Frühstück mit... Jürgen Reining Der Nahverkehrs-Chef ist Frühaufsteher mit Hang zum Marathon

BONN · Zugegeben, Heinz-Jürgen Reining steht nicht jeden Morgen um 8 Uhr an der Kaffeebud auf Bonns Zentralem Busbahnhof, kurz ZOB. Aber wo er schon mal da ist, scheint sich der Geschäftsführer der Stadtwerke Bonn ziemlich wohl zu fühlen. Sicher auch deshalb, weil sich die Busfahrer so wenig wundern, dass ihr Chef hier einen Kaffee trinkt. "Morgen", grüßen sie oder nicken ihm zu, einer klopft ihm auf die Schulter.

Reining: Das war ein Busfahrer, der auch Marathon läuft. Aber der da ist keiner von uns, der sitzt bei der RSVG (Rhein-Sieg Verkehrsgesellschaft) im Betriebsrat. Den kenne ich aus Gremien. Und der da, der fährt 'ne Harley.

Dem 56-Jährigen fällt zu vielen der vorbeieilenden Kollegen etwas ein. Er weiß, wer kürzlich geheiratet hat oder schon mal 'nen Vorschuss brauchte. Schließlich ist er beinahe seit 13 Jahren für den Bonner Nahverkehr zuständig.

Reining: In der Zeit hat man sich seinen Ruf entweder grundlegend ruiniert, oder die Leute wissen langsam, wie man tickt.

Wie Reining tickt, das lässt sich vergleichsweise schnell herausfinden, denn der gebürtige Essener trägt sein Herz auf der Zunge. Auch wenn er nach seiner zweiten Heimat Bonn gefragt wird, in der er sich mit Frau Karin und dem neuesten Familienzuwachs, dem sechs Monate alte Hovawart Buddy, wohlfühlt, die Lebensqualität der Stadt und seines Wohnorts Wachtberg im Drachenfelser Ländchen schätzt.

Reining: Bonn ist intensiv, in jeder Hinsicht. Einerseits sympathisch und nicht zu laut, andererseits aber auch intensiv an den Dingen festhaltend, die nicht gut sind. Eine sympathische Stadt mit Macken, anders gesagt: mit Persönlichkeit.

Was gerade am Busbahnhof, dessen seit langer Zeit geplanter Umbau nicht vorangeht, kaum zu übersehen ist. Kein Grund für Reining, die Flinte ins Korn zu werfen. Statt dessen beißt er in sein mit Käse belegtes Laugenbrötchen und erzählt, dass es gelungen sei, die Geschicke des Busbahnhofs vom leidigen Thema Südüberbauung abzukoppeln, damit sich endlich was tut. Apropos Käsebrötchen: Zu Hause steht wochentags Müsli auf dem Frühstückstisch, wenn Marathon-Läufer Reining, wegen einer hartnäckigen Erkältung im Trainingsrückstand, mit dem Hund von der Morgenrunde zurückkommt. Für Kaffee, Müsli, frischgepressten O-Saft und eine Kapsel Gelée Royale zeichnet seine Frau und Hobby-Imkerin Karin Reining verantwortlich. Nur am Wochenende steuern Hund und Herrchen Brötchen bei. Dann, wenn Frühaufsteher Reining erst um 7 Uhr aus den Federn springt, nicht schon um 5.30 Uhr.

Reining: Als kommunales Unternehmen wollen wir die Zukunft der Stadt mitgestalten und zu Verbesserungen beitragen, zum Beispiel hier am Busbahnhof. Für die Bürger, die gleichzeitig Eigentümer ihrer Stadtwerke sind, übernehmen wir Verantwortung im Nahverkehr, der Energie- und Wasserversorgung und der Abfallwirtschaft. Wir unterstützen aber auch die Kultur, den Sport und die Jugendarbeit, zum Beispiel beim Beethovenfest, in der Theaternacht oder bei Jazz auf dem Bahnsteig und vielem mehr.

Sorgen, wie die Bochumer Stadtwerke mit überteuerten Imageveranstaltungen in die Schlagzeilen zu geraten, hat Heinz-Jürgen Reining nicht, so lange das Unternehmen sich klar darüber bleibe, dass es nicht eigene Gelder verwalte, sondern die der Allgemeinheit. Auch im Unternehmen setzt er auf Wertschätzung - auch aus der Überzeugung, dass sich ein fairer Umgang bis zum Kunden fortsetzt.

Reining: Heute ist es längst nicht mehr selbstverständlich, dass ein Unternehmen für seine Mitarbeiter da ist. Dabei darf man den gesellschaftlichen Einfluss nicht unterschätzen: Wir haben 2300 Beschäftigte, mit deren Familien sind das schnell mal 10.000 Menschen, die es was angeht, ob es einen fairen Umgang gibt.

Ob diese Haltung dazu beiträgt, dass Vielverdiener Reining, der 224.000 Euro im Jahr bekommt, sich nicht von Mitarbeitern angefeindet fühlt?

Reining: Bei mir ist noch kein Neid angekommen. Was ich höre ist allenfalls: Das ist ja viel Geld, aber Ihren Job wollte ich auch nicht haben.

Der 56-Jährige selbst scheint kein Problem mit seinem Job zu haben, so wie er immer wieder seinen Blick über die hin- und herfahrenden Busse schweifen lässt, begeistert die neue Lackierung der Wagen erläutert oder die Farben, an denen die Linien jetzt zu erkennen sind.

Reining: Wer weiß, dass allein unsere Linienbusse 40.000 Kilometer pro Tag durch Bonn fahren, hat eine Ahnung davon, was unsere Leute leisten. Und dabei passiert sehr wenig. Dennoch werden wir mehr durch das wahrgenommen, was mal schiefgeht.

Um einen Gegenpol zu setzen, müht sich der Geschäftsführer durchaus auch um positive Nachrichten. Wie zum Beispiel die von den alten Straßenbahnen, die in den Bonner SWB-Werkstätten aufpoliert werden, statt für viel Geld neue zu kaufen.

Reining: Das kommt super an, zu sehen, wozu wir in der Lage sind. Außerdem zeigen wir damit auch, dass Sparen nicht immer auf Kosten der Mitarbeiter gehen muss.

Klar, dass damit Reinings Energie noch nicht erschöpft ist. Seine neuesten Pläne reichen bis nach China. Zum Beispiel in Bonns Partnerstadt Chengdu, wo die Batterien für Busse bereits für 250 Kilometer reichen, womöglich bald noch weiter. Die Super-Batterien will der SWB-Mann haben, am besten in deutschen Bussen, und damit Bonn zur Modellstadt für E-Mobilität machen. Und wer Reinings Wahlspruch kennt, der hält das Ganze zumindest für möglich.

Reining: Ich komme immer ein mal mehr in einen Raum hinein, als man mich rauswirft.

Frühstück mit...

Für manche ist es die wichtigste Mahlzeit des Tages, für andere nicht mehr als ein hastig heruntergekippter Kaffee. Frei nach dem Motto des Philosophen Ludwig Feuerbach "Der Mensch ist, was er isst", lernt der GA Menschen aus der Region beim Frühstück kennen. Spielregel: Der Gast bestimmt, wo was auf den Teller und in die Tasse kommt. Diesmal trifft Sylvia Binner den Bonner Stadtwerke-Chef Jürgen Reining - an der Kaffeebud auf dem Zentralen Busbahnhof.

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