"Die blockierte Stadt - Folge 5" Das Stadthaus - Sanierung oder Neubau?

BONN · Das Stadthaus am Berliner Platz ist eine von vielen "Baustellen" Bonns, die Auslöser für unsere Serie "Die blockierte Stadt" waren. Seit Jahren wogt die Diskussion über Abriss und Neubau oder Generalsanierung hin und her. Die in die Jahre gekommenen Verwaltungstürme mitten in der Stadt könnten sogar als Symbol dafür stehen, dass es in dieser Stadt an vielen Ecken und Enden nicht richtig weitergeht.

Das Ziel:

Ob Sanierung oder Neubau: Auch in Zukunft soll im Verwaltungsgebäude an möglichst zentraler Stelle in Bonn Platz für rund 1500 der mehr als 5000 städtischen Bediensteten sein. Die arbeiten hauptsächlich in den Bürgerdiensten, den Finanzen, dem Bauwesen und der Öffentlichkeitsarbeit. Die Büros sollen multifunktional und flexibel eingerichtet sein und sich wechselnden Anforderungen anpassen können. Vor allem die Energie-, Klima- und Kommunikationstechnik soll heutigen Standards entsprechen.

Was bisher geschah:

Nach der kommunalen Neuordnung und der Eingemeindung der Städte Beuel und Bad Godesberg sowie des Amtes Duisdorf 1969 nach Bonn wuchs der Platzbedarf der Stadtverwaltung. Ein Neubau musste her. Der Stadtrat lobte im gleichen Jahr einen Architektenwettbewerb aus, der auf große Resonanz stieß: 73 Büros beteiligten sich.

Als Sieger gingen die Stuttgarter Architekten Heinle, Wischer & Partner hervor. Das Büro, das jüngst auch den Auftrag als Generalplaner für das World Conference Center Bonn (WCCB) erhalten hat. Weil der Standort des neuen Verwaltungsbaus zentral liegen sollte, beschloss die Politik gegen massiven Bürgerprotest den Abriss mehrerer Straßenzüge der gründerzeitlichen Nordstadt.

1973 bis 1977 dauerten die Arbeiten für den Neubau mit fünf Türmen. 1978 wurde das Stadthaus eingeweiht. Baukosten: 180 Millionen Mark (rund 90 Millionen Euro). Gut 45 Jahre später bietet das Stadthaus vor allem innen einen traurigen Anblick. Wenn im nächsten Jahr wie geplant die mehr als 3.000 Fassadenscheiben, die sich über Jahrzehnte gelockert haben, aus Sicherheitsgründen abgehängt werden, dürfte auch die äußere Optik stark leiden.

Nur zwölf Jahre nach Bezug des Stadthauses war eine umfangreiche Asbestsanierung für 1,5 Millionen Mark nötig. Schon 2008 war der Sanierungsstau dann riesig: Allein die Erneuerung der Brandmeldeanlage und der Elektrotechnik hätte Millionen verschlungen. Zudem wurden erhebliche Schäden an den Parkdecks entdeckt.

Und in den darunter liegenden Magazinräumen des Stadtarchivs kämpfen die Mitarbeiter immer wieder mit Wassereinbrüchen. Die Diskussion über Generalsanierung oder Abriss und Neubau nahm Fahrt auf. Und hält bis heute an. 2010 meldete sich ein Bonner Unternehmer.

Er bot der Stadt an, ihr bei einem Neubau auf dem Gelände des ehemaligen Landesbehördenhauses mit 50 Millionen Euro unter die Arme greifen zu wollen. Die Stadt sollte das Gebäude anschließend mieten. Ein Teil der Miete, so der Plan des Unternehmers, sollte in soziale Projekte fließen. Das marode Stadthaus wollte er abreißen und an seiner Stelle ein Geschäfts- und Bürozentrum errichten.

Die Mehrheit der WCCB-geplagten Ratsmitglieder war dafür nicht zu begeistern, zumal die meisten einen Neubau außerhalb der Innenstadt ablehnen. Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und die SPD begrüßten die Idee, die inzwischen wohl komplett vom Tisch ist.

Wo es hakt:

Nach wie vor ist nicht klar, welche Variante die wirtschaftlichste und preiswerteste ist: Abriss und Neubau an anderer Stelle oder Grundsanierung. Fest steht wohl nur, dass ein Abriss und Neubau an gleicher Stelle die teuerste Lösung wäre, weil dann 1500 Beschäftigte über Jahre anderswo untergebracht werden müssten.

Abgesehen von hohen Mietkosten wäre es zudem fraglich, ob es dafür in der Stadt genügend Flächen gäbe. Nach einer Plausibilitätsprüfung der bisherigen Kostenschätzungen käme die Sanierung im Bestand samt einer Arrondierung des Areals mit Neubauten rund 21 Millionen Euro teurer als bisher angenommen und läge bei 200 Millionen Euro.

Darin enthalten sind allerdings 42 Millionen Euro für die Umgestaltung des Stadthaus-Geländes. Für so viel Geld, so meint die SPD, könnte man locker einen Neubau errichten. Die Frage ist nur wo? Platz an anderer Stelle in der Innenstadt ist jedenfalls nicht vorhanden.

Wie geht es weiter:

In der jüngsten Sitzung des Projektbeirats Stadthaus vor der Sommerpause haben die Mitglieder das Thema nach zweistündiger Diskussion wieder einmal vertagt. Bis 2014 soll das Städtische Gebäudemanagement noch einmal alle Zahlen durchrechnen und für mehr Klarheit sorgen.

Und weil Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) angesichts der angespannten Haushaltslage das Stadthaus-Projekt ohnehin vorerst auf Eis gelegt hat, brennt wohl auch nichts an. Erledigt werden sollen bis dahin nur noch Arbeiten, die nicht aufgeschoben werden können, weil der Betrieb sonst gefährdet wäre. Wie zum Beispiel laufende Reparaturen an den Aufzügen oder akute Brandschutzmaßnahmen.

Die GA-Prognose:

Das Stadthaus, von seinen Kritikern als städtebauliche Todsünde beschimpft, wird wohl bleiben, wo es ist. Sollte es die städtische Haushaltslage in einigen Jahren zulassen, dürfte - wie von der Verwaltung empfohlen - zunächst das Areal in Richtung Max- und Weiherstraße mit Neubauten arrondiert werden, um dort Platz für Mitarbeiter zu schaffen, wenn das Gebäude turmweise saniert wird. Und die Kosten werden wahrscheinlich, wie sollte es bei öffentlichen Vorhaben auch anders sein, am Ende bei weit mehr als 200 Millionen Euro liegen.

Was halten Sie von der Debatte ums Stadthaus? Schreiben Sie an: General-Anzeiger, 53100 Bonn, Stichwort Leserbriefe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort