GA-Serie Wohnen und Leben Das sind die Gefahren beim Kauf einer Immobilie

Bonn · Beim Kauf einer Immobilie lauern bauliche, rechtliche und finanzielle Fallstricke. Eine realistische Selbsteinschätzung, fachlicher Rat und eine Checkliste können helfen, die gröbsten Fehler zu vermeiden und weiter ruhig zu schlafen.

 Das Angebot an frei stehenden Einfamilienhäusern in Bonn ist denkbar knapp. Wer fündig wird, sollte bestimmte Regeln beherzigen.

Das Angebot an frei stehenden Einfamilienhäusern in Bonn ist denkbar knapp. Wer fündig wird, sollte bestimmte Regeln beherzigen.

Foto: dpa

Auch wenn es in Umfragen nach den sehnlichsten Wünschen der Deutschen seit Jahren einen beständigen Spitzenplatz einnimmt: So ein Eigenheim kauft man nicht alle Tage. Und weil all die Zahlen und die Gespräche mit Ehepartner, Kindern, Makler, Bankberatern, sämtlichen Experten im Bekanntenkreis und den Schwiegereltern gebührend verarbeitet werden wollen, sind schlaflose Nächte vor dem Schritt in die eigenen vier Wände nichts, wofür man sich schämen muss: „Für die meisten Eigenheimbesitzer ist der Kauf der eigenen Immobilie die größte Anschaffung im Leben“, sagt der Psychologe Michael Lauer und ergänzt: „Wie die Angst bei großen Herausforderungen dient die gehörige Portion Respekt auch hier als Schutzfunktion. Viele Käufer fühlen sich in der Gemengelage oft überfordert.“

Und Fallstricke lauern in der Tat genug. Als wäre nicht schon die Suche nach dem Traumobjekt nervenaufreibend genug gewesen, gehen die Verhandlungen mit seiner Entdeckung erst richtig los. Einige Aspekte sollte dabei jeder Hauskäufer beherzigen:

Lage

Soll es das Landhaus in Alleinlage sein? Oder doch lieber die Eigentumswohnung in der Innenstadt? Oder, als Kompromiss all derer, die es bewohnen sollen, das Reihenhaus im Neubaugebiet am Speckgürtel? Wer ausschließlich die dauerhafte Selbstnutzung im Sinn (und den Altersruhesitz im Hinterkopf) hat, der sollte sich zunächst einmal gebührend in sein neues Heim und seine Umgebung „verlieben“, um auch die nötige Portion „Herzblut“ mitzubringen.

Sofern beim Erwerb im Hinterkopf bereits der mittelfristige Wiederverkauf im Spiel ist, gewinnt die Frage nach der Wertentwicklung an Bedeutung. Relevante Faktoren sind dann etwa die wirtschaftliche Entwicklung einer Kommune oder die prognostizierte Sozialstruktur im Viertel. Auch für den Fall, dass in Gestalt von Scheidung oder Arbeitsplatzverlust ein Notverkauf erforderlich wird, ist die gute Lage buchstäblich Gold wert, denn sie schützt am ehesten vor einem Verkauf mit Verlust.

Zeitdruck

„Schnell, schnell“ ist kein guter Ratgeber. Die Sorge, ein anderer Interessent könnte im Rennen um das schöne Haus eine Nasenlänge voraus sein, schwingt naturgemäß immer mit. Dennoch rät Psychologe Lauer: „Auch wenn es schwer fällt: Lassen Sie sich vom Verkäufer oder Makler nicht unter Druck setzen, sondern prüfen Sie erst alle relevanten Fakten durch.“

Zwangsversteigerungen: Es klingt schon verlockend, wenn – wie kürzlich – ein freistehendes Einfamilienhaus in Königswinter-Ittenbach für 200.000 Euro unter den Hammer kommt. Die Crux bei der Sache: Die Möglichkeit, das Objekt vorher zu besichtigen, ist begrenzt und hängt vom guten Willen des Alteigentümers ab. Der aber denkt in seiner verzweifelten Situation womöglich gar nicht daran, auch wirklich auszuziehen. Der Hauskauf kann auf diese Weise von sehr unschönen Begleiterscheinungen flankiert werden.

Gutachter

Helfen kann beispielsweise ein Sachverständiger, der einen fachmännischen Blick auf das Objekt der Begierde wirft. Hinterher ist man meist um interessante Informationen reicher: Welche Bewandtnis hat es mit den nassen Flecken im Keller? Ist es ein Problem, wenn sich die Elektrik wie das ganze Haus seit den 1930er Jahren bewährt? Kann der asbesthaltige Kunstschiefer auf dem Dach zusätzlich zur Schlaflosigkeit beitragen? Und: Wird die altersschwache Heizungsanlage eigentlich den kommenden Winter überstehen? Findet der Sachverständige bei der Begehung nichts, so ist es auch gut: Dann besteht bis zu einem gewissen Grade die Gewissheit, dass mit der Immobilie wirklich alles in Ordnung ist.

„Doch bereits mit einem Mangel, den der Gutachter findet, hat sich sein Einsatz rentiert“, argumentiert der Sachverständige Werner Schmiedel im Sinne seiner Zunft. Denn das liefere dem Käufer Argumente, wohl doch etwas weniger Geld für die „topsanierte“ Stadtvilla zahlen zu wollen als der Verkäufer in seinen Träumen bereits auf dem Konto liegen sieht. In einen zermürbenden Nervenkrieg können andernfalls die berühmten „bösen Überraschungen“ münden. Eine solche erlebte zum Beispiel vor drei Jahren ein Familienvater aus Bonn: Bei der Besichtigung eines Hauses war ihm der muffige Geruch im holzverkleideten Keller zwar aufgefallen, insgesamt hatte der Laie von dem Gebäude aber einen soliden Eindruck und sich in der Freude über die „einmalige Gelegenheit“ keine weiteren Gedanken gemacht.

Einige Monate nach dem Einzug folgte die brutale Wahrheit eines Sachverständigen: Der stufte das Haus wegen Schimmelbefalls als „unbewohnbar“ ein. Das Problem: Laut Kaufvertrag ist das Haus „gekauft wie gesehen“, es sei denn, dem Verkäufer ist das wissentliche Verschweigen eines Mangels nachzuweisen. Ergebnis in diesem Fall: Die Familie scheute die Gerichtskosten und lebt weiter in dem Haus.

Grundbuch und Baulasten

Besteht für das Anwesen im Grünen eigentlich eine Baugenehmigung? Besonders bei Objekten in Alleinlage oder im Außenbereich des Baukatasters einer Gemeinde ist das eine nicht ganz weit hergeholte Frage, denn gerade in den Nachkriegsjahren ließen die Verwaltungen zuweilen „fünfe gerade“ sein. Informationen erteilen meist unbürokratisch die Mitarbeiter im Bau- oder Katasteramt der örtlichen Verwaltung. Dort lässt sich auch erfahren, ob im Grundbuch Baulasten eingetragen sind. Das können ein Wegerecht des Nachbarn oder eine Grunddienstbarkeit sein, weil durch den Keller eine fremde Versorgungsleitung führt. Auch Mindestabstandsflächen zum Nachbargrundstück sind hier verzeichnet; theoretisch können Baulasten eine Wert- und damit Preisminderung begründen.

Notarvertrag

Wie bei allen größeren Rechtsgeschäften gilt auch hier: lesen und verstehen. Idealerweise liegt der Entwurf zwei Wochen vor dem Notartermin vor, sodass man sich unverständliche Passagen von einem Anwalt erklären lassen und bei Bedarf nachbessern kann. Auch die Notariate stehen für Fragen und Hilfe zur Verfügung.

Finanzierung

So banal die Warnung klingt: Selbstüberschätzung in der Euphorie des Hauskaufs gilt unter Fachleuten als eine der größten Gefahren. Nicht ohne Grund raten Verbraucherorganisationen unisono: Wer eine Immobilie kauft, sollte seine finanziellen Kräfte realistisch einschätzen. Das bedeutet: Nur reelle Ersparnisse können als Eigenkapital zum Einsatz kommen, die Differenz zwischen Nettoeinnahmen und sämtlichen weiterhin bestehenden Ausgaben ist der Betrag, der für monatlichen Zins und Tilgung zur Verfügung steht. Ein verbreiteter Fehler beim Wechsel aus der Mietwohnung ist es etwa, die höheren Betriebskosten des größeren Hauses zu unterschätzen – von der Grundsteuer über zusätzliche Versicherungen bis zum gefüllten Heizöltank. Um Verdruss zu vermeiden, kann man den Verkäufer um eine Aufstellung der bestehenden Fixkosten bitten.

Tilgung und Zinsen

Mit der Vertragsunterzeichnung tickt – auch in Niedrigzinsphasen – die Zinsuhr. Deshalb gilt wie bei der Bezwingung eines Achttausenders: Je schneller man aus der dünnen Luft absteigt, desto gesünder. Hohe Tilgungsraten helfen dabei. Wer auf seinem Konto dann immer noch schwarze Zahlen vorfindet, kann die Abfahrt vom Schuldenberg mit jährlichen Sondertilgungen rasant beschleunigen, sofern er bereit ist, anderen weltlichen Verlockungen wie dem vierten Urlaub oder dem dritten Auto zu widerstehen. Sondertilgungen müssen im Kreditvertrag mit der Bank vereinbart werden und lassen die Restschuld unter Mitwirkung des Zinseffekts angenehm absacken. Apropos: Sind die Zinsen – wie derzeit – niedrig, zahlen sich lange Zinsbindungszeiten von 15 oder 20 Jahren aus.

Nebenkosten

Oft sehen Käufer von Immobilien nur den Verkaufspreis. Wie man sich doch täuschen kann: Denn allein beim Grunderwerb fallen etwa Kosten für die Steuer, die Kaufurkunde, den Notar und meist für den Makler an. Auch die Eintragung ins Grundbuch ist in Deutschland nicht umsonst zu haben. Weil die Nebenkosten prozentual an den Kaufpreis gebunden sind, kommen hier schnell einige Zigtausend Euro zusammen. In NRW liegt die Grunderwerbsteuer bei satten 6,5 Prozent, betragen bei einer 300.000-Euro-Immobilie also 19.500 Euro, die der Käufer liquide haben muss. In Rheinland-Pfalz würden mit dem seit 2012 dort gültigen Steuersatz von 5,0 Prozent 15.000 Euro fällig. Bei vergleichsweise moderaten 3,5 Prozent liegt die Grunderwerbsteuer in Bayern und Sachsen.

Bei jedem Immobiliengeschäft verdient der Staat also kräftig mit und kann sich überdies der jährlich zu entrichtenden Grundsteuer sicher sein. Die wiederholten Erhöhungen der Steuersätze nähren unterdessen die Kritik, die Politik schraube auf diese Weise gerade für junge Familien die Hürden für einen Hauskauf auf unerreichbare Höhen. „All diese Nebenkosten berücksichtigen viele potenzielle Eigentümer nicht, oder machen sich ein falsches Bild“, sagt Hans-Michael Schiller, Erster Vorsitzender des Verbands Wohneigentum NRW. Hinzu kommt nicht zuletzt: Die Aussteller der Rechnungen – Landeskasse, Makler, Notar – bleiben auch eifrig bei der Sache, wenn die Tinte unter dem Vertragswerk trocken ist: Etwa zwei bis vier Wochen nach Vertragsschluss werden die meisten Nebenkosten fällig. Bemerkbar macht sich all das nicht zuletzt im Briefkasten: Jede Menge Post ist nach dem Hauskauf garantiert.

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