Aktion zu Fuß, auf dem Rad und im ÖPNV Hunderte demonstrierten in Bonn für die Verkehrswende
Update | Bonn · Zahlreiche Menschen demonstrierten am Sonntagnachmittag in Bonn für den Klimaschutz und die Verkehrswende. Zu Fuß, auf dem Fahrrad oder auch in Bus und Bahn machten sie auf sich aufmerksam.
„Unfähige Planer zum Praktikum nach DK + NL“: Diese Forderung hatte ein Teilnehmer der Verkehrswende-Demo auf sein T-Shirt geschrieben. „Es gibt jedenfalls bessere Länder als Deutschland zum Radfahren“, sagte er. Die Niederlande und Dänemark werden gerne als Vorzeigeländer angeführt. Aber auch in der Schweiz sei man weiter, kommentierte ein anderer. Sie trafen sich mit vielen anderen Demonstranten am Sonntagnachmittag auf der Hofgartenwiese, um ein schnelles Umdenken im Sinne der nicht motorisierten Mobilität und des Klimaschutzes zu fordern.
Dafür waren nicht nur Menschen aus Bonn gekommen, sondern auch aus den umliegenden Kommunen. Fahrradgruppen aus Bad Honnef, Wachtberg, Bornheim und anderen Städten waren im Stil einer Sternfahrt nach Bonn geradelt. Auf Wegen, die aus Sicht von Andreas Krüger verbesserungsbedürftig sind. Der Troisdorfer hatte sich in Mondorf einer Gruppe angeschlossen, und zwar mit seinem Velomobil, einem vollverkleideten dreirädrigen Liegerad, das etwas von einer Rakete hat.
„Mir geht es hauptsächlich um direktere Verbindungen für Fahrradfahrer zwischen den Städten, die man ohne Gefahr nutzen kann“, sagte er. Zum Beispiel zwischen Siegburg und Bonn. „Wenn ich mit dem Auto zehn Kilometer brauche und mit dem Fahrrad 14, kann ja etwas nicht stimmen.“
Demo zu Fuß, auf dem Fahrrad und in Bus und Bahn
Nicht alle Demonstranten waren mit dem Fahrrad gekommen. Ein kleiner Demonstrationszug hatte auf den Öffentlichen Personennahverkehr gesetzt. Eine andere Gruppe zog zu Fuß hinter einem Kundgebungswagen her. Die Forderungen: Fußgängern und Radfahrern soll im Straßenverkehr mehr Raum gegeben und der ÖPNV attraktiver gemacht werden, um den Umstieg vom Auto auf andere Verkehrsmittel voranzubringen.
Das fand auch ein Vater wichtig, der mit seinen beiden Söhnen bei der größten Gruppe, den Radfahrern, mitfuhr. Ihn treibe die Sorge an, dass seinen Kindern auf dem Weg zur Schule etwas passiert, zum Beispiel, weil Autofahrer unachtsam rechts abbiegen. Er selbst fährt mit dem Rad zur Arbeit und wisse daher, wie es um viele Radwege in Bonn bestellt sei. Seine Forderung an die Stadt: „Sie soll das Fahrradfahren sicherer machen.“
Generell sei es für die Verkehrswende notwendig, Alternativen zum Auto zu schaffen. „Da muss man auch beim ÖPNV ansetzen“, so der Vater. Durch die Umweltspuren bleibt Autofahrern nur eine Fahrspur auf der Oxfordstraße und dem Hermann-Wandersleb-Ring. Staus sind programmiert und nach Meinung des Teilnehmers „notwendig, um die Verkehrswende zu erreichen“.
Auch das Ehepaar mit dem fast zweijährigen Sohn, der im Fahrradanhänger an der Demo teilnahm, sieht diese Notwendigkeit. „Das wird nicht ohne Konflikte gehen“, sagte der Mann. Er fahre jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit, auch im Winter und bei Regen. „Wir versuchen, so gut es geht auf das Auto zu verzichten.“ Aber ihn stören die Rechtsabbieger ebenfalls. „Wenn ich nicht jedes Mal auf die achten würde, würde ich alle drei Wochen umgemäht.“ Seine Frau wünscht sich mehr breite Radwege. Bonn hat Nachholbedarf, was den Radverkehr angeht, meinte sie. „Ich habe zwei Jahre in Münster gelebt, dagegen ist das hier ausbaufähig.“
Protest gegen die geplante Rheinspange
Auch aus Bornheim war eine Gruppe gekommen, die sich dafür eigens weiße Rettungswesten besorgt hatte. Die Teilnehmer, die Unterstützung aus Wesseling bekamen, hatten sich auf dem Peter-Fryns-Platz gesammelt und waren in die Bonner City gefahren. Unterwegs schlossen sich ihnen Alfterer Radler an – mit dabei die beiden Bürgermeister Christoph Becker aus Bornheim und Rolf Schumacher aus Alfter.
Für diese Gruppe stand der Protest gegen die geplante Rheinspange 553 im Vordergrund. Die Sorge: Mehr Autobahnen sorgen für mehr Autofahrer. Stattdessen solle man die Fahrradstrecken sicherer machen, die an einigen Stellen zum Beispiel einfach abbrechen oder über Autostraßen führen würden, sagte Sprecherin Angela Austermann. „Alles, was vom Umland nach Bonn möchte, nimmt gerne das Auto“, kritisierte sie. Das müsse sich ändern.
Die Bürgermeister unterstützten das, beide Kommunen haben die Radpendlerroute nach Bonn durchgebracht und auch den ÖPNV im Blick. „Aber das geht nicht von heute auf morgen“, meinte Schumacher. In Bornheim hat man einen eigenen Radwege- und einen Klimaschutzmanager eingestellt, erarbeitet ein integriertes Mobilitäts- und ein Wirtschaftswegekonzept. Die Rheinspange „muss ein Teil der Mobilitätswende sein“, sagte Becker.
In Sachen Verkehrswende müssten die Kommunen mehr Handhabe bekommen, sagte Friederike Dietsch (Grüne) vom Bonner Verkehrsausschuss. Sie verteidigte die Umweltspuren: Man müsse sehen, dass alle Verkehrsteilnehmer Platz haben. Der ÖPNV werde dadurch zuverlässiger. Sie gab aber zu, dass das Busfahren in Bonn sehr teuer sei.
Der Veranstalter, das Bündnis „Verkehrswende Jetzt“ zog am späten Nachmittag ein positives Fazit. 700 Demonstranten aller Altersklassen hätten mitgemacht. Die Leitstelle der Bonner Polizei bestätigte die Zahl. Es sei alles „problemlos und störungsfrei abgelaufen“, so der Polizeibeamte.