russischen Filmpioniers Alexander Schirjajew

BONN · Es schien, als wollte das Publikum Vortragsrednerin Birgit Beumers nicht gehen lassen. Geduldig stellte sich die Slavistin und Filmwissenschaftlerin von der walisischen Aberystwyth Universität am Sonntag den vielen Fragen fachkundiger Zuhörern und interessierter Filmfans.

In einem 90-minütigen Vortrag im Landesmuseum stellte Beumers die faszinierenden Stummfilmwerke und das Leben des russischen Filmpioniers Alexander Schirjajew vor. Die Veranstaltung zählt zum Rahmenprogramm der 20. Internationalen Stummfilmtage, die noch bis 18. August im Innenhof der Universität, zu sehen sind.

Fast ein Jahrhundert lang habe Schirjajew (1867 bis 1941), der von etwa 1903 bis 1910 mit Puppen Trickfilme dreht, keinen Platz in der Filmgeschichte gehabt. Der Grund: "Seine Filme waren allesamt Home-Videos, die nie öffentlich gezeigt wurden", erklärte Beumers. Trotzdem seien seine frühen filmischen Experimente mindestens zwei Jahre älter gewesen als jene von Ladislas Starewitch, der lange als erster Puppentrickfilmer galt.

"Beiträge wie diese im Hof der Universität ohne Kommentierung zu zeigen, wäre einfach nicht gegangen, deshalb ist es schön, Schirjajews Filme in diesem Rahmen präsentieren zu können", sagte Stefan Drössler, künstlerischer Leiter der Stummfilmtage. Seit einigen Jahren arbeitet Beumers mit russischen Historikern an der Restaurierung und Digitalisierung der Filme Schirjajews zusammen, um sie auf Festivals zu präsentieren.

In ihrem Vortrag zeigte die in Aachen geborene Filmwissenschaftlerin zahlreiche Beispiele seines Werkes von frühen Papierstreifenfilmen bis zu späteren 17,5 und 35 mm Filmen. Darauf zu sehen waren vor allem Tanzchoreographien, die Schirjajew, selbst Charaktertänzer, zunächst zeichnerisch, später mit Puppen in kleinen Theaterkästen festhalten wollte.

"Der Vortrag hat mit sehr gut gefallen", sagte Besucherin Gisela Zimmermann, die selber Slavistin ist. "Ich habe ein generell kulturgeschichtliches Interesse am russischen Film und Ballett", erklärte sie. Dem positiven Urteil konnte sich auch Peter Stark anschließen.

"Filme sind meine Leidenschaft", erklärte der Münsteraner, der auch in diesem Jahr extra zu den Stummfilmtagen nach Bonn angereist war. Aber längst nicht nur Filmfachleute hörten Beumers Vortrag zu. "Wir wollten eigentlich die Ausstellung zur Krim besuchen und haben uns kurzerhand entschieden, auch den Vortrag zu verfolgen", sagte der Schüler Peter Heimermann, der mit seiner Freundin ins Landesmuseum gekommen war.

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