Kommunalwahl in Bonn Den ganzen Tag über herrscht großer Andrang

BONN · Schon um 8 Uhr standen die ersten Wähler vor der Tür der Bonner Wahllokale. Die Helfer hatten alle Hände voll zu tun.

Eine Wählerin wirft ihre Stimmzettel in die Urne.

Eine Wählerin wirft ihre Stimmzettel in die Urne.

Foto: Roland Kohls

BONN. Timo und André sind sauer. "Warum dürfen wir nicht mit rein?", quengeln die Vier- und Fünfjährigen vor der Aula des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums (CvO) in Ückesdorf. Doch ihr Vater bleibt dabei. "Nee, ihr habt eure Rollerblades an und damit dürft ihr nicht hinein. In bin sowieso in einer Minute zurück", ruft er seinen Jungs noch zu und springt die Treppenstufen hoch.

Mit dieser Einschätzung hat er sich allerdings total verrechnet. "Was ist denn heute los?", fragen sich die drei Beisitzer im Wahllokal in der Mittagszeit und kommen mit dem Kontrollieren der Wahlbenachrichtigungen, dem Abhaken in der Liste und dem Aushändigen der Stimmzettel kaum nach. "So einen Andrang haben wir ja noch nie gehabt." Mittlerweile hat sich bereits eine Schlange gebildet, doch die Ückesdorfer warten geduldig, bis sie in eine der Kabinen dürfen.

Doch diese Zeit wird gerne genutzt. Man kennt sich. "Hallo, geht das mit unserem Treffen am Feiertag klar?", ruft jemand von hinten. "Natürlich", die Antwort aus der zweiten Reihe lässt nicht lange auf sich warten. "Wie ist das Abi gelaufen?", tauschen zwei Mädchen Neuigkeiten über Köpfe hinweg aus. Draußen vor der Tür kommen immer mehr Ückesdorfer. Neben Timo und André werden Fahrräder abgestellt. "So, gewählt haben wir, jetzt geht's weiter in den Kottenforst. In Villiprott sind wir zum Kaffeetrinken verabredet", verabschiedet sich ein älteres Ehepaar und tritt in die Pedale.

Auch Thorsten Kim Schreiweis hat mit solch einem Andrang nicht gerechnet. Der 31-jährige Wahlvorsteher im Gebäude der VHS in der Wilhelmstraße ist zwar schon seit 13 Jahren bei verschiedenen Wahlen dabei, doch "eine so lange Schlange vor dem Wahllokal habe ich bisher noch nicht gehabt." Kaum hatte er um 8 Uhr die Tür zu seinem Wahlbüro aufgeschlossen, kamen auch schon die ersten Bonner.

"In den ersten 20 Minuten hatten wir schon zehn Wähler hier. Und das an einem Sonntagmorgen bei schönstem Sommerwetter", erzählt er. Zwei Stunden war es dann etwas ruhiger, dann ließ der Andrang allerdings bis zum Nachmittag nicht mehr nach. "Die Wahlbeteiligung hier ist ungewöhnlich hoch", meinte er am späten Nachmittag. Er vermutet, dass dies an der Kombination der Wahlen liegt.

Timo und André ziehen längst keine Schnute mehr. "Guckt mal, was ich für euch habe", ruft der Vater den beiden zu. Denn die nette Wahlhelferin am Ausgang des CvO hatte für die Kinder, die nicht mit in die Kabinen durften, eine große Dose Haribo bereitgestellt.

Welche Themen haben Ihre Entscheidung beeinflusst?

Ulrich Rietz: "30 Jahre lang habe ich in der gleichen Wohnung gewohnt. Jetzt habe ich die Kündigung bekommen. Bisher wusste ich nichts von den Wohnungsproblemen in Bonn. Doch jetzt weiß ich, dass es so gut wie keine bezahlbaren Wohnungen in der Stadt gibt. Die Wohnungspolitik und die äußerst angespannte Finanzsituation haben meine Wahl entscheidend beeinflusst."

Dr. Stephanie Sippel: "Die Stadt Bonn hat andere Probleme als den Bau eines Prestigeobjektes wie das Festspielhaus. Für die Kultur stehen in dieser Stadt genügend Räume zur Verfügung. Wir haben drei kleine Kinder. Wenn ich mir nur allein die sanitären Anlagen in den Grundschulen ansehe, dann weiß ich, wo dieses Geld besser investiert werden soll."

Katharina Roßberg: "Die Umweltpolitik steht für mich an oberster Stelle. Als Mitarbeiterin einer internationalen Umweltschutzorganisation hier in Bonn beschäftigt mich der Umgang mit vorhandenen Ressourcen natürlich am meisten. Bonn hat zwar schon jetzt ein gut ausgebautes Radwegenetz, trotzdem lässt sich in Sachen Nachhaltigkeit noch einiges erreichen."

Lutz Siebenschuh: "Ich trauere der Veranstaltungsreihe Bonner Sommer hinterher. So wie in den 1980er- und 1990er-Jahren würde ich mir wünschen, dass Bonn wieder ein öffentliches und vor allem kostenloses Kulturangebot bietet. Der “Jahrmarkt der Überlebenskunst„ ist ebenfalls ein Beispiel dafür. Solche Events in der Innenstadt fehlen total. "

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort