Bombenfund in Bonn Der Innenpolitiker Bosbach hat da mal eine Frage...

BONN · Wolfgang Bosbach, der erfahrene Innenpolitiker der Unionsfraktion, gibt sich zurückhaltend. Er weiß, dass Forderungen in diesen Tagen auch Vorwürfe sind. Also stellt er "nur" Fragen. Spätestens seit Mittwochnachmittag fragt er, was für einen anderen als einen terroristischen Hintergrund das gescheiterte Bombenattentat auf dem Bonner Hauptbahnhof haben könnte.

Bosbach fragt nicht nur im Gespräch mit dem General-Anzeiger, er fragt vor allem die beteiligten Behörden. Die können dazu im Innenausschuss des Bundestages am Mittwochmorgen noch nicht viel sagen. Denn erst am Nachmittag ist durch die Mitteilungen der ermittelnden Kölner Polizei zweifelsfrei klar, dass es sich in Bonn um eine gefährliche Bombe handelte und wie groß die Sprengkraft dieser Bombe gewesen wäre.

Der Hintergrund der Fragen ist klar: Gibt es zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund, wäre die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe verpflichtet, die Ermittlungen an sich zu ziehen. Das tut sie bisher aber nicht. Begründung: Es gibt diese tatsächlichen Anhaltspunkte nicht.

Der Vertreter des Generalbundesanwalts (GBA) sagt den Parlamentariern nur, man stehe im ständigen Informationsaustausch. Justizstaatssekretär Max Stadler ergänzt, es gebe auch noch kein Übernahmeersuchen der ermittelnden Kölner Behörde. Das allerdings muss es auch nicht geben.

Fotos der Polizei zum Bonner Bombenfund
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Wann Karlsruhe handelt, handeln muss, regelt das Gerichtsverfassungsgesetz. Vereinfacht gesagt: Die Bundesjustiz, also der Generalbundesanwalt, wird in Staatsschutzdingen tätig, wenn die innere oder äußere Sicherheit des Staates gefährdet ist. Gefährdung der Inneren Sicherheit heißt in aller Regel Terrorismus, Gefährdung der äußeren Sicherheit Spionage. Hinzu gekommen sind seit zehn Jahren Zuständigkeiten in Sachen des Völkerstrafgesetzbuches, also Fälle von Kriegsverbrechen.

Hinzu kommen Ermittlungskompetenzen in Fällen wie der Bildung einer kriminellen Vereinigung, wenn der GBA die besondere Bedeutung des Falles bejaht, also etwa nicht nur von einer regionalen Bedeutung eines Geschehens ausgeht. Oder bei bestimmten Straftaten, zu denen auch Bombenanschläge gehören, wenn sie "bestimmt und geeignet" sind, die Sicherheit der Bundesrepublik zu gefährden.

Dass die Bonner Bombe, wenn sie explodiert wäre, geeignet gewesen wäre, die innere Sicherheit zu beeinträchtigen, steht außer Frage. Dass sie dazu aber "bestimmt" war, dafür fehlen die tatsächlichen Anhaltspunkte. Salopp gesagt: Es könnte auch der Tatversuch eines Irren sein. Dass Karlsruhe nicht übernimmt, sagt nichts über die Schwere der Tat aus.

Bosbach kennt natürlich die gesetzlichen Bestimmungen. Er weiß, was man nicht weiß: Ob es einen Zünder überhaupt gegeben hat. Oder ob Bonn der geplante Tatort oder nur Durchgangsstation war. Oder ob der hellhäutige und der dunkelhäutige Mann gemeinschaftliche Täter sind oder gar nichts miteinander zu tun haben. Alle, die er gefragt hat, haben ihm aber kein anderes Szenario sagen können, das in Frage kommen könnte. Deshalb der Terrorverdacht.

Die Ermittler wissen bisher nicht, ob es sich um einen Einzeltäter oder um ein Netzwerk handelt. Sie wissen nicht, ob es nur diese Sprengvorrichtung gab (die ähnlich wie im Fall der Kofferbomber 2006 von Amateuren zusammengebastelt wurde), oder ob es ähnliche Bombenexemplare gibt. Alles Fragen, die auch für die Frage von Belang sind, wann der GBA tätig wird. Das ist in vielen Einzelfällen im Lauf der Jahre im übrigen strittig gewesen bis hin zu Gerichtsentscheidungen. Weil es sich eben um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt.

Wolfgang Bosbach treibt derweil neben der Kompetenzfrage eine ganz andere Sorge um. Die Beobachtung nämlich, dass es eine neue rege Reisetätigkeit von Islamisten und Salafisten gibt. Es geht nicht mehr nach Afghanistan und Pakistan, sondern über Ägypten - mit zum Teil längeren Aufenthalten dort - runter nach Mali und Somalia. Und, weiß Bosbach: "Es gibt jetzt auch Hinweise auf Terrorcamps in Libyen."

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