Baukultur in Bonn Das Viktoriabad aus Sicht der Kunstgeschichte

Bonn · Die Werkstatt Baukultur hat ihren fünften Architekturführer vorgestellt. Er befasst mit dem Viktoriabad und beleuchtet 113 Jahre Badekultur an der Franziskanerstraße.

 Die große Schwimmhalle des stillgelegten Viktoriabades mit Blick auf das Kunstharzfenster Das Bild entstand 2014.

Die große Schwimmhalle des stillgelegten Viktoriabades mit Blick auf das Kunstharzfenster Das Bild entstand 2014.

Foto: Stefanie Pasternok

Das letzte Bild beeindruckt am meisten. Eine Flucht aus zwei Türen, türkisblaue und weiße Fliesen an den Wänden und in der Mitte der Flucht ein Wasserhahn, aus dem auf Knopfdruck wohl Flüssigkeit gegen Fußpilz spritzte. Sauber um jeden Preis, schnörkel- und makellos und aus heutiger Sicht womöglich ein wenig spaßfrei – so zeigt sich das Viktoriabad im neuen handlichen Architekturführer der Initiative Werkstatt Baukultur, den die Gruppe am Mittwochabend im Café Sahneweiß der Öffentlichkeit präsentierte.

Auf 60 Seiten hat Autorin Stefanie Pasternok auf der Grundlage ihrer Bachelorarbeit Bilder und Beschreibungen aus 113 Jahren Badekultur zusammengestellt. In ihrer improvisierten Präsentation zeigte sie sowohl Aufnahmen aus dem alten Jugendstilbad von 1903 bis 1906 mit seiner strikten Geschlechtertrennung, den Wannenbädern für die tägliche Hygiene und den hohen Badehallen, die – vor allem bei den Männern – an eine dreischiffige römische Basilika erinnerten, wie auch aus dem 1971 eröffneten und 2010 geschlossenen Neubau mit seinem großen Kunstharzfenster.

Aus der Gewichtung der vorgestellten Details könnte man schließen, dass es aus kunsthistorischer Sicht eigentlich schade sei um das erste Bad, dass nach der schlichten Instandsetzung nach dem Krieg schließlich der Abrissbirne und dem neuen Zeitgeist der 60er Jahre weichen musste. „Bevor man das Viktoriabad abreißt, sollte man aber aus ökologischen Gründen doch erst einmal überlegen, ob man es nicht anders nutzen kann“, empfahl Pasternok, die selber erst im Jahr nach der Schließung zum Studium nach Bonn gezogen ist. Auf das spätere Thema für ihre Bachelorarbeit wurde die Studentin praktisch an Ort und Stelle aufmerksam, als sie ein Treffen der Werkstatt Baukultur im Café Blau besuchte.

Die Werkstatt, eine Gruppe Studierender, Absolventen und Promovenden der Universität, hat sich in den vergangenen Jahren diese Frage nach dem Erhalt der Bauten bereits „bei anderen Abriss-Kandidaten im Bonner Stadtbild“ gestellt. Frühere Bände, die sie herausgegeben hat, befassen sich mit der Beethovenhalle, dem Stadthaus, dem Frankenbad und der Oper. Gerade die Architektur der 50er bis 70er Jahre werde oft etwas vernachlässigt, erklärte Gruppenmitglied Alexander Kleinfeld. „Dabei stehen Bauten wie die Beethovenhalle oder auch das Viktoriabad ja aus einem ganz bestimmten Grund unter Denkmalschutz.“

Der Architekturführer Viktoriabad ist zum Preis von fünf Euro in der Buchhandlung Witsch + Behrendt, in Bergfelds Biomarkt und auf Bestellung per E-Mail an info@baukultur-bonn.de erhältlich.

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