Die ältesten Grabsteine sind von 1861 Der jüdische Friedhof in Endenich liegt im Verborgenen

Endenich · Seit 1861 gibt es den Jüdischen Friedhof in Endenich. Vereinzelt fanden noch bis zum Jahr 2000 Bestattungen dort statt. Ein Hinweis auf den Friedhof ist in der Umgebung nicht zu finden.

 Versteckt hinter einer Mauer liegt der jüdische Friedhof an der  Hainstraße.

Versteckt hinter einer Mauer liegt der jüdische Friedhof an der  Hainstraße.

Foto: Stefan Hermes

Die jüdischen Friedhöfe Bonns liegen eher im Verborgenen. Auch der ursprünglich zu Poppelsdorf gehörende Friedhof an der Hainstraße könnte im Vorbeifahren schnell übersehen werden. Eine kaum fünfzehn Meter lange schlichte Mauer aus Feldbrandziegeln mit einem unauffälligen Eisentor in ihrer Mitte begrenzt das scheinbar noch unbebaute Grundstück zwischen der ansonsten bis hin zum Flodelingsweg geschlossenen Bebauung. Erst vom Parkplatz der Seniorenresidenz Ambiente aus ist der hintere Teil des Friedhofs über Hecken hinweg einseh- und erkennbar.

In der Umgebung gibt es keine Hinweise auf das Areal oder solche, die es als jüdischen Friedhof kennzeichnen. Eine haushohe und weit ausladende Trauerweide im ersten einsehbaren Drittel des Friedhofs versperrt die Sicht auf den hinteren Teil, in dem sich etwa 90 - meist verwitterte - Grabsteine befinden. Die ersten dort gesetzten Grabsteine zeigen 1861 als Todesjahr der oft mit Ergänzungen wie „Mein lieber Mann“ oder „Meine unvergessliche Gattin“ geehrten Verstorbenen. Belegt wurde der Friedhof von 1861 bis 1936 und nur noch vereinzelt in den Jahren von 1950 bis in das Jahr 2000.

1896 wurde der jüdische Friedhof erstmals geschändet und die meisten Grabsteine umgeworfen, wobei viele zerbrachen. In der Zeit des Nationalsozialismus’ fanden weitere Schändungen statt. „Erste urkundliche Hinweise auf Ansiedlungen von jüdischen Familien in Poppelsdorf und Umgebung stammen aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert“, ist in der von dem Historiker Klaus-Dieter Alicke verfassten „Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum“ zu erfahren. Zur Poppelsdorfer Gemeinde zählten demnach auch die jüdischen Bewohner von Dottendorf, Duisdorf, Endenich, Ippendorf, Kessenich und Lengsdorf. Zeitweilig hatten sich die Endenicher Juden abgespalten, mussten dann aber wieder in die Gemeinde Poppelsdorf zurückkehren. Anfänglich zählten die Poppelsdorfer Juden zur Synagogengemeinde Bonn, so Alicke. Wegen nicht mitgetragener Reformbestrebungen trennten sie sich allerdings von der Hauptgemeinde und bildeten ab 1875 eine selbstständige Kultusgemeinde.

Seit den 1860er Jahren verfügte die Poppelsdorfer Synagogengemeinde mit dem Friedhof an der Endenicher Hainstraße über einen eigenen Begräbnisplatz. Ihr erstes Synagogenhaus richtete die Gemeinde in einem Hinterhof an der Clemens-August-Straße ein. Im Mai 1902 konnte die nach den Plänen des Bonner Architekten Wilhelm Weinreis im maurischen Stil entworfene zweite Synagoge feierlich eingeweiht werden. Vorbild war die Bonner Synagoge von 1878, die wiederum der Kölner Synagoge in der Glockengasse nachempfunden war. In dem Bethaus am Jagdweg fanden etwa 100 Männer im Saal und 65 Frauen auf der Empore Platz. Im Gegensatz zu seinem schmuckvollen Äußeren war der Innenraum sehr schlicht gehalten. 1938 wurde die Synagoge während der Novemberpogrome zerstört. Die jüdischen Mitbürger erlitten Tod und Vertreibung in der NS-Zeit.

„Schon 1933 hatte eine SA-Truppe den kommunistischen Stadtverordneten Otto Renois ‚auf der Flucht‘ erschossen“, ist in einer Dokumentation des Poppelsdorfer Heimatmuseums zu lesen. Am 9. November 1988 wurde am Standort der Synagoge an der Ecke Jagdweg/Bennauerstraße neben dem Gedenkstein ein Mahnmal in Form einer stählernen Menora errichtet, ein siebenarmiger Leuchter, der zu den wichtigsten religiösen Symbolen des Judentums zählt.

Heute verantwortet die Stadt Pflege und Erhalt der jüdischen Friedhöfe. So ist sie auch für den inzwischen unter Denkmalschutz gestellten Endenicher Friedhof an der Hainstraße zuständig. Regelmäßig wird dessen freies Wiesengelände gemäht, unter dem - für Besucher nicht erkennbar – gerettete Thorarollen und Kultgegenstände begraben sind. Auch Urnen mit der Asche von in Konzentrationslagern ermordeten Juden befinden sich unter der Wiese des Friedhofs. Jüdische Friedhöfe sind für die Ewigkeit geschaffen. Die dauerhafte Totenruhe gilt als verbindlich und steht einer begrenzten Ruhefrist entgegen. So werden jüdische Gräber niemals eingeebnet und auch die Grabsteine bleiben für die Ewigkeit bestehen.

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