Endlich wieder Kultur Das war am Wochenende in den wieder geöffneten Bonner Museen los

Bonn · Die ersten Bonner Museen sind wieder geöffnet. Wer ein Ticket haben wollte, musste schnellt sein. Was war am Wochenende los im LVR-Landesmuseum und in der Bundeskunsthalle?

 Johanna, Mariam und Sarah (v.l.) probieren in der Römer-Ausstellung des LVR-Museums aus, wie man damals Dächer gedeckt hat.

Johanna, Mariam und Sarah (v.l.) probieren in der Römer-Ausstellung des LVR-Museums aus, wie man damals Dächer gedeckt hat.

Foto: Stefan Knopp

Früher hat man vielleicht nie darüber nachgedacht, aber nach einem Jahr Museums-Abstinenz stellt man fest: Es ist doch ein Unterschied, ob man sich die Kultur virtuell nach Hause holt oder sich zu ihr begibt. Warum? „Weil man so viel erfahren kann“, erklärte Mariam (12), die mit ihren Eltern und den Schwestern Johanna (10) und Sarah (9) am Samstag die Wiedereröffnung des LVR-Landesmuseums nutzte, um sich die „High Tech Römer“ anzuschauen. An der Ausstellung fand sie gut, „dass man so viel anfassen kann“. Denn so lernen und erfahren Kinder mehr als durch bloßes Klicken und Gucken am Rechner.

Am Wochenende öffneten einige Bonner Häuser ihre Türen, und das Interesse war groß. Das Museum Koenig sei schon ausgebucht gewesen, sagte Bashar Shamon, der Vater der Mädchen. Im Landesmuseum waren am Samstag noch ein paar Plätze in den verschiedenen Zeitfenstern zu haben – anders als am Sonntag –, also griff die Familie zu und hatte dort ebenso viel Spaß. „Wenn es die Möglichkeit gibt, ist das für die Kinder toll und für uns auch“, so Shamon. „Wir haben lange genug Kultur entbehren müssen.“

Die Tickets sind in diesem Museum im März kostenlos und können oder vielmehr müssen über die Homepage erworben werden. Das Online-Ticketsystem wurde bereits vor Corona bestellt und im letzten Sommer aktiviert, erklärte Museumspädagogin Anne Segbers. Nicht in allen Bonner Museen ist das schon eingerichtet. Die Zeitfenster im Landesmuseum dauern 105 Minuten, idealerweise bringen Besucher ein bereits ausgefülltes Kontaktformular mit. Wenn sie in die interaktive High-Tech-Römer-Ausstellung möchte – dort sind maximal 38 Personen gleichzeitig zugelassen –, bekommen sie am Eingang Handschuhe, die sie nachher mit nach Hause nehmen können. In der weitläufigen Dauerausstellung haben bis zu 110 Menschen Platz, der Neandertaler kann derzeit nur einzeln besichtigt werden. Führungen gibt es nicht, stattdessen stehen Guides auf den Etagen und erläutern auf Anfrage.

Die Besucher kommen sich kaum ins Gehege. „Alle sind bemüht, einen großen Bogen zu machen“, stellten Simone Sent und Matthias Brix fest. „Es ist schön, viel Platz zu haben.“ Die beiden sind eigentlich mehr an Subkulturen wie etwa Streetart interessiert, aber kulturhungrig, da war auch der Weg ins Museum drin. Bashar Shamon sah es ähnlich. „Wir haben lange genug Kultur entbehren müssen.“

 In der Mitte der Max-Klinger-Ausstellung in der Bundeskunsthalle wartet Ludwig van Beethoven auf seinem Thron auf Besucher.  Foto: Knopp

In der Mitte der Max-Klinger-Ausstellung in der Bundeskunsthalle wartet Ludwig van Beethoven auf seinem Thron auf Besucher. Foto: Knopp

Foto: Stefan Knopp

Weniger Besucher bedeutet weniger Lärm, es war angenehm ruhig im LVR-Museum. Wer große Kunst in wirklich andächtiger Stille genießen wollte, hatte am besten Jahreskarte der Bundeskunsthalle. Die Inhaber durften schon seit Dienstag in die Ausstellungen, da war Hannah Arendt natürlich beliebt, aber auch Max Klinger, da die Werkschau nur noch bis zum 4. April in Bonn ist. Die monumentalen Skulpturen und Malereien wirken gut im abgedunkelten weitläufigen Erdgeschoss, in der Mitte thront Ludwig van Beethoven aus weißem Marmor. Der Videoraum hinten ist bestuhlt, nur zehn Personen dürfen gleichzeitig hinein.

Das sei eine Ausstellung, „die fürs Bewachungspersonal ideal ist“, sagte eine Frau, die zu diesem Personal gehört: keine Trennwände, die den Blick auf die Besucher verstellen, die überschaubare Höchstzahl von 40 Personen pro Stunde. Der Fokus verschiebe sich, sagte ein Kollege: „Man achtet weniger auf die Kunstwerke als auf die Besucher.“ Etwa darauf, ob sie die Abstandsregeln einhalten, was an der Zeitleiste zum Leben Klingers nicht immer gelinge.

Es herrschte Stille, jedes Husten und jedes Klicken des Kameraauslösers hallte durch den Saal. Man unterhielt sich nur leise, zum Beispiel mit Michaela Tröge, die froh über die Wiedereröffnung war. „Es ist wichtig, dass man sich mit der Kunst beschäftigt und Kunst sieht. Kunst prägt ja auch das Leben.“ Und es sei auch wichtig für die Ausstellenden, die davon leben. Sie hoffte, dass es bald auch wieder ohne Termin gehe. „Für mich ist es wichtig, spontan Ausstellungen anzuschauen. Die Kunst lebt ja auch von der Spontaneität, bei der Schaffung wie bei der Betrachtung.“

Was die begrenzte Besucherzahl angeht, sei sie zwiegespalten: Zum einen könne man sich in Ruhe alles anschauen und durchlesen. „Aber es fehlen auch die Leute, die die Kunst am Leben halten.“ Der Bonner Stefan Viering liebt den Besuch im Museum, legt dafür auch weite Strecken zurück. Das konnte er ein Jahr lang nicht, jetzt holt er nach, solange es geht. Am Freitag Hannah Arendt, am Samstag Max Klinger. „Durchs Museum gehen ist etwas Tolles.“ Er fand es angenehm, dass man niemandem im Weg steht und seine Ruhe hat. „Aber das ist ein Privileg, auf das ich gerne wieder verzichte.“

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