Kriseninterventionsteam Das Team der Uniklinik Bonn ist einmalig in Deutschland

BONN · "Wir betreuen Menschen, für die in ihrer Krisensituation niemand mehr Zeit hat. Das können Patienten und ihre Angehörige, Begleitpersonen, aber auch Mitarbeiter aller Berufsgruppen sein", sagt Koordinatorin Petra Seinsch, Mitarbeiterin des Bildungszentrums an der Uniklinik.

In Krisensituationen helfen und begleiten Mitarbeiter in der Uniklinik Angehörige in Akutsituationen.

In Krisensituationen helfen und begleiten Mitarbeiter in der Uniklinik Angehörige in Akutsituationen.

Foto: Uniklinik Bonn

Und beschreibt damit, was das bundesweit einmalige klinische Kriseninterventionsteam an der Bonner Uniklinik leistet. Die derzeit 16 Freiwilligen seien weder konfessionelle Seelsorger, noch Therapeuten, sondern böten ein niederschwelliges Angebot, das Hilfe zur Selbsthilfe in akuten Krisen vorhalte. "Viele Menschen sind in der Akutsituation in der Aktivierung ihrer Ressourcen gehemmt. Wir leisten dann rasch Hilfe bei der Bewältigung." Die Information über die Fälle für das Team kämen von Pflegekräften, Ärzten und weiteren Mitarbeitern.

Die Teamkollegen, die regelmäßig durch eine erfahrene Psychologin und Traumatherapeutin supervidiert werden, werden zum Beispiel nach einem plötzlichen Todesfall gerufen, berichtet Seinsch. Sie kommen nach dem Tod eines Patienten oder Angehörigen durch Suizid, nach unerwarteten Todesfällen von Kindern, bei laufender erfolgloser Reanimation, bei unerwarteter Diagnose eines Schwerkranken, bei der Überbringung einer Todesnachricht durch den Arzt, aber auch nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod oder Suizid eines Mitarbeiters zum Einsatz.

Also eigentlich immer, wenn Menschen sich wegen eines traumatischen Ereignisses überlastet fühlen müssten. "Nach einer dramatischen Notfallversorgung bieten wir auch den Kollegen immer Gespräche und Möglichkeiten des Austauschs an", berichtet Seinsch.

Was das Team leisten können und was nicht, beschreibt Seinsch so: "Wir sind da und stellen in der Regel mit wenigen Worten Kontakt her, vermitteln Ruhe und Zeit, geben vorsichtig Nähe, hören zu und sind empathisch. Wir halten mit aus und informieren dosiert wenn es erforderlich ist." Man helfe also bei der ersten Bewältigung der Eindrücke und der emotionalen Stabilisierung, begleite den Betroffenen, damit er die eigene Handlungsfähigkeit wieder gewinne, und helfe bei der Erschließung von Ressourcen. "So beugen wir einer Traumafolgestörung vor und knüpfen Kontakt zur weiteren Begleitung, wenn dies erforderlich ist." Der Einsatz sei aber nur auf die Akutsituation begrenzt und dauere in der Regel anderthalb Stunden.

Und dann erzählt Seinsch einen Fall, der ihr nicht aus dem Gedächtnis geht. Das elf Monate alte Kind eines holländischen Ehepaares sei bei einem Besuch in Bonn nach einem Sturz auf einer Treppe mit schwersten Verletzungen in die Notfallabteilung geflogen worden, wo es dann nach mehrmaliger Reanimation starb. "Wir haben währenddessen die Eltern versorgt, der Kollege stand dem Paar zur Seite."

Dann habe der Kollege geholfen, als der Arzt die Todesnachricht überbringen musste und sich die Eltern von ihrem toten Kind verabschieden mussten. "Er hat dann den Kontakt zur Familie in den Niederlanden gehalten und einfache praktische Sachen erledigt, wie zum Beispiel ein Hotel vor Ort zu vermitteln." Der vierstündige Einsatz sei menschlich sehr berührend gewesen.

Kontakt: kriseninterventions team@ukb.uni-bonn.de

Die Qualifizierung

Die Mitarbeiter sind nach dem Curriculum "Klinische Krisenintervention in der psychosozialen Notfallversorgung des Malteser Hilfsdienstes e.V." mit 84 Unterrichtsstunden fortgebildet. Weiterhin müssen Hospitation und Tätigkeit unter Anleitung bei drei Einsätzen inklusive Nachbereitung und Supervision nachweisen werden, um das Zertifikat zu erhalten. Das Team hat regelmäßige Supervisionen und reflektiert seine Einsätze und das eigene Erleben.

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