Diakon Ralf Knoblauch Den „König“ in jedem Menschen sehen

Lessenich · Diakon Ralf Knoblauch hat bereits mehr als 100 „royale“ Figuren aus Holz geschaffen. Die künstlerische Arbeit hilft ihm, täglich in einem meditativen Prozess Kraft und Ruhe für den Tag zu gewinnen.

 Könige aus Eichenholz: Diakon Ralf Knoblauch ist auf Augenhöhe mit seinen Figuren.

Könige aus Eichenholz: Diakon Ralf Knoblauch ist auf Augenhöhe mit seinen Figuren.

Foto: Stefan Hermes

„Ich bin nicht so einer, der auf den Tisch haut und seine Meinung äußert“, sagt Diakon Ralf Knoblauch ohne dass dabei sein Lächeln aus dem Gesicht verschwindet, „ich muss das immer irgendwie anders tun“. Und der gelernte Tischler, der über den zweiten Bildungsweg zum Theologen wurde, tut es mit seinen Königsfiguren.

Über 100 etwa 50 Zentimeter hohe Holzskulpturen hat er bisher geschaffen. Die meisten in den frühen Morgenstunden. Von montags bis freitags gegen fünf Uhr, wenn in seinem Pfarrhaus die Familie noch schläft, begibt sich Ralf Knoblauch für eine Stunde in seinen kleinen Werkraum und bearbeitet meist gut abgelagertes Eichenholz mit Klöpfel und Beitel.

In sechs bis acht Wochen entsteht auf diese Weise eine seiner aus einem Stück gehauenen Königsfiguren. Ungeschliffen, nur mit Leinöl behandelt. Meist haben die Könige eine Krone auf dem Kopf. Manchmal eine zu kleine oder auch eine zu große. Manchmal liegt sie auch neben ihm auf dem Boden. Fast immer haben sie die Augen geschlossen. Ihr langes Hemd wird meist in schlichtem Weiß angemalt und die Krone mit Blattgold vergoldet.

Gelegentlich entsteht auch eine Königin, die jedoch in gleicher Größe und Farbgebung erst auf den zweiten Blick von ihren männlichen Pendants zu unterscheiden ist. Es sei denn, sie trägt ein rotes Kleid, so wie die Königin ohne Arme, die der Contergan-geschädigten Besucherin einer Ausstellung den Satz entlockte: „Dann bin ja auch ich eine Königin!“. Knoblauch ist glücklich über diese Erkenntnis, die ihm erzählt wurde. Genau diese Reaktion wünscht er sich bei der Betrachtung seiner Skulpturen.

Nicht nur Behinderte, sondern alle Menschen sollen beim Anblick seiner Könige etwas spüren, dass über das märchenhaft Naive und Unschuldige seiner Figuren hinausgeht. Für ihn ist allen eine demutsvolle Haltung gemein. Ein Grundgestus, der kein Machtgehabe, keine prachtvolle Abgegrenztheit demonstriert, sondern das vorherrschende Bild eines Königs in sein Gegenteil verkehrt. „Wer meine Könige sieht, möchte sie sofort beschützen, sich mit ihnen solidarisieren“, glaubt Knoblauch, dem es das Liebste wäre, die Betrachter würden einen Zusammenhang von Königswürde und ihrem eigenen „Königsein“ empfinden. Das treibt ihn auch an, mit jedem neu geschaffenen König die christliche Botschaft zu bestärken, die jedem Menschen eine Königswürde zuspricht. So, wie für den Diakon auch der Täufling im weißen Kleid zu einem Königskind Gottes wird.

Knoblauch setzt damit seiner diakonischen Arbeit an den sozialen Brennpunkten der Thomas Morus Pfarrgemeinde, die alles andere als märchenhaft sein könne, etwas entgegen. „Dieses kreative Tun ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebensentwurfes geworden“, fasst er seine künstlerische Arbeit zusammen und wehrt sich gegen den Gedanken, dass die Holzbildhauerei ein „Hobby“ sein könnte. Sie helfe ihm vielmehr, täglich in einem meditativen Prozess Kraft für den Tag zu gewinnen. Aus der bildhauerischen Arbeit ist durch das serielle Tun ein Ritual geworden, das er nicht mehr hinterfragt. Für ihn gibt es nicht den Wunsch, etwas zu verändern. Es werden auch künftig Könige entstehen. Wobei keiner dem anderen gleicht. Ein Ende ist nicht absehbar.

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